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Im Vordergrund eine Niederlassung der Job AG - im Hintergrund die Agentur für Arbeit in Fulda. - Fotos: Daniel Kister

Arbeitsagenturchef Waldemar Dombrowski (rechts) neben Arbeitsvermittler Konrad Kühn (Mitte) und Markus Kraft, Leiter des Arbeitgeberservices in der Arbeitsagentur.

14.09.07 - Fulda

3200 „Kreis-Fuldaer“ auf der „Zeitarbeitsbrücke“ - oder in der "Lohndrückerei"?

„Es gibt sie, die Schwarzen Schafe unter den Zeitarbeitsfirmen“, sagte der Chef der Fuldaer Bundesarbeitsagentur (BA) Waldemar Dombrowski heute vor Vertretern von insgesamt 15 solcher Arbeitskraft-Verleih-Firmen. Dabei meinte er aber keine der am Morgen in der Arbeitsagentur vertretenen. Diese „seriösen Zeitarbeitsfirmen“ seien im Gegenteil „ein wichtiger Bestandteil auf dem Arbeitsmarkt in Fulda“. Sie spielten zunehmend eine bedeutendere Rolle. Um die Zusammenarbeit auf eine gemeinsame, vertragliche Basis zu stellen, sind Zeitarbeitsfirmen bundesweit eine vertragliche Vereinbarung mit der jeweiligen regionalen Arbeitsagentur eingegangen. Wichtigstes Ziel ist danach die “einheitliche und reibungslose Zusammenarbeit der Agenturen für Arbeit und der Zeitarbeitsfirmen“. Für Fulda wurde die Kooperation heute vorgestellt.

Über 3200 Zeitarbeiter im Kreis Fulda ...

Im Landkreis Fulda waren Ende des letzten Jahres 3200 Menschen sozialversicherungspflichtig bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Im Vergleich zu 2005 sei die Zahl damit um etwa 1000 gestiegen, veranschaulichte Markus Kraft, Leiter des Arbeitgeberservices bei der Bundesagentur für Arbeit den „Boom in der Branche“. Bundesweit habe es 2006 560.000 Zeitarbeiter gegeben.

... auf der „Zeitarbeitsbrücke“?

Knapp 30 Prozent der Zeitarbeiter würden in ein festes Arbeitsverhältnis von dem „Entleihbetrieb“ übernommen. Gerade wegen diesem „Klebeeffekt“ – dem Klebenbleiben im ersten Arbeitsmarkt – sei es der Arbeitsagentur „so wichtig“ mit den Zeitarbeitsfirmen zu kooperieren, erklärten Kraft und Dombrowski. Die Arbeitsagentur sieht in dem Zeitarbeitsmodell also eine Brückenfunktion. „Die Menschen, die bei vorherigen Bewerbungen vielleicht nur dritter oder vierter Sieger waren, erhalten eine Chance“, lobte der Agenturchef. Er hob hervor, dass die Vermittlungsfirmen „unseren Unternehmen bei der zügigen Rekrutierung“ helfen würden.

... oder in der "Lohndrückerei"?

„Betriebe nutzen die Zeitarbeiter zum einen, um Produktionsspitzen abzufangen“, erklärte Frank Roth, Personalleiter der Job AG Fulda. Es gebe aber auch Unternehmen die Zeitarbeit nutzten, um geringere Löhne zahlen zu können und so letztlich Ersparnisse zu erwirtschaften. "Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu erhalten", meint Roth - "Um ihre eigenen Gewinne zu erhöhen", kritisiert IG-Metal-Sekretär Ferdinand Hareter. Er kritisiert zudem, dass immer mehr Vollzeitarbeitsplätze durch Zeitarbeitsplätze ersetzt würden. Die Leiharbeiter seien "jederzeit austauschbar - sei es bei Krankheit oder Widerwort", verurteilt er die Idee der Zeitarbeit. Hareter sagte: "Das ist eine riesen Sauerei und Lohndrückerei. Der Mensch wird auf ganz perfide Art ausgebeutet."

„Tarifverträge unter eigentlichem Niveau“

Wie Experte Roth erklärte, gibt es auch für Leiharbeiter Tarifverträge. Diese lägen aber in der Regel allerdings unter dem Niveau der eigentlichen Branchentarifverträge. Das erklärt sich dadurch, dass auch die Zeitarbeitsfirma, welche die Arbeitskräfte verleiht, Ausgaben hat, die letztlich durch die Arbeit des Zeitarbeiters gedeckt werden müssen.

Laut Roth gibt es drei Tarifverträge, die die Bezahlung von Leiharbeitern festlegt. Einer dieser Verträge habe „geringere Löhne“ festgeschrieben als die übrigen. Andere sprechen von Lohndumping. Auch um „schwarze Schafe“ unter den Zeitarbeitsfirmen - wie Dombrowski sie nannte - zu vertreiben, forderten heute Morgen einige Vertreter der Verleihfirmen einen gesetzlichen Mindestlohn.

Und so funktioniert die "Zeitarbeitsbrücke" bzw. die "Zeitarbeitsausbeutung"

„Bei der Arbeitnehmerüberlassung (Personalleasing, Zeitarbeit) wird ein Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer, Zeitarbeitnehmer) von seinem Arbeitgeber (Verleiher, Zeitarbeitsunternehmen) einem Dritten (Entleiher) zur Arbeitsleistung überlassen“, so erklärt das Internetlexikon Wikipedia das Prinzip der Zeitarbeit. Und die Arbeitsagentur sagt - bundesweit und eben auch in Fulda - solche Zeitarbeitsfirmen „wie alle anderen Unternehmen zu behandeln“.

„Vermittlungsvorschlag in 48 Stunden“

Sicher stellt die Zusammenarbeit mit einer Zeitarbeitfirma aber andere Anforderungen als die mit einem herkömmlichen Unternehmen: vor allem der hohe Zeitdruck und die „schnelle Arbeitsweise“ der Verleiher dürfte einen wesentlichen Unterschied darstellen. „[mit dem Vertrag] soll das Zusammenführen von Bewerbern mit Arbeitgebern der Zeitarbeitsbranche optimiert werden“, heißt es in der Präambel des dreiseitigen Vertrages. Konkreter: Um die Kommunikation zu verbessern, erklärt sich die Arbeitsagentur beispielsweise bereit, über die Arbeitgeber-Hotline telefonisch erreichbar zu sein. Zudem sind „persönliche Ansprechpartner vorgesehen. Die Agentur verpflichtet sich eine „qualifizierte Erstreaktion“ sowie „qualifizierte Vermittlungsvorschläge“ binnen 48 Stunden an die Zeitarbeitsfirmen zu liefern. Zudem soll die Informationstechnologie die Kommunikation sichern bzw. verbessern – etwa durch einen gemeinsamen Arbeitgeber-Account zur Online-Übermittlung von Stellenangeboten an die Bundesagentur.

Die Zeitarbeitsfirmen ihrerseits erklärten sich ebenfalls zu verschiedenen Verpflichtungen bereit. So müssen sie bei Abgabe eines Stellenangebotes an die Arbeitsagentur eine genaue Beschreibung samt Qualifikationsprofil sowie Anagaben zum erzielbaren Arbeitsentgelt und dem ersten regionalen Einsatzort mitliefern.

„Im Prinzip ist das alles nicht viel neues“, fand Lars Stöber von der Zeitarbeitsfirma Randstad Deutschland GmbH & Co. KG. Vielmehr sei das bisher Praktizierte noch mal konkretisiert und in dem Vertrag klar gestellt worden. Dombrowski ergänzte, dass zudem noch mal Verbindlichkeit geschaffen werde. Stöber hofft, dass mehr Mitarbeiter der Arbeitsagentur die Möglichkeit nutzten eine Hospiz (eine Art Praktikum) bei einer Zeitarbeitsfirma zu absolvieren. (Daniel Kister) +++


In einem Kooperationsvertrag zwischen Arbeitsagentur und Zeitarbeitsfirmen soll die Zusammenarbeit auf eine "qualitätsvolle Basis" gestellt werden.





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