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01.09.13 - NACHGEDACHT (34)

Werden Sie heute eine Welt retten? - Gedanken von Chr. LEINWEBER

Der ein oder andere Osthesse kennt das – man fährt auch mal zum Einkaufen in eine größere Metropole. Zum Beispiel nach Frankfurt – auf die Zeil. So ging es mir jedenfalls und als ich gerade nach vier Stunden shoppen und in Gedanken auf den Römer laufe, bemerke ich die riesige Polizeikohorte und höre laute Stimmen. Mitten auf dem Römer findet eine Demo statt – gegen was? Gegen den syrischen Krieg, gegen Militärangriffe. Fast zeitgleich klingelt mein Handy und spuckt mir die Nachricht einer App aus: „Obama will Kongress um Erlaubnis für Angriff bitten." Passt ja irgendwie, denke ich mir, nur passt gerade gar nicht zu meiner vorigen Stimmung. Denn bevor ich auf den Römer lief, kreisten meine Gedanken noch um den Pulli, den ich entweder in dieser oder jener Farbe kaufen wollte.

So wurde meine „Fashionmanie" also gerade jäh unterbrochen. Ich habe mich nicht gestört gefühlt, das will ich nicht sagen – aber ich habe mich ertappt gefühlt. Dass mir das alles viel zu weit weg vorher erschien, dass es mir zwar im Ohr lag, ich es aber nicht gespürt habe. Die Menschen, die demonstrierten, haben es aber nicht nur vernommen, es hat sie auch bewegt. So weit, dass sie auf die Straße gegangen sind. Ich habe das noch nie gemacht. Habe noch nie demonstriert, dann habe ich mich gefragt: Wie viel Politik mache ich überhaupt, wie viel kann ich dazu beitragen? Wenn Obama jedenfalls morgen früh aufsteht und Entscheidungen trifft, kann ich ihm dabei nicht reinquatschen. Kosmopolitisch bin ich ein kleines Licht – wie siehts denn in Deutschland aus, wie sieht es in meiner Region aus? Kann ich da etwas leisten?

Gleich Politiker werden ist zu schwer, aber was ich auf jeden Fall tun kann, ist in drei Wochen wählen gehen. Und was geht noch zeitnäher? Wie kann ich schneller „die Welt retten" oder eher gesagt „meine Welt, in der ich jeden Tag lebe"? Umweltpolitisch kann ich schon mal aktiv werden, immer einmal mehr überlegen ob ich Plastik oder Glas kaufe, die Kinder unserer Kinder sollen ja nicht über die Müllhalde zur Schule laufen. Oder auch mal das Fahrrad nehmen und nicht den Benzinschlucker anschmeißen, denn mit Lichtschutzfaktor 40 soll auch niemand in 100 Jahren raus gehen müssen, nur weil wir alles in die Luft blasen, was brennbar ist. Also heute schon mal an morgen denken ist glaube ich immer ein gutes Garant dafür, dass man sich Gedanken macht – auch politisch.

Und wie siehts mit Frieden aus? Um mich herum fallen – zum Glück und Gott sei Dank - keine Bomben. Was aber sind meine Bomben? Wortgefechte und Streitereien haben auch manchmal viel Potenzial, um zu zerstören – nur eben auf der zwischenmenschlichen Ebene – in Freundschaften, in Familien und in Partnerschaften. Also wäre Frieden im eigenen Haus doch auch schon einmal was. Es ist zwar die kleinste Einheit menschlichen Zusammenlebens und mit einem ganzen Staat nicht zu vergleichen, aber irgendwo muss man doch anfangen. Und so kann man zwar nicht die ganze Welt retten, aber man kann seine eigene, kleine Welt retten und ein Stück besser machen. +++

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - inzwischen hat sie ihr 1. Staatsexamen in der Tasche. Gleichzeitig ist sie Mitarbeiterin bei osthessen-news.de, bezeichnet sich selbst als liberal-theologisch und kommentiert (seit 34 Wochen) in der neuen Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++

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