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Er schaffte heute - wenn auch knapp - die vierte Amtszeit: Bürgermeister Herbert Diestelmann (SPD) beim heutigen Wahlgang in seinem Wohnort Eudorf... - Fotos: Martin Angelstein

Ihm gelang zwar nicht die Ablösung der SPD und der Einzug ins Rathaus, aber die 47,3 Prozent sind ein sehr beachtliches und überraschendes Ergebnis für die CDU Alsfeld
13.02.05 - Alsfeld
ÜBERRASCHUNG: DIESTELMANN (SPD) bleibt Bürgermeister, aber nur 52,7 %!
Im Rathaus der Fachwerkstadt Alsfeld bleibt nach der heutigen Bürgermeister-Direktwahl alles "beim Alten": der seit 18 Jahren amtierende SPD-Rathauschef Herbert Diestelmann wurde für eine vierte Amtszeit gewählt. Auf den 54-Jährigen "Titelverteidiger" entfielen 52,7 Prozent, vor sechs Jahren hatte er noch 83,9 Prozent geholt. Sein heutiger CDU-"Herausforderer" und 51-jährige Jurist Gerhard Bennemann aus Bad Nauheim war mit dem Slogan "Alsfeld braucht ein neues Gesicht" angetreten. Es reichte zwar nicht für eine Mehrheit, doch immerhin sorgte der Christdemokrat für eine "dicke Überraschung" mit beachtlichen 47,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag heute in Alsfeld nur bei 55 Prozent.
“Die Mehrheit will, dass ich weitermache“, sagte Herbert Diestelmann zu "osthessen-news" heute Abend im Hotel „Zur Erholung“, wo die SPD feierte. Nun wird der Wunsch des 54-jährigen in Erfüllung gehen: den „Jubiläums-Hessentag“ im Jahre 2010 noch als Bürgermeister gestalten und erleben. Auf die Frage, ob das deutlich niedrigere Ergebnis 2005 (31,2 Prozent weniger als 1999) für ihn ein „Wermutstropfen“ sei, reagierte Diestelmann pragmatisch-gelassen und zog Vergleiche zwischen Wahlen und Sportereignissen. Denn entscheidend sei doch, wer als Sieger über die Ziellinie geht. „Ich habe gewonnen, damit ist ein Punkt gesetzt“. Und 5,4 Prozent Unterschied seien ja auch ein Abstand, der etwa beim 100-Meter-Lauf fünf Meter ausmachen könnten.
"...ich betreibe jetzt keine Kaffeesatzleserei"
Die allgemeine politische Lage im Land ist „nicht gerade zugunsten der SPD“. Bürgermeister Diestelmann sagte, er habe aber in den vergangenen Wochen auch festgestellt, dass „...die Zustimmung der Bürger für mich im Allgemeinen größer ist als diese rund 53 Prozent“. Viele Leute gingen eben heutzutage nicht mehr zu Wahlen, die Zeiten hätten sich einfach geändert. „Jede Wahl ist eine einzigartige Entscheidung, nicht wiederholbar. Und ich bin keiner, der zurückblickt oder etwa Kaffeesatzleserei betreibt,“ erklärte Diestelmann auf die Frage, ob er sich einzelne Wahlbezirksergebnisse nochmal anschau. Er werde nun seine Aufmerksamkeit auf die Zukunft und die kommenden Aufgaben richten.
Naturgemäß kam der CDU-Bewerber Gerhard Bennemann zu einer anderen Einschätzung: „Ein gutes Ergebnis, das leider nicht ausreichend war“, sagte er heute Abend zu seinen Prozenten im Restaurant Krone, wo die CDU sich traf. Er freue sich über die hohe Zustimmung der Wähler, zumal „...ein solches Ergebnis eigentlich niemand erwartet hat“. Trotzdem sei er persönlich etwas enttäuscht, dass es nicht „gereicht“ habe: „Mein Eindruck nach den letzten Veranstaltungen war nämlich – das wird eine sehr knappe Entscheidung“. Und da sei doch die Hoffnung auf einen Sieg gewachsen.
"Ich werde nicht in der Versenkung verschwinden"
Zumal er bei seinem Wahlkampf in Alsfeld auch den Eindruck gewonnen habe, dass viele Bürger mit dem Amtsinhaber nicht zufrieden seien – nach Einschätzung von Bennemann liegt das an Diestelmanns „Umgang mit Informationen und seinem Führungsstil“. Auf die Frage, wie es mit ihm selbst und Alsfeld denn nun vielleicht weitergehe, sagte der 51-jährige, er werde weiterhin in Büdingen arbeiten und in der Stadtverordnetenversammlung Bad Nauheim sein. „Ich werde nicht in der Versenkung verschwinden – denn in der Kandidatenzeit habe ich hier viele neue Freunde gewonnen“.
Genau 13.762 Frauen und Männer waren am heutigen Sonntag aufgerufen, zum dritten Mal in der Geschichte der Stadt Alsfeld ihren Bürgermeister direkt zu wählen. Auch dieses Mal hatten die Oberhessen die gleiche Ausgangssituation wie vor sechs und zwölf Jahren: es gab zwei Kandidaten um das Amt des Bürgermeisters: Amtsinhaber Herbert Diestelmann (SPD) und Gerhard Bennemann, den die CDU ins Rennen geschickt hat. Bei den zwei vergangenen Direktwahlen setzte sich "Titelverteidiger" Herbert Diestelmann jeweils deutlich gegen seine Kontrahenten durch. 1993 erreichte er 71,7 Prozent der Stimmen gegen CDU-Bewerber Oswin Veith, vor sechs Jahren 83,9 Prozent gegen Edith Köhn-Müller (Bündnis 90/Die Grünen).
Zwei Mal gleich: Sternzeichen und Studium
Diestelmann, der im kommenden Monat 55 Jahre alt wird, ist seit 1987 Rathauschef in seiner Heimatstadt und strebt seine vierte Amtsperiode an. Nach Abitur und Jurastudium war er beim Bundesfinanzministerium tätig, später Referent der hessischen SPD-Landtagsfraktion und anschließend Hauptabteilungsleiter Allgemeine Landesverwaltung beim Kreis Hersfeld-Rotenburg, ehe er mit der Wahl zum Bürgermeister 1987 nach Alsfeld zurückkehrte, wo er seit 1971 kommunalpolitisch aktiv ist. Seit 1969 Mitglied der SPD, gehörte der ehemalige Juso-Vorsitzende von 1972 bis 1985 der Stadtverordnetenversammlung an, seit 1989 ist er Mitglied des Kreistages, zeitweise als Vorsitzender des Gremiums.
Jurist ist auch "Herausforderer" Gerhard Bennemann, der ebenfalls im März Geburtstag hat und wenige Tage vor Herbert Diestelmann seinen 52. Geburtstag feiert. Der gebürtige Bad Nauheimer studierte Chemie und später Jura, arbeitete später zunächst als selbstständiger Rechtsanwalt und ist derzeit Leiter des Rechtsamtes der Stadt Büdingen. Hervorgetreten ist Gerhard Bennemann als Verfasser und Herausgeber mehrerer kommunalpolitischer Veröffentlichungen. Politisch aktiv ist er seit 1968. Bis 1996 gehörte er der FDP an, zeitweilig als Vorsitzender des Ortsverbandes in Bad Nauheim, wo er seit 1982 auch Mitglied des Stadtparlaments ist. 1996 wechselte er zur CDU und war bis vor wenigen Wochen Vorsitzender der Unions-Fraktion im Stadtparlament.
Neben Jurastudium und Tierkreiszeichen gab es bis heute in der politischen Laufbahn beider eine dritte Parallele zwischen Herbert Diestelmann und Gerhard Bennemann. Beide haben bei Direktwahlen auch bereits einmal den Kürzeren gezogen: Diestelmann bei der Landratswahl im Kreis Frankenberg, Bennemann 1994 bei der Bürgermeisterwahl in Bad Wildungen, seit heute steht es da allerdings 2:3 für Diestelmann. +++

Die Wahlbeteiligung lag heute in Alsfeld bei rund 55 Prozent....


Mit ganz unterschiedlichen Konzepten waren beide Kandidaten in den Wahlkampf gezogen...