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Ein "Meilenstein für die Medizinentwicklung und Patientenversorung" der Region - der Kooperationsvertrag zwischen Klinikum und Herz-Jesu-Krankenhaus samt neuer Gesellschaft für das "Psychiatrische Zentrum" - Bilder: Max Colin Heydenreich

Was lange währt.... die Krankenhauschefs Alexander Schmidtke (links) vom Herz-Jesu-Krankenhaus und Claus-Dieter Schad (Mitte) und der Ärztliche Direktor des Klinikums, Prof. Robert-Matthias Goerig (rechts)
15.07.05 - Fulda
100 Mio.-Euro für "Meilenstein der Medizin": Klinikum + HJK kooperieren
Es war heute Morgen früh um 9 Uhr im Stadtschloss Fulda ein besonderer Termin, der dann folgerichtig auch mit außergewöhnlichen Attributen bedacht wurde: "Meilenstein, neues Kapitel in der Krankenhausversorgung der Region, historischer Moment, Tag der Freude und Erleichterung, Befreiungsschlag, Marathonlauf mit Hürden". All diese Worte stehen eigentlich „nur“ für zwei Verträge, die heute unterschrieben wurden und die regionale Krankenhauslandschaft in den kommenden Jahren dennoch nachhaltig und sichtbar verändern werden – es gibt Erweiterungsbauten und Modernisierungen an beiden Häusern für insgesamt rund 100 Millionen Euro, im Klinikum entstehen neue konzentrierte Kompetenzbereiche und die eklatanten Platzprobleme dort werden beseitigt, das Herz-Jesu-Krankenhaus wird mit einer Hauptabteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie durch die Erweiterung um ein künftiges „Psychiatrisches Versorgungszentrum“ gestärkt. Die Bildung von Schwerpunkten in beiden Krankenhäusern bei gleichzeitiger neuartiger enger Zusammenarbeit sichert nicht nur langfristig die Existenz beider Häuser, sondern führt auf Dauer vielleicht auch – trotz weiterhin „konkurrierender“ Fachabteilungen – zur Entwicklung eines „Wir-Gefühls“.
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte gründeten das Klinikum Fulda und das Herz-Jesu-Krankenhaus eine gemeinsame Gesellschaft. Ziel der gemeinnützigen GmbH: der Betrieb des "Psychiatrischen Versorgungszentrum gGmbH" in Fulda. Außerdem unterzeichneten die Vorstände beider Krankenhäuser zusammen mit der Hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger und Kommunalpolitikern eine Kooperationsvereinbarung, die nicht nur das Bemühen um eine künftig engere Zusammenarbeit beider Häuser festschreibt. Der Vertrag beinhaltet zugleich auch die Zusage des Landes Hessen, in den kommenden Jahren in Fulda insgesamt 100 Millionen Euro für die Krankenhausversorgung zu investieren.
Was nüchtern mit "Schwerpunktbildung" und "Neustrukturierung" umschrieben wird, bedeutet eine deutliche Veränderung im Krankenhauswesen, die sich für Patienten und Klinikmitarbeiter gleichermaßen positiv auswirkt. Die Fakten: die Fachabteilung für Psychiatrie am Klinikum Fulda wird dort ausgegliedert und in einem Neubau am Standort Herz-Jesu-Krankenhauses untergebracht. Die seit Jahren geplante eigene Kinder- und Jugendpsychiatrie soll nun baldmöglichst - zuerst mit einem ambulanten Tagesangebot - in der ehemaligen "Poeschel-Klinik" eingerichtet werden. Am Klinikum wird ein "Mutter-Kind-Zentrum" eingerichtet, das in einem Neubau die Frauenheilkunde und Geburtshilfe räumlich mit der Kinderklinik verbinden soll. Die freiwerdenden Räume der "Erwachsenen-Psychiatrie" und der Gynäkologie im 8. und 9. Stock sollen die drängenden Platzprobleme im Klinikum lösen helfen. Den Versorgungsauftrag für die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie übernimmt das Klinikum künftig, das auch für die Augenheilkunde zuständig ist.
Aber auch das Herz-Jesu-Krankenhaus wird durch den Vertragsabschluss gestärkt: die "Fauenheilkunde und Geburtshilfe" wird leicht aufgestockt und mit 28 Betten dann Hauptabteilung. Dieser Bereich war 2002 von 50 auf 20 Betten reduziert worden und erfährt nun wieder einen Ausbau. Das "Psychiatrische Versorgungszentrum" für Erwachsene kommt - zusätzlich zur schon länger geplanten Kinder- und Jugendpsychiatrie - als neuer Bereich hinzu. Insgesamt wird durch die Vereinbarung mit dem Land auch die Bedeutung und Notwendigkeit eines katholisch geführten Krankenhauses in der Region anerkannt und gesichert.
An der Vertragsunterzeichnung im Stadtschloss nahmen teil: Sozialministerin Silke Lautenschläger, Finanz-Staatssekretär Dr. Walter Arnold, die Generaloberin der Vinzentinerinnen Brunhilde Wehner, die Krankenhauschefs Claus-Dieter Schad vom Klinikum und Alexander Schmidtke vom Herz-Jesu-Krankenhaus, Oberbürgermeister Gerhard Möller, Landrat Fritz Kramer, Bürgermeister Dr. Wolfgang Dippel, 1. Kreisbeigeordneter Bernd Woide, die beiden ärztlichen Krankenhausdirektoren Professor Hans-Joachim Glaser (Herz-Jesu-KH) und Professor Robert-Matthias Goerig, aus dem Sozialministerium der in der Vorbereitung lange engagierte Jürgen Wütscher von der Abteilung Krankenhauswesen sowie der Fuldaer Anwalt und Notar Rudolf Karras und die Regensburger Anwalt Henning Rabe von Pappenheim.
Die insgesamt viereinhalb Jahre dauernden Verhandlungen waren eine „schwere Geburt“. Bereits im Jahr 2002 war zwischen beiden Krankenhäusern ein Kooperationsvertrag geschlossen worden, damals mit anderen und weniger umfangreichen Veränderungen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein Beispiel: die reduzierte Frauenheilkunde-Abteilung des Herz-Jesu-Krankenhauses sollte als „Belegstation“ geführt werden – allerdings fanden sich im Raum Fulda keine niedergelassenen Frauenärzte, die daran Interesse hatten und eine Akzeptanz bei der Patientenschaft fehlte auch. So kam es zu „Nachverhandlungen“ und letztlich einem Ergebnis.
Oberbürgermeister Gerhard Möller erklärte, der Weg der Kooperation sei der „einzig richtige“ und dankte dem Land Hessen für die „deutliche Positionierung“ und dem Finanzstaatssekretär Dr. Walter Arnold (CDU) aus Großenlüder für seinen großen persönlichen Einsatz zugunsten einer Einigung. Landrat Fritz Kramer („...habe hier eine exotische Rolle“) betonte, der Kreis sei nicht mehr Betreiber des Herz-Jesu-Krankenhauses, aber als Grundstückseigentümer habe man das große Grundstück für die Zukunftsentwicklung auf 66 Jahre im Erbbaurecht unentgeldlich bereitgestellt.
Die Generaloberin der Vinzentinerinnen und Geschäftsführerin der St. Vinzenz Krankenhaus gGmbH, Brunhilde Wehner („...ich bin erlöst“) sagte, aus der Vergangenheit heraus seien beide Kliniken immer verwandt gewesen. Da 1834 die ersten Vinzentinerinnen zur Krankenversorgung hierher kamen, sei das städtische Krankenhaus „eigentlich die Wiege des Ordens in Fulda“. 1966 hätten sich die Schwestern aus ihrem Dienst im „Städtischen Krankenhaus“ verabschieden müssen: „Zwischendurch wurden Mauern gebaut – aber jetzt haben wir eine Brücke gebaut von einem Ufer zum anderen“. Staatssekretär Dr. Walter Arnold erklärte, beide Häuser hätten einen exzellenten Ruf, aber bisher keine richtige Zusammenarbeit. Mit den vereinbarten klaren Strukturen werde nun ein neues Kapitel in der Krankenhausversorgung aufgeschlagen und ein „gigantisches Investitionsprogramm“ für die Region gestartet.
Der Vorstandsvorsitzende der Klinikum Fulda gAG, Claus-Dieter Schad, sagte, die „neue Epoche der hochwertigeren Krankenhausversorgung“ gründe sich auf vier Säulen: die strukturelle Schwerpunktsetzung jedes einzelnen Krankenhauses, die „Rundum-Modernisierung“ beider Häuser, das „große Gemeinschaftsunternehmen“ eines psychiatrischen Zentrums mit 150 Betten und 15 – 20 Millionen Euro Umsatz („...das wird zusammenschweißen“) und das Willensbekenntnis, weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu suchen. „Ich bin dankbar, dass wir so stringent gerungen haben für ein hochqualitatives Ergebnis“. Und wenn man alles zusammenzähle, seien die Verträge doch „geradezu in Rekordzeit“ zustande gekommen.
Krankenhausdirektor Alexander Schmidtke vom Herz-Jesu-Krankenhaus dankte allen Mitwirkenden, besonders aber Finanz-Staatssekretär Arnold. Nachdem er in den Verhandlungen die Moderation übernahm, habe er sich mit großem Engagement eingearbeitet und ebenso diplomatisch wie unbeirrt das Vorhaben „zu seiner persönlichen Herausforderung“ gemacht. Mit dem erstmaligen Kooperationsvertrag seien beide Häuser für neue Entwicklungen bestens gerüstet, optimierten die medizinische Qualität der Patientenversorgung und verbesserten durch die aufeinander abgestimmte Gesamtversorgung auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der zwei unabhängigen Krankenhausbetriebe.
Die hessische Sozialministerin Silke Lautenschläger freute sich über den Vertragsabschluss, ließ aber keinen Zweifel an seiner Notwendigkeit: „Der Fuldaer Brückenschlag ist in Hessen kein Sonderfall – wegen des wirtschaftlichen Drucks sind die Krankenhäuser, vor allem kleinere, nicht mehr leistungsfähig, wenn sie nicht anfangen zu kooperieren“. Die Ministerin betonte, es sei wichtig, dass in Hessen Krankenhäuser unteschiedliche Träger, Ausrichtungen und Prägungen, wie die exponiert christliche, ihren Platz in der Zukunft fänden. Warum sich die Verhandlungen nach dem ersten Vertrag 2002 doch länger hinzogen, erklärte Lautenschläger einfach und ehrlich: „Eigentlich will ja jeder seinen Bereich so belassen, wie er ist. Es ist schon eine Anstrengung, umzusortieren - strukturell, personell – und auch zu gucken, hat einer einen Nachteil“. Für Fulda sei eine gute Lösung gefunden.
Als erster Schritt soll am Herz-Jesu-Krankenhaus der schon geplante nächste Abschnitt – ein Neubau parallel zu dem im Mai eröffneten Gebäudetrakt – gebaut werden, für den in den Krankenhausprogrammen des Landes hessen bis 2006 bereits 19,5 Millionen Euro veranschlagt sind. Am Klinikum soll parallel ein neues „Mutter-Kind-Zentrum“ entstehen, dessen Finanzierung durch Landesmittel in Höhe von 9,2 Millionen Euro ebenfalls gesichert ist.
Für den Planungszeitrum 2008 bis 2012 stehen der Neubau der Erwachsenen-, Kinder- und Jugendpsychiatrie am Herz-Jesu-Krankenhaus und am Klinikum die nötige Modernisierung des 30 Jahren alten Hauses an. Kurzfristig und früher wird ein Versorgungsangebot in der ehemaligen „Klinik Dr. Poeschel“ für die Kinder- und Jugendpsychiatrie geschaffen: Tagesklinik und Institutsambulanz sollen möglichst schon in 1 Jahr eröffnet werden. Dies wäre für die jungen Patienten und ihre Eltern eine wichtige Erleichterung – bisher müssen Kinder und Jugendliche für psychiatrische Behandlungen immer noch nach Marburg fahren. +++

Die neue Kooperation ist zwar für die Region eine Besonderheit - aber "kein Sonderfall in Hessen", sagte....

...heute Sozialministerin Silke Lautenschläger - denn zur Existenzsicherung müssen Krankenhäuser verstärkt zusammenarbeiten

Die Generaloberin der Vinzentinerinnen, Brunhilde Wehner, und der Fuldaer Bürgermeister Dr. Wolfgang Dippel unterschreiben

Für seinen großen Einsatz erhielt Finanz-Staatssekretär Dr. Walter Arnold (rechts) aufrichtigen Dank der Beteiligten

Wie bei einer Autogrammstunde...

.... und Fuldas OB Gerhard Möller strahlte

Rechtsanwalt und Notar Rudolf Karras (rechts) prüfte persönlich, dass alles ordnungsgemäß ablief

Der Vorstandsvorsitzende der Klinikum Fulda gGmbH, Claus-Dieter Schad

30 Seiten mit "gesellschaftsrechtlichem Modellcharakter"

Der Geschäftsführer des Herz-Jesu-Krankenhauses, Alexander Schmidtke

Freudiger Stolz bei Landrat Fritz Kramer und gelöste Zufriedenheit bei Generaloberin Schwester Brunhilde

Dr. Walter Arnold (mit Tasse) hat oft Samstags mit den Krankenhausvertretern konferiert - und auch mal gefrühstückt

Der Ärztliche Direktor des Herz-Jesu-Krankenhauses, Professor Hans-Joachim Glaser (rechts) und Jürgen Wütscher (links) vom Sozialministerium...

...der über viele Monate ebenfalls eng und erfolgreich mit den Klinikchefs zusammenarbeitete