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NACHGEDACHT (39)

Haben Sie heute schon geurteilt? - Gedanken von Ch. LEINWEBER

06.10.13 - Es passiert schnell, da hat man ein Urteil über jemanden gesprochen: "Der ist aber langweilig - der ist aber nicht ganz so helle - die spinnt doch - der ist aber nett - die hat nicht mehr alle Tassen im Schrank." Man kann es auch VOR-Urteil nennen. Wir bewerten Menschen immer, beurteilen das Handeln. Das geschieht rasend schnell, meist unbewusst. Schon wenn wir manchmal nur einmal hinschauen und noch gar nichts mit jemandem gesprochen haben, steht fest: "Ich kann ihn/sie nicht leiden" oder "Ich finde sie/ihn sympathisch." Woran das liegt, kann man vielleicht nicht so genau sagen, vielleicht ist es Prägung, Erziehung, vielleicht kann man jemanden nicht "riechen". Aber dennoch frage ich mich: Nach welchen Maßstäben urteilen wir?

Im Rechtssystem ist ein Urteil eine richterliche Entscheidung, die einen Rechtsstreit beenden soll. Na gut, wenn wir im normalen Leben urteilen, dann brauchen wir manchmal gar keinen Streitgegenstand. Wir Menschen kriegen das auch ganz gut so hin. Wie bereits gesagt - ein Blick genügt manchmal - schon hat der "Richter" ein Urteil gesprochen. Ein "echter" Richter  jedenfalls richtet sich aber nach dem Gesetz. Nach was richten wir uns? Nach Sympathie, nach Freundschaft, nach Liebe? Wie beurteilen wir denn in Herzensangelegenheiten?

Auf jeden Fall sind wir bei Menschen, die wir gern haben, nachsichtiger. Beispiel Hoeneß: Die Bayern-Fans waren schneller über die Steueraffäre hinweg als Bayern-Gegner. Man hält also zumeist zu seinen "Leuten", zu seinem Team. Da wird man schnell zum "Anwalt" und beschützt den Angeklagten. Es gibt bestimmt diese Fälle, in denen man schon einmal zu jemandem gehalten hat und ein mildes Urteil über ihn sprach, obwohl er im Nachhinein wirklich im Unrecht war. 

Was es aber auch gibt: Dass man mit zweierlei Maß misst und urteilt. Das heißt: der eine darf etwas, der andere darf genau dasselbe aber nicht. Diese "Doppelmoral" als Beispiel: Wasser predigen und selber Wein "saufen" - also jemanden etwas verbieten und es selbst tun und dann auch noch ein schlechtes Urteil sprechen. Oder den anderen zu etwas zwingen, was man selbst nicht einhalten könnte. Also sollten wir immer mal uns selbst überprüfen: Sind wir oft ein Richter, der zu schnell und vielleicht sogar "rechtswidrig" urteilt? Oder sind wir auch mal ein Anwalt, der sich für ein gutes Urteil einsetzt? 

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - inzwischen hat sie ihr 1. Staatsexamen in der Tasche. Gleichzeitig ist sie Mitarbeiterin bei osthessen-news.de, bezeichnet sich selbst als liberal-theologisch und kommentiert (seit 39 Wochen) in der neuen Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++

 


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