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REGION Die MITTWOCHS-KOLUMNE

WIELOCH schreibt an (48)…den Flüchtlingsrat und die Tanner Rassismusvorwürfe

Zur PersonIn „Wieloch schreibt an“ richtet sich Jochen Wieloch (41) immer mittwochs in einem persönlichen Brief nicht nur an regionale Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur, sondern auch an Menschen des Alltags, die in den Tagen zuvor besonders aufgefallen sind und für positive oder negative Schlagzeilen gesorgt haben. Bei der Kolumne handelt es sich um eine Mischung aus Kommentar und Portraitierung, in der Jochen Wieloch mal sachlich, mal emotional lobt, kritisiert und bei Bedarf auch ordentlich Dampf ablässt. Der Petersberger kennt sich in den Medien Print, TV und Internet bestens aus und ist unter anderem als Spezialist für Unterhaltungs-elektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete der Germanist unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München.

26.07.17 - Lieber Flüchtlingsrat,

mein bester Freund urlaubt mit seiner Familie gerade im Schwarzwald. Es ist ein Bauernhof. Der Gestank ist enorm. Die kleine Wohnung ist von Fliegen übersät. Und die Matratzen des Sofas sind bretthart. Stopp, bevor Sie gleich ausrücken, einen Bericht verfassen und den Schwarzwäldern kollektive Diskriminierung gegenüber Menschen aus Osthessen vorwerfen: Man nennt so etwas Leben, Realität. Begriffe, mit denen Sie offenbar nicht so vertraut sind, wenn man sich mit Ihren jüngsten Vorwürfen gegenüber den Einwohnern von Tann befasst. Dort haben Sie für wenige Stunden eine Flüchtlingsunterkunft besucht. Das hat gereicht, um unter der Schlagzeile „Isolation in der Idylle“ eine ganze Stadt ins Abseits zu stellen.

Lieber Flüchtlingsrat, Sie schämen sich nicht, den vermeintlichen Geruch von 50 Kühen auf der Weide zu thematisieren. Wären Ihnen Tretminen lieber als Kuhfladen, weil diese nicht riechen und den Flüchtlingen vertraut sind? Sie schreiben von rudimentär ausgestatteten Küchen mit fehlenden Dunstabzugshauben. Ein Blick in die „Küche“ meiner früheren Studentenbude, und Sie hätten wahrscheinlich Amnesty International eingeschaltet. Natürlich sind Sie sich auch nicht zu schade, die anfallenden Kosten von zwei Euro pro Monat für eine schlechte Internetverbindung zu erwähnen. In welcher Welt leben Sie eigentlich? Die meisten Flüchtlinge haben Krieg, Verfolgung, Hunger, Armut und Terror hinter sich. Jetzt wohnen sie im ehemaligen Zollhaus in Tann. In Sicherheit. Satt. Friedlich. Glaubt man Ihren Schilderungen, ist das Leben in Syrien und im Irak pure Erholung gegenüber dem Schattendasein in der Rhönstadt.

Um eines klar zu sagen: Mir ist jeder Flüchtling willkommen. Keine Frage, dass bei der Unterbringung gewisse Mindeststandards einzuhalten sind. Was mich maßlos ärgert, ist die völlig unreflektierte Dokumentation Ihrer „Lagertour“. Sie spielen Flüchtlingsgegnern wunderbar in die Karten, weil Sie – ungewollt – Flüchtlinge als undankbare Sozialschmarotzer darstellen. Sie sorgen dafür, dass ehrenamtliche Helfer keinen Finger mehr krumm machen. Warum sollten sie das tun, wenn die Experten vom Hessischen Flüchtlingsrat jegliches bisheriges Engagement mit der Dampfwalze überfahren.

Lieber Flüchtlingsrat, Sie legen dem Landkreis Fulda nahe, „den Berichten diskriminierender und rassistischer Handlungen und Stimmungen nachzugehen“. Für mich gibt es noch einen ganz anderen Bericht, mit dem sich die Verantwortlichen des Kreises beschäftigen sollten.


Mit herzlichen Grüßen

 


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