"Dafür habe ich extra diese Beauty mitgebracht", leitete Danilo Timm den Song "Alive" ein. - Fotos: Melanie B. Weber

FULDA CSD meets Kultur.Findet.Stadt.

Musikalisches Highlight zum Ausklang des CSD: Danilo Timm im Museumshof

23.06.24 - Ausgelassene, entspannte Stimmung, tanzende Menschen, ein musikalisches Ausnahmetalent auf der Bühne – so lässt sich das Event im Museumshof zum Ausklang des CSD zusammenfassen. Drag Queen Leona London, gebürtig aus Fulda und Teil der Olivia Jones Familie, holte die Feiernden mit guter Laune und besserer Musik aus ihrem Regentief, bevor Danilo Timm mit seiner Band die Bühne betrat.

Leona London heizte die Stimmung an.

Links Jazz Cortez, die den Abend moderiert, rechts Leona London.

Jazz Cortez in voller Pracht!

Der Abend war von entspannter Toleranz geprägt.

Danilo Timm ließ sich Zeit, betrat die Bühne etwas später als geplant. ...

Künstler und Band outeten sich schnell als hervorragende Musiker.

Gekleidet im Nonnenhabit betrat Danilo Timm die Bühne und holte zuerst das Publikum ab. Einfach mal mitsingen, die Leute rechts von der Bühne wurden um ein "A" in tiefen Tonlagen gebeten, der Rest des Publikums durfte sich einen Vokal aussuchen und hoch singen. Gemeinsam startete man also das Konzert – und Danilo Timm blieb während der gesamten zwei Stunden der Performance immer im Dialog mit den Menschen vor der Bühne. Aber das ist es nicht, was den Künstler, der sich unter dem Namen Dolores Delight ein Alter Ego als Drag Queen aufgebaut hat, so besonders macht. Es ist das musikalische Können.

Enormes Stimmspektrum

Absolut stimmsauber deckt der brasilianischstämmige Theater- und Musicalstar mehr als vier Oktaven ab. Timm singt einen samtigen Bass, wechselt während der Songs aber immer wieder in eine Lage, die als hoher Frauen-Alt absolut glaubwürdig und sauber intoniert ist. Danilo Timm singt nicht nur, them/they performt. Im Amateurtheater in Brasiilien großgeworden, ausgebildet in Theater, Gesang und Tanz, hat sich der Künstler in Berlin ein Leben zwischen der Leitung zweier Chöre, diverser Theater- und Musicalprojekte sowie der Musik aufgebaut.

Danilo Timm kam 2014 nach Deutschland, seine Songs wechseln immer wieder zwischen Portugiesisch, Englisch und Deutsch. Zuerst etwas unsicher fragte them/they das Publikum, ob die englischsprachigen Ansagen okay sind, versteht  ja vielleicht nicht jeder. Es war okay, natürlich.

Fast schon nebenbei begleitete er sich selbst auf der Gitarre, legte einmal auch eine Solo-Performance hin, die nur der Schlagzeuger dezent stützen durfte. Der Keyboarder lauschte verzückt, die Bassistin lächelte still – Danilo Timm war der Star des Abends, die Band blieb oft im Hintergrund. Die Vocals mischte er selbst während der Performance live, den Rest durfte der Tontechniker übernehmen. Effektpedale bedeckten den Bühnenboden, dazwischen Kabel. Dennoch musste Tanz sein, Timm ist bei aller Liebe zu Deutschland Braslilaner geblieben. Es wurde eng, als er Steffi auf die Bühne holte, die ihren Junggesellinnenabschied feierte und mit ihm tanzen durfte. Trotzdem – sie machte mit, und das Publikum bekam eine brasilianischen Grundschritt beigebracht: Zwei nach links, zwei nach rechts, wiederholen, dann zwei nach hinten, zwei nach vorne. Schritte natürlich, und – das mahnte Danilo Timm fast schon streng – immer mit Hüfte!


Saudade heißt Sehnsucht

Danilo Timm erzählte: Er kam mit 27 Jahren nach Deutschland, es war ein 12. August und warm. Der September war immer noch warm, der Oktober ebenfalls, im November war es plötzlich grau, im Dezember dazu noch kalt, und Januar und Februar waren nur noch kalt. Timm lernte Deutsch in dieser Zeit: "tudo bem" heißt "alles gut", "tudo bom" heißt "alles klar". Dann ein unbekannter Satz: "Hab Dich lieb". "Bitte was?" – "Vou comprar!". Ach so – wunderbar. Mit "Saudade auf Deutsch" erklärte Danilo Timm sein Anliegen, brachte brasilianisches Lebensgefühl, Rhythmen und Tonfolgen mit deutscher Sprache und Kultur zusammen.


2023 durfte Danilo Timm im Team Shirin Davids bei The Voice antreten und kam bis ins Halbfinale. Für das Finale komponierte them/they "Alive", ein Song über die Lebendigkeit der queeren Community und das Gefühl, sich nicht verstecken zu müssen. Obwohl das Finale für Danilo Timm ausfiel, wurde der Song veröffentlicht – und am Samstagabend im Museumshof zum Besten gegeben. 

Von der außerordentlich gut besuchten Pride Parade am Nachmittag waren nur noch etwa 300 bis 400 Gäste übrig, wiederholte Regengüsse hatten für starken Schwund gesorgt. Trotzdem wurde ausgelassen getanzt und gefeiert, schließlich bot der Museumshof genug Platz. Als die Show nach gut zwei Stunden vorbei war, verabschiedeten sich Künstler und Band mit tiefen Verbeugungen und Luftküssen.


Party mit Franz Täubig

Damit war der Abend noch nicht beendet. Bevor es zur Abschlussfeier ins Rädchen weiterging, wurde die Bühne umgebaut. Denn als letzter Act wurde DJ Franz Täubig aus Thüringen angesagt. Musikinstrumente wurden schnell abgeräumt, Tisch und Elektronik für den DJ gebracht.


Derweil plauderte Drag Queen Jazz Cortez, die aus Frankfurt angereist war, um den Abend zu moderieren. Auch sie bezog das Publikum mit ein: "Ich wusste ja gar nicht, dass Ihr so Mitmach-Mäuse seid!" Nach dem kollektiven Orgasmus ("Gebt mir ein Oh!" – "Gebt mir ein Ja!" – "Danke, so guten Gruppensex hatte ich schon lange nicht mehr!") kommentierte Jazz Cortez kurz den gebückt arbeitenden Techniker, und dann war es auch schon geschafft: Ab jetzt durfte Franz Täubig mit House unterhalten. (mbw) +++


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