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Streudienst nachts "fast ein Lotteriespiel" - Autofahrer auf sich gestellt?
11.02.14 - Die gestrige Dreifach-Unfall-Serie auf der Bundesstraße 254 auf Höhe des Industriegebiets Fulda-West wirft Fragen auf. Warum war der Bereich spiegelglatt? Wurde in diesem Bereich ausreichend Salz gestreut? Waren die Winterdienste zur richtigen Zeit am richtigen Ort? Hätte der dritte Unfall verhindert werden können? Am Montagmorgen krachte es dreimal innerhalb von zwei Stunden. Die Bilanz: fünf kaputte Fahrzeuge und drei Schwerverletzte - zwischen 5:36 Uhr und 7:25 Uhr.
Erste Anlaufstelle der Recherchen: die Polizei Fulda. "Wir sind nicht zuständig", sagte Martin Schäfer, Sprecher des Polizeipräsidiums Osthessen, auf Nachfrage von osthessen-news.de und verwies an die Straßenmeisterei. Eine Beamtin sagte im Interview vor Ort: "Hier ist es derart glatt, dass man problemlos Schlittschuh laufen könnte!" Beim Eintreffen der ersten Streife wurde sofort der Streudienst alarmiert.
Im zweiten Anlauf gab es eine Antwort. Cornelia Höhl, Pressesprecherin vom Straßen- und Verkehrsmanagement Hessen Mobil aus Schotten, erklärte: "Die Streufahrzeuge waren die ganze Nacht unterwegs." Zuständig für die Bundesstraße am Stadtrand von Fulda ist die Straßenmeisterei Neuhof. Das Protokoll besagte: vor Mitternacht, gegen drei Uhr und um kurz nach sieben Uhr - nach der Anforderung über die Polizei - wurde im Unfallbereich gestreut. Höhl sagte: "Vermutlich hat es am frühen Morgen noch einmal stark angezogen." Vom ersten Unfall um 5:36 Uhr hätte die Behörde keine Kenntnis gehabt. Auch die Polizei wusste davon nichts. Vermutlich entstand bei diesem Alleinunfall nur Sachschaden.
Aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr ON von einem Erlass aus dem hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium, nach dem Streufahrzeuge nur zu bestimmten Zeiten in der Nacht ausrücken sollen. Kostengründe? Darauf fand die Redaktion keine Antwort. "Bundesstraßen halten wir von 06:00 bis 22:00 Uhr befahrbar", teilte Simone Reus von Hessen Mobil aus Wiesbaden mit. "Räum- und Streufahrzeuge können nicht überall gleichzeitig sein - trotz optimierter Routenplanung. Wir müssen bei Streu- und Räumeinsätzen Prioritäten - nach Gefahr und Bedarf - setzen. Verkehrsteilnehmer sind daher aufgefordert, bei winterlichen Straßenverhältnissen ihre Fahrweise anzupassen."
Die Gesetzgebung gibt nach Angaben des Straßen- und Verkehrsmanagements vor, dass die winterlichen Straßen "nach besten Kräften" geräumt und gestreut werden sollen. Winterdienst muss also "nach Eintritt der Glätte", "nur an gefährlichen und verkehrsbedeutsamen Stellen", "nur während der Tagesstunden und innerhalb einer angemessenen Zeit" erfolgen. Gut also, dass jetzt die Autofahrer wissen: nachts können sie sich nicht auf Streudienste verlassen, sondern nur auf ihre Vorsicht und vorausschauendes Fahren. (Christian P. Stadtfeld). +++