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02.01.10 - Bad Neustadt

Rezept für ein erfülltes Jahr - Silvester-Konzert in der Christuskirche

Silvesternacht. Es ist stockdunkel. Ein für diese Jahreszeit laues Lüftchen weht einem um die Ohren. Das Schneetreiben der vergangenen Tage ist einem Nieselrechen gewichen. Hier und da krachen schon erste Böllerschüsse, losgelassen, das kommende Jahr zu begrüßen. Das alte liegt in den letzten Zügen. Es hat noch knapp drei Stunden zu leben. Aus allen Richtungen strömen Menschen zur evangelischen Christuskirche in Bad Neustadt. Das Silvesterkonzert verspricht auch heuer wieder einen Hochgenuss der besonderen Art: angesagt hat sich das Damensalonorchester „Bonbonniere“ aus Meiningen, im Schlepptau hat es den Tenor Jacques le Roux. Schnell füllt sich die Kirche. Und zwar so voll, wie es sich Kleriker landauf und landab träumen. Der gute Ruf des Theaters Meiningen aus dem nahen Thüringen hat ganze Arbeit geleistet. Jetzt setzen auch noch die schweren Kirchenglocken ein. Gleich geht es los. Dekanatskantor Thomas Riegler freut sich offensichtlich: dass es einmal keine geistliche Musik geben werde wie sonst gewohnt hätte er nicht erst vorzuwarnen brauchen.

Vor Jahren weilte das quirlige wie hochkarätige Damensalonorchester in Bad Neustadt. Unvergessen sind ihre gekonnt präsentierten Walzerklänge, ihre Kaffeehausmusik und mehr. Im Fernsehen ist an diesem Abend der unbestrittene Walzerkönig André Rieu zu bewundern. Die Damen von „Bonbonniere“, das sind Dörte Willkommen (Violine/Saxophon), Renate Kubisch (Violoncello), Meike Zeisberg (Kontrabass) und Viola Bornscheuer (Piano). Sie stehen ihm in der Christuskirche nichts nach. „Du allein“ verbreitet Wiener Schmäh in der ehrwürdigen Christuskirche, gefolgt von „Schenkt man sich Rosen in Tirol“ einem ebenso wohlbekannten Hit der österreichischen Klassik lässt aufhorchen.

In den Auftakt platzt der Tenor: Jacques le Roux, 28 Jahre jung, stimmgewaltiger Tenor, er hat den Arm voller Rosen. Damit spaziert er auch gleich ins Publikum, verteilt seine Rosen und versprüht Charme gleichermaßen. Das kommt bestens an. Hausherr und Dekan Dr. Gerhard Hausmann erinnert daran, dass es zwar eine nette Geste sei, wenn sich Menschen Rosen schenken, doch gebe es noch wertvollere Geschenke. Einem anderen Zeit zu schenken etwa, wie in von ihm zitierten irischen Segenssprüchen gepriesen werden. Nimm dir Zeit zum Arbeiten, das ist der Preis für den Erfolg. Nimm dir Zeit zum Denken, das ist die Quelle der Kraft. Nimm dir Zeit zum Spielen, das ist das Geheimnis ewiger Jugend. Nimm dir Zeit zum Träumen, das bringt einen den Sternen nahe.

ZUM BILD: Völlig aus dem Häuschen war das Publikum beim Silvesterkonzert in der Christuskirche Bad Neustadt. Foto Partl

Zeit zum Lesen ergieße sich im Brunnen der Weisheit, Freundlichkeit mache glücklich, Lachen sei Ausdruck der Seele und in der Zeit zum Lieben schließlich erfülle sich ein göttliches Privileg. Die Menschen sollten dem Herrn dankbar sein für die von ihm gegebene Zeit. „Er hält sie in seinen Händen.“

Liebe und Glück gehören zum Leben der Menschheit – dass Lust und Leid, Eifersucht und Leidenschaft entsprechend die Musik durchziehen versprühen die Musiker temperamentvoll. Ob im Tango mit der verschmähten Liebe Salomes, im Brahms’schen Ungarischen Tanz Nr. 5 oder im gewaltigen „Granada“, das Publikum von Herzen begeistert kann einfach nicht genug kriegen. Auf der Suche nach einem erfüllten Leben hat schon Katharina Elisabeth Goethe, die Mutter des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe ein ganz wunderbares Rezept herausgefunden, weiß Viola Bornscheuer als amüsante Moderatorin zu erzählen. Überliefert sind die Worte der damals 77-Jährigen: Man nehme zwölf Monate, putze sie fein säuberlich von Neid, Bitterkeit, Geiz, Pedanterie und zerlege sie in 30 oder 31 Teile, so dass der Vorrat für ein ganzes Jahr reicht. Jeder Tag wird einzeln angerichtet aus einem Teil Arbeit und zwei Teilen Frohsinn und Humor. Dann füge man drei gehäufte Esslöffel Optimismus hinzu, einen Teelöffel Toleranz, ein Körnchen Ironie und eine Prise Takt. Dann wird die Masse mit sehr viel Liebe übergossen. Das fertige Gericht schmücke man mit Sträußchen kleiner Aufmerksamkeiten und serviere es täglich mit Heiterkeit. Wenn das so einfach ist...

Völlig hingerissen gibt es stehende Ovationen bei der Zugabe „Dein ist mein ganzes Herz“ aus der Operette „Land des Lächelns. Radetzkymarsch in der Kirche? Ja, der Tenor dirigiert das Publikum und dieses klatscht nach Anweisung den Takt. Es zeigt sich völlig aus dem Häuschen dabei. Alles Schöne geht einmal zu Ende, wie auch das alte Jahr sich in den letzten Zügen befindet. Das alljährliche Silvesterkonzert in der Christuskirche jedenfalls ist eine sehr schöne Art, es zu verabschieden und das neue Jahr willkommen zu heißen. Prosit Neujahr – möge es gelingen. (ger) +++

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