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- Fotos: Klaus Scheuer

20.05.13 - LAUTERBACH

41. Pfingstmusiktage (1): Fremdes tut nicht weh, Vertrautes langweilt nicht

Klang - Raum - Zeit - drei grundlegende musikalische und philosophische Begriffe zugleich  beschreiben die Eindrücke, die das Eröffnungskonzert der 41. Lauterbacher Pfingstmusiktage in diesem Jahr hinterlassen hat. Es fand in der evangelischen Kirche in Angersbach statt und griff damit eine Tradition auf, denn die Angersbacher Kirche bot in der Vergangenheit einigen Konzerten der Pfingstmusiktage Raum.

Überhaupt ist es seit jeher ein Charakteristikum des Festivals, dass Konzerte und Konzertorte gut aufeinander abgestimmt sind, man denke bloß an die intime Atmosphäre in der Eisenbacher Schlosskirche oder die Klangfülle in der Lauterbacher Stadtkirche. Das Thema Zeit ist bei den Pfingstmusiktagen schon deswegen ein Dauerthema, weil das Festival traditionell über Zeitgrenzen überschreitet, alte Musik neben zeitgenössischen Klängen präsentiert, kleine Formate neben ganz großen. So betrachtet war das Eröffnungskonzert wieder einmal exemplarisch für das ganze Festival.

Das Trio um den türkischen Perkussionisten Murat Coşkun, der zuerst genannt sei, weil er bereits im letzten Jahr in Lauterbach zu Gast war, bestand mit der Spanierin Maria Ferré an der Laute und der Barockgitarre und dem aus Frankreich stammenden Tubisten und Serpentspieler Michel Godard aus drei gleichermaßen hochkarätigen Künstlern ihres Fachs. Die Besetzung, die im Rahmen der Pfingstmusiktage übrigens Premiere hatte ist ebenso originell wie speziell, ebenso homogen wie kontrastierend. Drei mittelalterliche Instrumente, Serpent, Laute und Rahmentrommel schaffen zunächst ein durchaus historisch homogenes Klangbild mittelalterlicher Musikvorstellung, vor allem wenn Bearbeitungen Monteverdis erklingen. Doch den drei Künstlern geht es um mehr als ein historisches Abbild mittelalerlicher Musik.

Alle drei haben ganz unterschiedliche musikalische Hintergründe: Godard der vom Jazz und der zeitgenössischen Musik kommt, Coşkun, dessen Schwerpunkt in der musikethnologischen Perspektive liegt und schließlich Ferré, die historische Sichtweise ins Spiel bringt. Wenn man das Ergebnis hört wird eines sofort klar: eines geht nicht ohne das andere. Musik hat stets eine historische Dimension, ist steht vom Leben des Rhythmus und der Farbe der Spontaneität erfüllt, sonst fehlt ihr etwas. Was hier in der Angersbacher Kirche erklang, waren sicher neue Töne für diesen Spielort, waren unbekannte Klänge für manche Ohren, barg Überraschungsmomente nicht nur für die Zuhörer, sondern auch für die Musiker selber. (Und das nicht bloß, als Murat Coşkun im Eifer des Spiels das Trommelfell einer seiner Instrumente zerschlug.)

Doch es wurde auch klar, dass Begriffe wie Fremdheit oder Vertrautheit egentlich nichts mit dem Wesen der Musik zu tun haben, dass Fremdes nicht weh tut und Vertrautes nicht langweilt. Wenn man nicht alles in Schubläden einsortiert, passt viel mehr zueinander, als man für möglich gehalten hätte: Musik australischer Ureinwohner auf dem Instrument alpenländischer Ureinwohner der Tuba gespielt mit der zirkulaten Atemtechnik des Didgeridoos, die Umdeutung des E-Basses in ein (Ba)rock-Instrument, die Steeldrum-Sounds auf der Hang die eine - wer hat’s erfunden? - richtig: schweizer Erfindung ist und dabei ganz und gar außerirdisch aussieht, der mittelalterlich anmutende Klang des Serpent, der (gespielt von Michel Godard) dem Sound der Jazzposaune eines Nils Landgren in nichts nachsteht.

Und noch einmal kommt die Zeit ins Spiel in dieser Reminiszens an ein wunderbares Konzert: sie verging viel zu schnell. (Klaus Scheuer) +++






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