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Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller ... - Fotos: Julian Dern

... im Kreuzfeuer der Medien.
24.09.07 - Fulda
Bischofskonferenz: Missbrauchsvorwürfe belasten Bischof MÜLLER (Regensburg)
Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegen den - verhafteten und im Amt abgelösten - katholischen Pfarrer von Riekofen in Bayern hat auch die Eröffnung der Bischofskonferenz in Fulda überschattet. Zahlreiche Kamerateams und Medienvertreter belagerten regelrecht den zuständigen Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller sofort bei dessen Eintreffen im Fuldaer Priesterseminar und konfrontierten ihn mit zum Teil scharf formulierten Fragen zu seiner eigenen Verantwortung in diesem Fall. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann (Mainz) musste unüblicherweise sein traditionelles Pressestatement vor weniger als der Hälfte der anwesenden Journalisten und Fernsehteams beginnen, da die größere Gruppe 40 Meter weiter erst den auskunftsfreudigen Regensburger Bischof umringte, bis sie sich auf das "eigentliche Programm" besannen.
Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen 39-jährigen Priester des Bistums Regensburg. Ihm wird vorgeworfen, einen Ministranten seiner Pfarrei in der Oberpfalz vermutlich sogar mehrere Jahre lang sexuell missbraucht zu haben. Wegen eines solchen Deliktes an zwei Buben war der Geistliche bereits im Jahr 2000 rechtskräftig verurteilt worden. Dies war seinen Vorgesetzten auch bekannt - trotzdem wurde der Seelsorger vom Bistum Regensburg 2004 erneut in der Pfarrseelsorge eingesetzt. Bischof Müller rechtfertigte das - auch heute wieder - mit einem Gutachten, demzufolge der Priester nach einer vierjährigen Therapie als geheilt gegolten habe.
Der Regensburger Oberhirte sprach von "tragischen Ereignissen" in seiner Diözese. Von dem Wiederholungsfall habe nach einem anders lautenden Gutachten niemand ausgehen können. "Der Pfarrer war beliebt und anerkannt in seiner Gemeinde", sagte Bischof Müller, "niemand hat sich das vorstellen können."
Zu dem Missbrauchsfall hatte zuvor der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen eindeutig Stellung bezogen und damit indirekt auch seinen Amtsbruder Müller kritisiert. Als Gastgeber der katholischen Herbstvollversammlung der Bischöfe hatte Algermissen heute Morgen im Radioprogramm BR 2 des Bayerischen Rundfunks unzweideutig erklärt, der beschuldigte und einschlägig vorbestrafte Pfarrer hätte nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen. Zwar habe Regensburgs Bischof Gerhard Ludwig Müller mit seiner Äußerung grundsätzlich Recht , man müsse jedem im Sinn von Jesus eine zweite Chance geben, erklärte Algermissen. „Nur der neue Anfang darf natürlich, wenn so etwas schon einmal passiert ist mit Kindern, nur jenseits von Kindern sein“, sagte der Fuldaer Bischof.
Mit dieser Aussage seines Mitbischofs konfrontiert sagte Müller im Innenhof des Priesterseminars den Journalisten: "Es gibt keine kinder- und jugendfreien Räume. Auch im Altersheim besuchen die Enkel ihre Oma und im Gefängnis kann man den Kindern der Angestellten begegnen." Eigene personelle Konsequenzen aus den Vorwürfen zu ziehen, lehnte Bischof Gerhard Ludwig Müller vor den Medienvertretern heute rundheraus ab: "Das hätte mancher wohl gern", sagte Müller. Er habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, aber: "Hinterher ist man immer klüger".
Bischof Algermissen scheint fest davon auszugehen, dass das Thema auch bei der Herbstvollversammlung besprochen wird. Er hatte dem BR gesagt, die Bischöfe wollten "aus kompetentem Mund hören, was sich da abgespielt hat." Man müsse für einen solchen Priester eine Aufgabe suchen, wo er kontrolliert werde und nicht mehr mit Kindern in Berührung komme.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, wollte sich zu dem Missbrauchsfall und der Kritik an Müller heute nicht konkret äußern: "Auf meine persönliche Stellungnahme kommt es nicht so an - mich interessiert, wie alle anderen das sehen." Ein wenig ließ der Kardinal aber doch durchschimmern - er erwähnte nämlich die von den Bischöfen beschlossenen Leitlinien für Fälle sexuellen Missbrauchs und meinte, wer "sich daran halte", könne wenig falsch machen. Allerdings seien die Leitlinien Empfehlungen und keine Beschlüsse: "Die Bischofskonferenz hat keine Kompetenz einzugreifen, jedes Bistum ist für den Umgang mit solchen Dingen allein verantwortlich."
Er werde am kommenden Freitag, bei der Abschlusspressekonferenz eine Stellungnahme der gesamten Vollversammlung vortragen. Lehmann verwies aber auch darauf, dass man mit dem Thema sowie Vorwürfen "vorsichtig und nicht vorschnell" umgehen solle. "Aus den wenigen Fällen in meinem Bistum in den letzten Jahrzehnten weiß ich, wie schwierig die Behandlung von Missbrauchsfällen ist, wie empfindsam man da sein muss." (ci / gw) +++

...heute Nachmittag im Fuldaer Priesterseminar...

...vor einem Dutzend Mikrofonen und Kameras