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24.03.13 - NACHGEDACHT (12)

48 Stunden Ruhe, Stille und Einkehr - von Christina LEINWEBER

Letzte Woche traute ich mich etwas – 48 Stunden anderes, auch neues Leben – im Kloster. Mitten ins Herz von Fulda ließ ich mich nieder, um abzutauchen, in eine Welt, die ich vorher zwar kannte, aber nie so intensiv erlebt habe. Das Kloster der Benediktinerinnen Abtei zur Hl. Maria nahm mich in ihr Gästehaus auf - für zwei "Tage der Stille". Was auf mich zukam, konnte ich nur ahnen. Erwartungen hatte ich keine, ganz im Gegensatz zu meiner Mutter, die scherzhaft und überspitzt meinte, ich würde nie wieder herauskommen und Nonne werden.

Wenn man die schmale Gasse zum Gästehaus und zur Klosterkirche hoch läuft, denkt man an italienische oder mediterrane Straßen. Man fühlt schon, dass jetzt ein neuer Abschnitt beginnt. Im Gästehaus wird man so herzlich empfangen, dass man meint, man würde sich schon Jahre kennen oder zur Familie gehören – das war nicht nur sehr schön, sondern half mir auch, mich gleich wohl zu fühlen.

Was haben mir die 48 Stunden nun eigentlich gebracht? Ruhe? Eine Auszeit? Naja, man kann nicht erwarten, dass sich nach so kurzer Zeit eine tiefe innere Ruhe einstellt, wie man sie sich erhofft. Dafür wären schon mehrere Tage notwendig. Tatsächlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich am ersten Tag am ruhigsten war. Als meine Abreise aber näher kam, dachte ich schon darüber nach, was zu Hause jetzt auf mich gewartet hat in den letzten Stunden, was ich jetzt auf jeden Fall erledigen  muss. Und eine Erfahrung war noch viel wesentlicher: Es ist schwer, mit sich selbst komplett allein zu sein – ohne Fernsehen, ohne Ablenkungen. Man hat Zeit für alle Gedanken und man denkt auch wirklich viel nach. Das müssen aber nicht immer nur schöne Dinge sein, auch Ernstes ist dabei, das nicht immer zusagt.

Mein Resümee: Es ist eine Kunst, sich selbst als gute Gesellschaft zu akzeptieren – nicht viele Menschen können auf lange Zeit mit sich selbst allein sein.  Und: zu viel Einsamkeit hat für mich bedeutet, dass ich auch auf dekonstruktive Gedanken gestoßen bin, gedankliche Endlosschleifen. Ich weiß jetzt wieder, wie wichtig die Balance zwischen Einsamkeit und Gesellschaft ist. Das ist eine wertvolle Erfahrung – nun weiß ich wieder ein Gespräch zu schätzen, denn die eigene Meinung muss sich auch mit anderen Meinungen vermischen, nur so kann man aus der subjektiven, verengten Sicht in eine weitere Perspektive gelangen, die bereichert (Christina Leinweber).

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - und derzeit bereitet sie sich auf ihr 1. Staatsexamen vor. Gleichzeitig ist sie freie Mitarbeiterin bei osthessen-news.de, bezeichnet sich selbst als liberal-theologisch und kommentiert (seit zwölf Sonntagen) in der neuen Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++

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