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Vor etwa 40 Zuschauern referierte Dr. Samir Al-Hami am Mittwochnachmittag über OPs an der Wirbelsäule. - Fotos: Carina Jirsch

FULDA "Die Zahlen sind schlichtweg falsch"

Rückenexperte Dr. Al-Hami kritisiert scharf ARD-Beitrag über Wirbelsäulen-OPs

27.07.17 - Seitdem am 19. Juni die Reportage "Operieren und kassieren" in der ARD lief, ist Osthessen deutschlandweit wieder einmal Gesprächsstoff. In dem TV-Beitrag wurde erklärt, dass in den Kreisen Fulda, Hersfeld-Rotenburg und Vogelsberg überdurchschnittlich viele Rücken-OPs durchgeführt würden. Das Pikante daran: Zwar wurden weder Ross noch Reiter genannt, unterschwellig aber klang durch, dass die hiesigen Operateure ihre Patienten aus Profitgier geradezu unters Messer zerren würden. In einem eineinhalbstündigen Vortrag zum Thema "Ist Osthessen eine Hochburg von Operationen an der Wirbelsäule" warf Spezialist Dr. Samir Al-Hami am Mittwochabend in seiner International Academy in der Fuldaer Rabanusstraße den Machern des Films "schwere journalistische Formfehler" vor. Gegen einen Einzelpunkt im Beitrag, den er noch nicht benennen wollte, erwägt er sogar mit juristischen Schritten vorzugehen. Vor allem aber seien die genannten Zahlen schlichtweg falsch gewesen. 

"In dem Film wurde der Pressekodex der sauberen Recherche nicht eingehalten", begann Al-Hami seine Ausführungen. Die präsentierten OP-Zahlen seien als absolut dargestellt worden, was nicht unwidersprochen bleiben könne. Der Neurochirurg wies darauf hin, dass alle deutschen Plankrankenhäuser - also in Fulda das Klinikum Fulda, das Herz-Jesu-Krankenhaus, die Dalberg Klinik sowie Al-Hamis eigenes Neuro-Spine-Center - sämtliche stationären OPs an einen Gemeinsamen Bundesausschuss übermitteln müssten. Die Zahlen aus dem Kreis Fulda würden somit so gut wie komplett erfasst. Es gebe aber auch Landkreise, in denen fast ausschließlich Neurochirurgen mit sogenannten integrierten Versorgungsverträgen operierten, deren OP-Zahlen nicht offengelegt würden, was die komplette Statistik über den Haufen werfe. "Von daher gesehen wurden bei dem ARD-Beitrag Äpfel mit Birnen verglichen", sagte Al-Hami, "die dort veröffentlichten Zahlen waren nichts wert." Und dass der Film suggerierte, besonders viele Osthessen würden an der Wirbelsäule operiert, konterte Al-Hami mit der Tatsache, dass eben die Wohnorte der Patienten nicht erfasst werden: "Über die Hälfte der Leute, die ich operiere, kommt zum Beispiel gar nicht aus Osthessen."

Was die OP-Zahlen angehe, so liege sein Neuro-Spine-Center auf einem konstanten Level. Dass das Klinikum Fulda in der Reportage erklärte, dessen Anzahl an Operationen würden nicht ansteigen, sondern seien ebenfalls konstant, konnte Al-Hami am Mittwoch nicht nachvollziehen und versuchte diese Darstellung mittels Zahlen vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu widerlegen.

Einmal mehr legte Al-Hami dar, dass er Versteifungs-OPs, bei denen die Wirbelsäule mittels Metall zum Beispiel stabilisiert wird, zwar nicht grundsätzlich ablehne, sie aber für das letzte probate Mittel halte, das tatsächlich nur in einem Krankenhaus der Maximalversorgung angewandt werden sollte. "Grundsätzlich aber werden viel zu viele Versteifungs-OPs aus ökonomischen Gründen durchgeführt. Die kosten das Dreifache einer Entlastungs-OP. Und der Druck von den Krankenkassen ist enorm. Ich will hier aber niemanden attackieren, sondern nur aufklären."

Ein guter Neurochirurg suche zunächst Alternativen zu einer OP wie etwa die computergesteuerte Schmerztherapie. "Und wenn Ihnen der Arzt sagt, dass Sie wirklich nicht um eine Operation herumkommen, holen Sie vor diesem Schritt bitte noch die Meinung eines zweiten oder sogar eines dritten Kollegen ein." (Matthias Witzel) +++


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