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03.02.13 - NACHGEDACHT (5)

Vergeben und Vergessen?- Gedanken von Christina LEINWEBER

Jeder kennt es – ein schlimmer Streit ist passiert – Worte sind wie Waffen durch die Luft geflogen und haben direkt ins Schwarze getroffen. Manchmal geht ein Streit nur zwei Minuten, kann aber den Rest einer Beziehungszeit beeinflussen. Was macht man dann? Sich sofort entschuldigen? Kann man die Worte wieder zurücknehmen oder Schadensbegrenzung betreiben?

In einem Streit sind die Menschen zumeist buchstäblich „auf 180", Emotionen schwappen über, Stresshormone belagern unser Gehirn und lassen uns nicht mehr klar denken. Dann ist es manchmal besser, einfach aus dem Streit auszusteigen, eine Pause einzulegen, damit Puls und Wut wieder runterfahren. Wenn dies schon einmal geschehen ist, bleibt aber trotzdem das, was man gesagt hat.

Worte lassen sich nur schwer zurücknehmen und unser Gedächtnis spielt dabei eine große Rolle: Die Erinnerung kann verblassen, deswegen ist Vergeben und Vergessen so nahe beieinander. Doch an was wir uns erinnern, ist meistens das Gefühl, das wir in einer Situation hatten. Wenn wir tiefe Angst empfunden haben oder von jemandem gedemütigt wurden, dann behalten wir das beinahe unser Leben lang im Gedächtnis.

Wie geht denn dann vergeben? Wie soll man jemandem vergeben, der einem genau diese schlimmen Gefühle wie Angst oder Demütigung verpasst hat? Dabei hilft uns unser Gedächtnis auch: Erinnerungen können von neuen Erinnerungen „überspielt werden". Wenn man demnach mit einem Menschen, mit dem man einen schlimmen Streit hatte, wieder normal sprechen kann, die Probleme in Ruhe bespricht und vielleicht sogar zu einer Lösung kommt, dann prägt sich dieses Gefühl ein. Dann sind wir mit diesem Menschen sozusagen wieder „im Reinen".

Dass es schwer ist, überhaupt wieder auf jemanden zuzugehen und mit diesem auch noch ein schlichtendes Gespräch zu führen, ist klar. Der eigene Stolz oder Angst vor erneuter Demütigung können eine Aussprache verhindern. Aber man weiß auch zumeist von sich selbst, dass manche Worte einfach im Zustand der Wut herausplatzen und nicht gewollt sind. Deswegen ist eine Aussprache immer lohnend. Und der einzige Weg, schlimme Erinnerungen zu „löschen", ist neue und bessere Erinnerungen „darüber zu zeichnen". (Christina Leinweber)

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn. Heute ist sie freie Mitarbeiterin bei osthessen-news.de – und bezeichnet sich selbst als liberal-theologisch und kommentiert (meist an Sonntagen) in der neuen Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer Sicht. +++

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