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Ein unvergleichlicher Abend: Prahl und Dresen mit ihren Band Kollegen Harry Roswog (Bass) und Nikolai Ziel (Schlagzeug) sowie Gitarrist Jürgen Ehle und Jens Quandt an den Keyboards. - Fotos: Kathrin Noll

SCHLÜCHTERN "Immer wieder und nie genug"

Axel Prahl und Andreas Dresen begeistern mit ihrer Band die volle Stadthalle

29.07.17 - Warum der Abend so zu Herzen geht? Das hat viele Gründe. Der Kuki-Verein hat zum dritten Mal die Band von Andreas Dresen und Axel Prahl eingeladen und die Schlüchterner Stadthalle platzt aus allen Nähten. 500 Leute sind da und erleben einen Abend voller Poesie, Leidenschaft und rumpelndem Rock. Tief aus der Seele tauchen sie auf wie alte Bekannte: die alte Sehnsucht, die wütende Liebe und der Hunger nach Leben.

Mit selbst verfassten Stücken wie „Reise, Reise" und...

..."Blick aufs Mehr" begeistern sie ihr Publikum und wecken Erinnerungen. ...

Nach mehreren Zugaben erst dürfen die Jungs von der Bühne.

Es sind nicht die präzisen Gitarrenriffs, die exklusiven Arrangements oder die spektakuläre Bühnenshow, die diesen Abend unvergleichlich machen. Es ist schlicht und ergreifend die Authentizität der Akteure. Axel Prahl, Andreas Dresen und ihre Bandkollegen wirken wie große Jungs, die sich ein Bier gegriffen haben und im Hinterhof-Studio ein bisschen Mucke machen. Einfach aus Spaß und weil sie diese Lieder so lieben. Raue, poetische, ehrliche Songs von Gerhard Gundermann, Rio Reiser und Wolf Maahn. Und selbstverständlich auch ein paar selbst geschriebene Stücke von Axel Prahls Album "Blick aufs Mehr" (2011). Dessen Titelsong hatte übrigens im Erscheinungsjahr der Platte auf dem Kuki-Festival in Schlüchtern Welturaufführung: „Ich hab‘ ihn an diesem Abend noch vom Papier abgelesen, weil ich ihn noch nicht auswendig konnte“, räumt Prahl ein, und das Publikum jubelt.

Viele erinnern sich an das legendäre Konzert, bei dem kurzzeitig der Strom ausfiel und der musizierende Schauspieler unversehens die Konzertbesucher einspannte: „Es geht doch nichts über ein gemeinsam gesungenes Lied“ schallte seinerzeit durch den Park am Kuki-Zelt – und auch in der Stadthalle reißt es die Leute wieder von den Stühlen. Zwischendurch nimmt Axel Prahl einen Schluck regionales Bier und wundert sich über dessen Namen: „Schlapper Seppel – habt ihr uns das absichtlich hingestellt?“, und erzählt auf seine wunderbar lakonische Art, wie es ihn und Regisseur Andreas Dresen in die Arme der Musik getrieben hat. Premiere hatten die beiden, unterstützt von der Lausitzerin Gabriele Maria Schmeide, 2008 in Berlin bei einem Gundermann-Gedenkkonzert. Dass sie am Ende von 3500 Leuten gefeiert wurden, hat ihnen wohl so etwas wie einen positiven Schock versetzt.

Und Lust auf alte Lieder geweckt: Mit Gitarrist Jürgen Ehle, Harry Roswog am Bass, Jens Quandt an den Keyboards und Schlagzeuger Nikolai Ziel haben Prahl und Dresen eine wackere Crew versammelt, welche die beiden Kapitäne sicher durch die Wogen deutsch-deutscher Liedermacherkunst begleitet.

Das selbst verfasste Stück „Reise, Reise“ klingt aus Prahls Mund wie ein uralter Piratensong, dessen Rhythmus tief im Magen zu rollen scheint wie die Wellen unterm Schiffsbug. Tatsächlich hat sich der Schauspieler wohl nasse Füße geholt, denn zu Hause in Berlin steht der Keller unter Wasser, wie er am Rande des Konzerts erzählt. Daher wahrscheinlich auch die etwas kratzige Stimme, die hervorragend zum Repertoire passt. „Halt Dich an Deiner Liebe fest“ wird geröhrt wie zu Rio Reisers besten Zeiten, und es trifft in all‘ seiner Verzweiflung und Hoffnung immer noch mitten ins Herz. Sehen, fühlen, riechen, schmecken – oft nivelliert durch die Atemlosigkeit des Alltags- hier auf diesem Konzert wird es wieder möglich. Hervorgerufen durch die ewige Lebendigkeit dieser Lieder.

Deutsch: Was für eine reiche und wundervolle Sprache! Wenn man die Texte von Gerhard Gundermann hört, dem legendären Baggerfahrer aus der Lausitz, dann ist der Sommer zu spüren, der Zauber und der Fluch des Kind-Seins, das Unbehagen in der herrschenden Kultur der Ex-DDR, aber auch die Einzigartigkeit der Liebe und die unbändige Lust am Leben. 1998 starb Gundermann mit Anfang 40 an einem Hirnschlag, was er geschaffen hat, dauert fort. Im Herbst beginnt Andreas Dresen mit einem Film über den Liedermacher – und selbstverständlich spielt Axel Prahl auch wieder mit. Warum? Gundermann gibt Antwort: „Das war mein zweitbester Sommer/Ich schlürf ihn aus bis zum letzten Zug/Ich will das alles hier haben/Und immer wieder und nie genug.“ Dem Publikum scheint es auch so zu gehen: Nach mehreren Zugaben erst dürfen die Jungs von der Bühne. (Dorothee Müller)+++


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