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14.02.13 - FULDA

Einen zwar vorhersehbaren, aber dennoch ungewöhnlichen Ausgang nahm heute vor dem Fuldaer Landgericht der Prozess um den Mord an einer 85-Jährigen durch deren zur Tatzeit 24-jährigen Enkel in Bebra. Richter Josef Richter begründete die Entscheidung des Gerichts, die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen. Doch zum Schluss richtete er das Wort an den jungen Mann und sagte: „Wir wünschen Ihnen, dass die Therapie, die Sie begonnen haben, weiter gute Fortschritte macht und Sie geheilt ein Leben in Freiheit führen können."Grundlage für diese „Anordnung der freiheitsentziehenden Maßregel" ist die vorsätzliche Tötung der eigenen Großmutter durch den Beschuldigten im Juli 2012.

Die Kammer kam nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung, dass der damals 24 Jahre alte Berliner Student am 08.07.2012 in Bebra seine Großmutter in deren Haus getötet hat. Diese war völlig ahnungslos, als ihr der eigene Enkel mit einem mitgeführten Küchenmesser drei Stiche mit einer Tiefe von jeweils ca. 2 bis 6 cm in den Rücken versetzte. Nachdem das Opfer infolge dieser Verletzungen zu Boden gesunken war, schnitt ihr der Beschuldigte die Kehle durch, was zur Folge hatte, dass die Frau binnen kürzester Zeit verstarb. Der Beschuldigte nutzte dabei die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tat aus, so der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Damit sei das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt.

Doch der an einer Schizophrenie erkrankte Beschuldigte war nach Auffassung des Gerichts und des Gutachters zur Tatzeit schuldunfähig. Damit folgte die Strafkammer den Ausführungen der Sachverständigen, wonach der Beschuldigte infolge der akuten schizophrenen Psychose zur Tatzeit von einer kommentierenden Stimme den Befehl erhalten hat, „es" zu tun. Darunter verstand der Beschuldigte, die eigene Großmutter zu töten. Aufgrund seiner Erkrankung besteht nach Auffassung des Gerichts die Gefahr, dass er auch in Zukunft weitere gleichartige strafrechtlich relevante Handlungen begehen wird. Die Kammer ordnete deshalb seine zeitlich nicht begrenzte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

Kann der Beschuldigte seine psychische Erkrankung simulieren?

Die Frage, ob der Beschuldigte, dessen Vater Psychologe ist, die Symptome eventuell nur simuliert haben könnte, beantwortete Staatsanwalt Andreas Helmich gegenüber osthessen-news eindeutig: man habe diese Hypothese genau überprüft, gerade weil der junge Mann, der selbst Medizin studierte, durchaus über spezifische Fachkenntnisse verfüge. Aber das Gutachten schließe eine Vortäuschung der Krankheit definitiv aus. Außerdem fehle ohne Annahme der Schizophrenie jede plausible Motiv für die Tat. Der junge Mann habe seine Großmutter nach Aussage des Richters „so sehr geliebt".

Wäre die Tat zu verhindern gewesen?

Ein tragischer Umstand kam bei der Urteilsbegründung zur Sprache: der Student, bei dem bereits seit seinem 23. Lebensjahr Schizophrenie diagnostiziert worden war, hatte sich kurz vor der Tat in ein Berliner Krankenhaus begeben, weil er unter den zunehmend stärker werdenden Symptomen, den "das Böse" befehlenden Stimmen litt. Doch dort verkannte man offenbar die Gefahr, bescheinigte lediglich eine Depression und entließ ihn nach kurzem wieder nach Hause. Es bleibt Spekulation, ob bei einer anderen Diagnose die Tat noch zu verhindern gewesen wäre.

Während der gesamten Verhandlung und Beweisaufnahme war die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden, weil Details über die Erkrankung die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten verletzt hätten. Das heute gefällte Urteil ist bereits rechtskräftig, da sowohl der Beschuldigte als auch die Staatsanwaltschaft erklärt haben, dass sie auf Rechtsmittel verzichten. Der Beschuldigte muss die Kosten des Verfahrens tragen.+++ci

Stichwort Sicherungsverfahren

Eine Maßregel der Besserung und Sicherung ist in Deutschland eine vom Strafgericht angeordnete (im Gegensatz zu den eigentlichen Strafen, welche ’verhängt’ werden) Rechtsfolge für eine rechtswidrige Tat. Die Maßregel ist von der Schuld unabhängig und wird zum Schutz vor gefährlichen Straftätern oder zu deren Besserung angeordnet. Daher können Maßregeln der Besserung und Sicherung auch gegen schuldunfähige erwachsene Straftäter angeordnet werden. Das deutsche Strafrecht folgt somit einem System der Zweispurigkeit, bei dem zwischen Strafe und Maßregel unterschieden wird. Eine Maßregel wird aufgrund einer positiven Gefährlichkeitsprognose angeordnet. Dies bedeutet, dass der Täter als wahrscheinlich gefährlich einzustufen ist. (Quelle wikipedia)




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