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Nicht im, sondern am Dom gibt die katholische Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" ihre Statements während der Bischofskonferenz ab. -

REGION

Katholische Reformgruppen fordern Mitspracherecht von Papst Franziskus

25.09.13 - Die katholische Laienbewegung „Wir sind Kirche" hat es sich zur Tradition gemacht, während der Herbstvollversammlung der deutschen katholischen Bischöfe die dort in Vielzahl vertretenen Pressevertreter einzuladen, um zeitgleich zur Bischofskonferenz auch ihre Sicht der Dinge darzustellen. Bei der heutigen Pressekonferenz wurde der nachfolgend im Wortlaut zitierte offene Brief an Papst Franziskus vorgestellt.

Beflügelt durch das vielzitierte Interview des Papstes fordern die katholischen Reformgruppen jetzt Stimmrecht bei Entscheidungsprozessen innerhalb der Kirche. Über hundert kirchliche Organisationen, in denen weltweit über vier Millionen Katholiken vertreten sind, haben sich mit diesem Brief, der heute an verschiedenen Orten der Öffentlichkeit vorgestellt wurde an den Papst gewandt. Das vom Papst benannte „Fühlen mit der Kirche" heiße nicht nur, den Anordnungen der Hierarchie zu folgen, sondern den Dialog zwischen dem Papst, den Gläubigen und den Bischöfen zu suchen, heißt es darin.


"Seine Heiligkeit, Papst Franziskus
Kardinal Giuseppe Bertello, Präsident der Verwaltung der Vatikanstadt
Kardinal Francisco Javier Errazuriz Ossa, Eremitierter Erzbischof von Santiago, Chile
Kardinal Oswald Gracias, Erzbischof von Mumbai, Indien
Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, Deutschland
Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya, Erzbischof von Kinshasa, Kongo
Kardinal Sean Patrick O’Malley, Erzbischof von Boston, USA
Kardinal George Pell, Erzbischof von Sydney, Australien
Kardinal Oscar Andrés Rodríguez Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa, Honduras

Lieber Bruder Franziskus und liebe Brüder Kardinäle,
aus tiefer Betroffenheit und angesichts der zahlreichen Krisen innerhalb der Katholischen Kirche schreiben wir, die wir Millionen von Katholiken auf der ganzen Welt vertreten, gemeinsam diesen Brief. Wir sind voller Hoffnung, dass bei Ihrer Konferenz im Oktober über die Leitung der Kirche diskutiert wird. Wir bitten respektvoll darum, dass die Verantwortung der Getauften und ihr Mitspracherecht bei den Entscheidungsfindungen unserer Kirche vorrangig Beachtung finden.

Wir haben genau wie Sie einen katastrophalen Vertrauensverlust in unserer Kirche erfahren, der durch weltweite Enthüllungen sexualisierter Gewalt, verübt von katholischen Geistlichen, und Vertuschungen durch die Hierarchie hervorgerufen wurde. Sowohl Machtmissbrauch innerhalb der Vatikan-Bank als auch zerstörende Respektlosigkeit gegenüber Laien und deren Ausgrenzung führten dazu, dass viele unserer Schwestern und Brüder der katholischen Kirche den Rücken kehrten. Unsere Kirche scheint nicht in der Lage zu sein, die Zeichen der Zeit zu verstehen. Dadurch wird die Glaubensvermittlung für zukünftige Generationen zu einer noch größeren Herausforderung.

Nach unserem Verständnis liegt die Wurzel vieler dieser Probleme in den destruktiven Auswirkungen der Klerikalisierung. Wir unterstützen Ihren Wunsch, Papst Franziskus, unsere Kirche vom Klerikalismus zu befreien in dem Sinne, dass wir eine Gemeinschaft von Gleichen bilden, die durch die Taufe für die Frohe Botschaft Jesu leben und sie verkünden. Alle Katholiken haben das Recht und die Verantwortung, die sich direkt aus der Taufe ableiten, wirkungsvoll und beratend ihre Meinung bei Entscheidungsfindungen unserer Kirche zu äußern. Die volle Teilhabe der Glaubensgemeinschaft steht in Übereinstimmung mit dem Evangelium, der Überlieferung der frühen Kirche und der Vision des II. Vatikanums. Zu diesem Zweck haben wir fünf Bereiche abgesteckt, die die Hoffnungen und Bedürfnisse des gläubigen Volkes Gottes widerspiegeln:

1. Eine Kirche, die die radikale Gerechtigkeit Jesu in der Welt verkörpert

Wir sind inspiriert, Papst Franziskus, von Ihrem Mitleid mit den Armen und von Ihrem Bestreben nach sozialer Gerechtigkeit wie auch von Ihrer persönlichen Bereitschaft zu einem einfacheren Leben. Wir wollen als Schwestern und Brüder daran arbeiten, das Reich Gottes auf Erden aufzubauen, frei von Unterdrückung, Krieg, ungerechten Wirtschaftssystemen, Gewalt, Hunger, Armut und der Schädigung von Gottes Schöpfung. Aber unsere Bereitschaft zu Gerechtigkeit wird kompromittiert und oft als Scheinheiligkeit angesehen, denn Ungerechtigkeit existiert auch in der Kirche selbst. Zum Beispiel sollte der volle Zugang zu den Sakramenten für geschiedene und wiederverheiratete Katholiken eine Angelegenheit des persönlichen Gewissens sein. Wir hoffen auf eine Zeit, in der alle Katholiken eine freudig erneuerte Kirche erleben dürfen, die wirklich Gerechtigkeit und Achtung vor der Würde jeder Person in das Zentrum ihrer Sendung stellt.

2. Eine Kirche, die offenen Dialog unter ihren Mitgliedern begrüßt

Als Sie, Papst Franziskus, in Brasilien sprachen, empfahlen Sie, dass „Dialog, Dialog, Dialog" ein Eckstein allen menschlichen Fortschritts sein sollte. Wir stimmen Ihnen zu. Die Freiheit des Wortes (einschließlich ehrlichen Widerspruchs), die Freiheit einer begründeten infragestellung und der Vorrang eines informierten Gewissens sind für die Gesundheit unserer Kirche lebenswichtig. Prophetische Frauen und Männer fordern uns ständig auf, uns in den dringenden theologischen, pastoralen und sozialen Fragen unserer Zeit und jenen der Umwelt auf neue und inspirierende Weise zu engagieren. In diesem Licht empfehlen wir, Theologen, Geistliche und Nonnen zu rehabilitieren, die seit dem II. Vaticanum gemaßregelt wurden, weil sie ihrem Gewissen folgten. Außerdem meinen wir, wie es von so vielen Katholiken auf der ganzen Welt ausgedrückt wird, dass die Apostolische Visitation der amerikanischen Nonnen und die Untersuchung gegen die Leitungskonferenz der Nonnen unbegründet und ungerecht sind. Offenen Dialog kann es nicht geben, wo Furcht vor Strafmaßnahmen besteht.

3. Eine Kirche, die die fundamentale Gleichheit ihrer Mitglieder anerkennt

Die katholische Lehre sagt uns, dass alle Menschen nach dem Bilde Gottes mit gleicher Würde erschaffen wurden. Daher müssen Kirchenstrukturen auch diese Wirklichkeit widerspiegeln. Da alle Leitung in der Kirche derzeit nur geweihten, männlichen, zölibatären Priestern obliegt, wird die große Mehrheit der getauften Katholiken ausgeschlossen. Deshalb empfehlen wir eine kanonische Studie zu der Möglichkeit, Leitung in der Kirche von der Taufe statt von der Weihe abhängig zu machen. Im Bezug auf den Dienst von Ordinierten empfehlen wir, dass eine Berufung festgestellt wird, die auf individueller und gemeinschaftlicher Erkenntnis der Begabung, der Spiritualität, des seelsorglichen Empfindens und der theologischen Bildung beruht statt auf dem Geschlecht, der sexuellen Orientierung und dem Lebensstand. Wir weisen den sexistischen Ausschluss der Frauen von der vollen Teilnahme auf allen Ebenen der Kirche zurück. Ebenso ist es unakzeptabel, unseren gleichgeschlechtlich orientierten Brüdern und Schwestern den Zugang zur vollen Teilnahme am kirchlichen Leben und Dienst zu versagen. Außerdem ist es ungerecht, verheiratete männliche Geistliche aus anderen Konfessionen zu weihen, während man sich weigert, dauerhaft katholische Priester zu akzeptieren, die den aktiven Dienst verlassen haben, um zu heiraten.

4. Eine Kirche mit stärkerer Teilnahme der Getauften an der Leitung

Um die Bedürfnisse unserer Kirche zu erfüllen, ist es notwendig, kollegiale Systeme und Strukturen einzurichten, beruhend auf: - Nominierung und Volkswahl der Bischöfe für eine begrenzte Amtszeit aus den Priestern der jeweiligen Diözese durch die Getauften dieser Diözese - Wiedererrichtung des Grundsatzes der Subsidiarität bei Pfarrgemeinderäten, diözesanen Pastoralräten und nationalen Bischofskonferenzen - Einbeziehung qualifizierter Laien – Männer und Frauen - in leitende Stellen in der Kurie Die Verwirklichung kollegialer Strukturen wird eine Kultur der verantwortlich dienenden Leitung fördern, die das Gemeinwohl innerhalb der Kirche stärkt..

5. Eine Kirche, die sich wirksam sexualisierter Gewalt entgegenstellt

Der Skandal der sexualisierten Gewalt durch Geistliche kann nur überwunden werden, wenn Bischöfe, die diese Gewalt verharmlosen oder vertuschen, aus ihren Ämtern entfernt und nach allgemein verpflichtend errichteten Verfahren vor kirchliche und zivile Gerichte gestellt werden. Die katholische Kirche muss ernsthaft den Komplex der systembedingten Ursachen erforschen, die zu diesem Skandal globalen Ausmaßes geführt hat, und alles in ihrer Macht Stehende tun, um eine Wiederholung zu verhindern.

Abschließend bitten wir Sie nochmals, die Rechte und die Verantwortlichkeiten der Getauften anzuerkennen, an der beratenden Entscheidungsfindung unserer Kirche teilzunehmen. Wir bieten an, eine Delegation in den Vatikan zu senden, um unseren Vorschlag näher zu erläutern. Wir sehen Ihrer Antwort und der gemeinsamen Weiterführung dieses wichtigen Dialogs zum Wohle unserer Kirche mit Interesse entgegen. Wir beten darum, dass die Weisheit des Heiligen Geistes mit Ihnen und mit Ihren Überlegungen sei.

Ihre Schwestern und Brüder in Christus
siehe Liste unter  www.wir-sind-kirche.de +++

Elfriede Harth, Frankfurt und Christian Weisner, Dachau von "Wir sind Kirche" bei der heutigen ...

... im Hotel am Dom


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