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Von wegen Kellerkneipe: REVOLVERHELD spielten im ausverkauften Schlosshof
31.05.14 - Die Welt ist eine Bühne, lautet ein geflügeltes Wort, das viel Wahres in sich birgt. Für so manchen Musiker ist die Bühne die Welt. Aus den versifften, kleinen Kellerclubs, in denen sie vor rund 12 Jahren ihre Bandgeschichte begannen, haben Revolverheld es in den vergangenen Jahren auf große Bühnen geschafft – So auch im Schlosshof am Freitagabend. Dass die Band in der deutschen Popmusik-Szene ein gutes Standing hat, bewiesen die etwa 2.500 Zuschauer: Das Konzert war restlos ausverkauft und auch an der Abendkasse war keine Karte mehr zu bekommen. Pünktlich hatten sich die Wolken gelichtet und einige Sonnenstrahlen sorgten für ideales Open-Air-Wetter.
Als Vorgruppe spielten Rauschenberger. Eigentlich zu viert, waren die Musiker aus Niedersachsen nur in Zweierbesetzung nach Fulda gekommen. Allein mit ihrem Gesang und zwei Gitarren ausgestattet wärmten sie das Publikum mit leichter, deutschsprachiger Rock-Pop-Musik für die Hauptgruppe auf.
"Immer in Bewegung" - So auch das Fuldaer Publikum
Wer Revolverheld aus dem Radio kennt, der ist sich der Massentauglichkeit ihrer Songs sicherlich bewusst. Skeptiker mögen darin zuweilen etwas seichte Schulhof-Poesie sehen, doch live bietet sich da ein vielfältigeres Bild. Musikalisch überzeugten Frontmann Johannes Strate und seine Bandkollegen Kristoffer Hünecke, Niels Grötsch und Jakob Sinn durch Präzision und ansteckende Spielfreude am Freitag wohl auch den einen oder anderen Zweifelnden. Das Publikum tanzte und bewies lautstark Textsicherheit.
Es ist verständlich, dass vor allem die Jüngeren im durchmischten Publikum – von 6 bis 60 dürften alle Altersklassen vertreten gewesen sein – sich mit den Texten der Band identifizieren. Schließlich kommen diese direkt aus ihrer Lebenswelt. Sie handeln vom Leben, von Liebe, den geliebten Kneipen um die Ecke und der Freude am Feiern. Besonders erfreulich und mitreißend sind sie aber vor allem dann, wenn sie frech und laut sind. „Ich werde nie erwachsen" oder „Ich liebe meine Frau und alle anderen Frauen auch" - wieso auch nicht?
Ohne viel Firlefanz präsentierten die Musiker direkte, handgemachte Popmusik und große Nähe zu ihrem Publikum. Eine besondere Sternstunde hatten zwei junge Besucher aus dem Publikum. Bei diesem ersten Konzert ihres Lebens, landeten die Jungs auf der Bühne bei ihren Idolen. Sichtlich aufgeregt und mit einer Capri-Sonne ausgestattet saßen sie zwischen den Musikern und durften einmal ganz nah an sie heran.
Eine besondere Geschichte mit hohem Identifikationspotential hat die bereits etwas ältere Singleauskopplung „Die Welt steht still". Sie entstand, so erzählte Strate am Freitag, zu Studienzeiten. Statt zu einem Seminar zu Jugendsprache zu gehen, hätten die früheren Kommilitonen und heutigen Bandkollegen den Wecker überhört und sich stattdessen zusammengesetzt und diesen Song geschrieben. Das Produkt ist der beste Beweis dafür, dass die Hamburger Jugendsprache trotzdem beherrschen, auch ohne Seminar.
Ein emotionaler Höhepunkt des Open-Air-Konzertes war Strates Solo-Interpretation des Duetts „Halt dich an mir fest". Auch ohne Duett-Partnerin Marta Jandová berührte er das Publikum erkennbar. Auch die aktuelle Single der Hamburger "Ich lass für dich das Licht an" wurde in ihrer Wirkung durch Hunderte leuchtender Smartphones und Feuerzeuge, die den mittlerweile dunklen Schlosshof erstrahlen ließen, unterstützt. Erfreulich war ebenso Strates gesangliche Leistung – glaubhaft und versiert sang er die Songs des rund zweistündigen Programms. Das Publikum verlieh seiner Begeisterung lautstark und langanhaltend Ausdruck und forderte zahlreiche Zugaben ein. Die Menge schien sich einig: Bitte mehr davon! (Sabrina Ilona Teufel)+++