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Die Jagdhornbläsergruppe Manfred Gieb. - Fotos: Gerhard Manns

Die beiden Frauen aus den USA von rechts: Maria A. Tims, Nancy J. Canto im Gespräch mit BGM Thomas Baumann.

28.09.12 - Ludwigsau

Fliegergedenkstätte im Seulingswald: Mahnmal zur Versöhnung - Gedenkfeier

Vor 69 Jahren, am 27. September 1944 fand im Luftraum Eisenach-Bad Hersfeld eine der für die amerikanischen Luftwaffe verlustreichsten Luftschlachten des 2. Weltkrieges statt. Kurz nach 11:00 Uhr wurden die 35 „B-24 Liberator-Bomber“ der 445. Bombergruppe der 8. USAAF überraschend von 121 Jagdflugzeugen des deutschen Jagdgeschwaders 3, (Udet)  4 und 300 angegriffen.

Dieser Luftkampf wurde für die Amerikaner zu einem Desaster größten Ausmaßes. Von den 35 in England gestarteten Bombern gingen 30 verloren. Die deutsche Luftwaffe verlor 29 Jagdflugzeuge. Dabei Kamen 118 Amerikaner und 18 deutsche Flieger ums Leben. Aus diesem Anlass wurde am 01. August 1990 dieses Mahnmal eingeweiht. „Diese Fliegergedenkstätte hier im Ludwigsauer Ortsteil Friedlos ist über Jahrzehnte des Bestehens zu einem vielbeachteten Ort der Erinnerung, des Gedenkens, der Ermahnung, aber auch der Versöhnung geworden“, so die Worte von Bürgermeister Thomas Baumann bei seinen Grußworten an die Gäste und vielen Bürger, die an der Feier teilnahmen. Deshalb freue er sich ganz besonders, dass zwei Frauen aus den USA gekommen sind, um an der Feier teilzunehmen. Die Ehefrau des damaligen Navigators eines B-24  Bombers Robert T. Tims, Maria A. Tims, kam auf Einladung von Eberhard Haelbig aus Eisenach nach Deutschland und hatte ihre Freundin Nancy J. Canto mitgebracht.

Maria T. Tims war schon mit ihrem Mann Robert bei den Einweihungsfeierlichkeiten 1990 dabei, als sich die ehemaligen Gegner vor dem Mahnmal die Hände zur Versöhnung reichten. Damals ein bewegender Moment, welcher für alle noch lebenden unvergesslich ist.  Die Teilnahme an der Gedenkfeier durch den Deputy Host Nation Advisor to the Commander of the US-Airforce in Europe, John Rodgers wertete Baumann als ein hohes Zeichen der Wertschätzung und des Gedenkens und begrüßte den Ehrengast. Auch die erste Kreisbeigeordnete Elke Künholz, der ehemalige Jagdflieger Gerhard Kott, welcher an der Luftschlacht über dem Seulingswald teilgenommen hatte, die ehemaligen Jagdflieger aus der Region Willi Vollmer aus Friedlos und Hans Horn aus Bebra, der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Berthold Wittich, der zuständige Revierförster Achim Schumm, viele Kommunalpolitiker, Hinterbliebene ehemaliger deutscher Kampfflieger und viele Bürger aus den umliegenden Gemeinden nahmen an der Feierstunde teil.

Über die Entsendung einer Abordnung aus der Alheimer Kaserne in Rotenburg, vom 2. Führungsunterstützungsbataillon 286 und der Reservistenkameradschaft mit Oberstleutnant d. R. Carsten Trinks mit dem Trompeter Thomas Conrad freute sich Thomas Baumann besonders. Bürgermeister Thomas Baumann fuhr fort: „Dieses Mahnmal ist entstanden aus einer Vergangenheit voller Schrecken und Unheil. Aus der Erinnerung ist Aussöhnung und Versöhnung gewachsen und die feste Überzeugung entstanden, dass sich diese Ereignisse nicht wiederholen dürfen. Wer aus der Gegenwart die Zukunft gestalten will, muss die Vergangenheit kennen. Von daher ist es unverzichtbar, für Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Mitmenschlichkeit einzutreten. Diese Gedenkstätte ist ein Monument dieser wichtigen Aufgabe für die Zukunft. Sie dokumentiert, dass Feinde von gestern zu Freunden werden konnten. Somit hat sie ein Zeichen für die Zukunft gesetzt. Wir konnten in einem vereinigten Europa in Frieden und Freiheit leben, weil Demokratie und Toleranz Basis für unser Tun sein konnten. Wir konnten ein Zusammenwachsen von zwei deutschen Staaten erleben, weil der Freiheitswille und das Verständnis um Demokratie für eine trennende Grenze keine Basis lieferte. Wir konnten Deutschland in einem vereinigten Europa wachsen sehen. Wir müssen erfahren, dass nicht alles auf diesem Weg mit der notwendigen Sorgfalt und Abwägung entstanden ist; aber wir können erkennen, dass der Weg richtig war und es weiter gilt, dieses Ziel zu entwickeln. Wir alle wissen, dass es das amerikanische Volk war, welches einem zerstörten Deutschland nach dem Kriege einen Wiedereinstieg in den internationalen Staatenbund ermöglichte. Wir wissen auch, dass die militärische Besonnenheit in West wie in Ost Grundlage für ein Miteinander in Frieden ist. Unsere Aufgabe ist es, den Frieden in die Welt zu bringen und hierfür auf diesem Weg des Friedens Zeichen zu setzen.

Thomas Baumann bedankte sich ganz besonders bei Walter Hassenpflug, der trotz seines hohen Alters, seit Jahrzehnten mit seinem Engagement die Gedenkstätte sowie den Gedanken der Versöhnung lebt. Oberstleutnant d. R. Carsten Trinks wies in seiner Ansprache auf die Folgen des 2. Weltkrieges hin, der auch 67 Jahre nach seinem Ende immer noch ein Thema ist, das die Menschen zutiefst emotional berührt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Syrien und der Auslandseinsätze unserer Soldaten sagte Carsten Trinks: „Wir alle sind aufgefordert einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Menschen hier und andernorts friedlich, frei, selbstbestimmt und in Würde leben können. Gerade aus diesem Blickwinkel heraus wird deutlich, wie wichtig die Gedenkstätte im Seulingswald ist und wo ihre Bedeutung auch als Lernort für junge Menschen liegen könnte“.

Walter Hassenpflug erinnerte in seiner kurzen Ansprache an zwei große Versöhner, die in diesem Jahr verstorben sind, den ehemaligen Bomberpilot Captain Reginald R. Miner und der ehemalige Jagdflieger Feldwebel Ernst Schröder aus Bonn. Bei diesen Gedenkfeiern wurde immer an die inzwischen Verstorbenen gedacht. Von den acht amerikanischen und deutschen Fliegern, die sich am 01. August 1990 vor den Namenstafeln ihrer gefallenen Kameraden die Hände zur Versöhnung gereicht haben, ist jetzt nur noch der 92.-jährige US-Amerikaner Frank J. Bertram am Leben. Walter Hassenpflug bedankte sich bei seinem Mitstreiter und Freund Eberhard Haelbig aus Eisenach für die jahrelange gute Unterstützung und sein Engagement. Er hat seit einiger Zeit auf seinem Grundstück in Eisenach ein Museum eingerichtet, mit Relikten der Ereignisse des 27. September 1944. Von Maria A. Tims erhielt Eberhard Haelbig für sein Museum die Uniformjacke ihres Mannes, zahlreiche Orden und Erinnerungsstücke ihres inzwischen verstorbenen Mannes Robert. Die Feier wurde musikalisch von der Jagdhornbläsergruppe Manfred Gieb und dem Trompeter der Reservistenkameradschaft Bad Hersfeld, Stabsunteroffizier d. R. Thomas Conrad umrahmt.

Zum Hintergrund:

Walter Hassenpflug wurde am 09. Mai 1932 in Bad Hersfeld geboren besuchte die Grundschule und später das örtliche Gymnasium in Bad Hersfeld. Wie alle 10-jährigen deutschen Jungen und Mädchen wurde er in die Hitlerjugend aufgenommen. Den alliierten Luftkrieg erlebte er mit spektakulären Ereignissen, wie Luftkämpfe, Bordwaffenangriffe und Bombenabwürfe, besonders im Jahr 1944. Am 21. November 1944 hatten 12 B-17 Bomber der 92. US-Bombergruppe die Bahnanlagen in Bad Hersfeld als Ziel ausgewählt, Dabei wurde seine Familie von einem schweren Schicksalsschlag heimgesucht. Das Mehrfamilienhaus, in dem er mit seinen Eltern wohnte, wurde von einem Bombenvolltreffer völlig zerstört. Sieben Personen, einschließlich seiner Eltern kamen dabei ums Leben. Walter Hassenpflug wurde verschüttet und konnte wie durch ein Wunder als einziger Überlebender gerettet werden. Wegen innerer Verletzungen verbrachte er drei Monate im Krankenhaus. Diese Ereignisse ließen ihn nicht mehr los und so begann er seit 1984 mit den Nachforschungen über Luftkriegsereignisse in unserer Region. Sein Anliegen ist es, diese Geschehnisse zu dokumentieren, um diese als Teil der Heimatgeschichte für die Nachwelt festzuhalten. Als Folge dieser manchmal sehr schwierigen Nachforschungen entstand dann 1990 die Fliegergedenkstätte im Seulingswald bei Ludwigsau-Friedlos, ein bis heute einmaliges Mahnmal gegen das Vergessen und zur Aussöhnung. (GM) +++


Die Soldaten der Alheimer Kaserne in Rotenburg/F.


BGM Thomas Baumann bei seinen Begrüßungsworten


Gastredner Oberstleutnant d. R. Carsten Trinks

Der Initiator dieser Gedenkstätte Walter Hassenpflug


Eberhard Haelbig aus Eisenach

Trompeter Thomas Conrad bläst das Solo „Der gute Kamerad“.



Das Gruppenfoto mit allen Gästen zur Erinnerung und den beiden ehemaligen Jagdfliegern Gerhard Kott und Willi Vollmer,von rechts.

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