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Rot ist die Lieblingsfarbe von Adelheid Eurich. - Fotos: Renate Reus

...auf Kreta...
26.01.11 - Großenlüder
Ausstellung von Adelheid EURICH: (Un)realistisches in Öl - Motive vielfältig
Sie will sich in keine Schublade stecken lassen, möchte sich nicht festlegen. Daher sind auch die Motive ihre Bilder vielfältig. Einige ihrer Werke hat die Bad Salzschlirfer Künstlerin Adelheid Eurich für die Ausstellung „(Un)realistisch“ ausgewählt, die noch bis Ende März die Wände im Café Prüfer in der Burgpassage von Großenlüder schmücken. Es sind junge Werke der Künstlerin, mit einer Ausnahme alle in 2009 und 2010 entstanden. Für das Realistische stehen Baum-Landschaften, abstrakt sind zwei großflächige rote Bilder, eine Dreierreihe mit Stuhl und Tänzern driftet vom Realen zur Abstraktion, zwei Nofretete-Studien zeigen den Kopf der ägyptische Königin im scharfkantigen Seitenprofil, ein schwarzer Mond hinter bunten Fäden regt die Fantasie an.
Jedes Bild hat seine Geschichte
Jedes Bild hat seine eigene Geschichte. Da sind am Eingang die zwei Profilportraits von Nofretete, eine der jüngsten Arbeiten, im Stil der Ikonenmalerei, lasierend in mehreren Schichten gearbeitet. Das linke Ohr der Königin hat Adelheid Eurich komplettiert, die Original-Büste verfügt nur über Bruchstücke. Eine schöne Frau ohne Ohr, da hat sich die Künstlerin die Freiheit genommen, zu ergänzen. „Ich will ja keine Kopie erstellen, dann könnte ich es ja fotografieren“. Nofretete hält sie weiterhin im Bann, zur Zeit entsteht die Frontansicht des Kopfes und eine Ganzansicht in 1,20 Metern Größe mit Namenskartusche. Zwei Jahre hatte sich Adelheid Eurich auch mit Tut-Ench-Amun beschäftigt. In ägyptischen, griechischen oder römischen Museen kann sie Tage verbringen, „in den vatikanischen Museen könnte man mich ruhig einmal einschließen“, schwärmt Adelheid Eurich.
Geheimnisvoll wirkt das Bild mit dem Titel „dunkler Mond“. Bunte Fäden verlaufen vertikal über einen dunklen Hintergrund, an dessen rechtem Teil ein schwarzer Kreis schwebt. „Das war einmal ein Landschaftsbild, es hing vier Jahre nur herum, ich wollte etwas anderes daraus machen. Das ist das Schöne an der Öl-Malerei, man kann die Leinwand immer wieder für völlig Neues benutzen.“
So war es auch bei der Dreier-Komposition in Rot-Bau-Tönen. Eine Stuhl-Skizze sollte verschwinden, beim Übermalen gefielen Adelheid Eurich aber die verwischten Konturen und der Stuhl entstand schemenhaft wieder. Ähnliche Farben weisen die Bilder der Flamenco-Tänzerin und des Tanzpaares auf. Die Tänzer haben keine Gesichter, hier will die Malerin ganz auf die Bewegung eingehen und nicht durch Details wie Gesichter ablenken.
Eine sprühende Gischt schießt im größten Gemälde, einem bunten, rotdominierten abstrakten Bild nach oben. Das Gemälde ziert eigentlich das Büro der Geschäftsführung der Kur- und Tourismus GmbH in Bad Salzschlirf. Adelheid hat es als Leihgabe mit in die Ausstellung eingebracht, weil es mit dem Bild ganz in Rot harmoniert, das ebenfalls an der Wand mit Blick zur Burgpassage hin hängt. „Rot ist meine Lieblingsfarbe“, erklärt Adelheid Eurich. Obwohl das Rot-Bild fließende Rotation wiedergibt, strahlt es für sie Ruhe aus. Gerade bei den abstrakten Bildern gibt Adelheid Eurich nicht gerne einen Titel an, damit der Betrachter ganz unvoreingenommen bleibt.
Ein blühender Oliven-Hain lässt Frühlings-Stimmung aufkommen. Das Landschaft-Bild wird kontrastiert von einem düsteren Blick auf nackte Bäume und Verästelungen, der „November-Wald“ ist erst kurz vor Ausstellungs-Beginn fertig geworden. Zwei weitere Baum-Landschaften setzen den Blick ins Grüne fort. Das frühlingshafte Baum-Bild entstand in einer Nacht, als sich Adelheid Eurich eigentlich frustriert und deprimiert fühlte. Das merkt man der harmonischen wirkenden Landschaft überhaupt nicht an.
Das Bildnis einer alten Frau, sitzend auf einer Steinmauer, angelehnt an einen Baum, beschäftigt mit einer Handarbeit und mit mürrischem Blick um die Ecke, entstand nach einem Motiv, das Adelheid Eurich in Kreta fotografiert hatte. Die alte Dame sah gerade Touristen aus einem Bus aussteigen und fühlte sich wohl gestört. Eine Landschaftsstudie mit Pappeln schließt den Bilderreigen im Café ab.
Malerei seit 36 Jahren
Adelheid Eurich ist die Leitfigur der Bad Salzschlirfer Kunstszene, nicht nur, weil sie Vorsitzende des Vereins Kunst und Kultur ist. Seit 36 Jahren malt sie im Badeort, ganz am Anfang stand ein VHS-Malkurs mit Professor Jürgen Blum. Mit ihm verbindet Adelheid Eurich viele gemeinsame Jahre und Erlebnisse rund um die Kunst in großer Bandbreite. Bei Jürgen Blum lernte sie das Handwerk „Malerei“ von der Pike auf, es wurde gezeichnet, aquarelliert und mit Öl gearbeitet. Adelheid Eurich erlebte die „Geburt“ von sieben Kunststationen in der Region, von denen heute nur noch die in Bad Salzschlirf und Kleinsassen mit Leben gefüllt sind. Viele Ausstellungen hat sie besucht, viele mit ihren Werken beschickt und heute ist sie eine begehrte, weil in Sachen Kunst kenntnisreiche Rednerin bei Vernissagen von befreundeten oder bekannten Malern.
Ihr Haus ist voller eigener Werke, die an den Wänden gar keinen Platz mehr finden, viele Stücke hat sie an Bekannte vergeben. Ihr Auto ist eine kleine Werkstatt: Hammer, Nägel, Malutensilien und Unterlagen bilden ein buntes Potpourri im Fahrzeug der quirligen zierlichen Frau, die, teilzeit-berufstätig, auch Stellvertreterin des Bürgermeisters des Badeortes und engagierte SPD-Politikerin ist. Eigentlich hatte sie sich vor sieben Jahren vom Haupterwerbs-Berufsleben zurückgezogen, um mehr Zeit für sich und ihr Hobby Malen zu finden, aber bis heute jagen sie die Termine von Politik und Kultur durch den Tag.
„Malen, das ist für mich Hobby und Entspannung, und es ist vor allem Emotion. Manchmal setze ich mich hin und male einfach drauflos, ein anderes Mal habe ich so viel Energie, dass ich mit dem Pinsel die Leinwand durchlöchern möchte“. Von ihrer Bekannten Margarethe Schönherr aus Müs kam die Anfrage, im Prüfer-Café auszustellen. Adelheid Eurich fuhr mehrmals in die Konditorei und überlegte, welche Werke sich für die Räumlichkeiten eigneten. „Eine Ausstellung muss eine Ausstrahlung besitzen, in sich harmonisch sein und in die Ausstellungsräume passen“, das ist ihr Anspruch. So entschied sie sich für eine Reihenfolge ihrer Bilder von dunkel nach hell, von unrealistisch zu real.
Zur Vernissage hatte die Kunstpädagogin Margarethe Schönherr die ausgestellten Werke der Künstlerin vorgestellt, dabei war das Café fast aus allen Nähten geplatzt. Großenlüders Bürgermeister Werner Dietrich, der die Künstlerin herzlich begrüßte, freute sich besonders darüber, dass zu ersten Mal eine Malerin aus einer Nachbargemeinde in Großenlüder ausstellt. Der Bürgermeister hatte auch für die musikalische Untermalung bei der Eröffnung gesorgt, worüber sich Adelheid Eurich und ihre vielen Gäste freuten.
Open-Air im Sommer
Was plant die Künstlerin in naher Zukunft? Zum großen Geburtstag im Sommer will sie sich einen Traum verwirklichen. Sie besitzt über 40 selbst gezimmerte Staffeleien. Damit soll es in ihrem großen Garten eine Open-Air-Ausstellung geben, wenn das Gras so hoch ist, das es die Staffelbeine verschluckt. Daneben managt sie die Ausstellungen in der Bad Salzschlirfer Kurparkresidenz und im Kulturbahnhof. Fast 100 Vernissagen hat sie schon ausgerichtet, zweimal war sie selbst unter den Ausstellern. Für den Bad Salzschlirfer Verein Kunst und Kultur ist sie ständig auf der Suche nach interessanten Kurs-Angeboten, gerade gab es eine dreitägige Einführung in die abstrakte Malerei. Die Kontakte mit dem charismatischen „Pomponisten“, dem Künstler Herdin Radtke, führten dazu, dass sich der Maler in Bad Salzschlirf seinen Wohnsitz zulegte und demnächst hier eine Vertriebsstelle für Künstlerbedarf eröffnen will. Und so ganz nebenbei, wenn Adelheid Eurich mit dem Zug unterwegs ist, schreibt sie an ihrem ersten Krimi: „Schwarzer Koffer in Wagon 5". (Renate Reus) +++

Frühlings-Baum-Landschaft...

Oliven in der Blüte...

...rot...

Die Künstlerin mit ihren Nofretete-Studien.

Nofretete im Profil.