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Der Castorzug im Bahnhof von Hünfeld

21.11.05 - Region

Kurze "Rast" des CASTOR-Zuges in Hünfeld - riesiges Sicherheitsaufgebot

Begleitet von vereinzelten Protesten ist der Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll am gestrigen Sonntag quer durch Deutschland in Richtung Zwischenlager Gorleben gerollt. Am Abend musste der Zug seine Fahrt für rund anderthalb Stunden bei Bietigheim-Bissingen in Baden-Württemberg unterbrechen, nachdem nach Polizeiangaben rund ein Dutzend Atomkraftgegner auf den Gleisen demonstriert hatte. Sie wurden festgenommen und ihre Personalien aufgenommen. Der Zug mit den zwölf Castorbehältern aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague hatte gegen Mittag plangemäß die Landesgrenze bei Lauterbourg passiert. Der Castortransport mit zwölf Behältern erreichte Südosthessen am Sonntag gegen 21.30 Uhr und durchlief Hessen störungsfrei bis zum Verlassen in Richtung Göttingen am heutigen Montag gegen 01.25 Uhr.

Der Hochsicherheitszug hatte gegen 22:35 Uhr im Bahnhof der osthessischen Stadt Hünfeld (Kreis Fulda) - und nicht wie bei früheren Transporten im Bahnhof von Bebra - gestoppt. Wie der Präsident des Polizeipräsidiums Osthessen, Gero Kolter, in Hünfeld gegenüber "Osthessen-News" erklärte, sei in Hünfeld ein "planmäßiger Stopp" vorgenommen worden. Während des knapp 30-minütigen Halts wurden Zug- und Sicherheitspersonal gewechselt.

Der Bahnhof von Hünfeld war weiträumig abgesperrt: wie hier standen überall entlang der Fahrtstrecke Sicherheitsstreifen auf den Brücken, um irgendwelche möglichen Störaktionen zu unterbingen. Im atomaren Zwischenlager Gorleben in Niedersachsen soll der Zug am heutigen Montag eintreffen.

Es ist der neunte Castor-Transport nach Gorleben. Die letzte Etappe von knapp 20 Kilometern wird auf der Straße zurücklegen. Dort sind bereits 56 Castoren gelagert, die mit ähnlichen Transporten ins Wendland kamen. Der erste Castor-Behälter erreichte vor einem Jahrzehnt, am 25. April 1995, das Zwischenlager Gorleben.

Kaum Proteste in Osthessen - Demo in Bebra

Die Protestaktionen und Demonstrationen in der Region Osthessen waren für die breite Öffentlichkeit nicht wahrnehmbar. Vor dem Fuldaer Bahnhof hatten sich zeitweise bis zu 30 Leute versammelt und protestierten gegen den Castor-Transport. Im Innenbbereich der Bahnhofshalle klemmten sich am späten Nachmittag mehrere Demonstranten in selbstgebaute Vorrichtungen und beschäftigten eine Zeitlang die Polizei.

In der Eisenbahnerstadt Bebra hatte Bündnis 90/Die Grünen am gestrigen Sonntag unter dem Motto "Kein Strom aus Atom" zu Protesten gegen den Castortransport nach Gorleben aufgerufen. Man hatte damit gerechnet, dass der Transport gegen 16 Uhr durch Bebra rollt, tatsächlich war es dann erst gegen Mitternacht. Zu den Unterstützern der Demo gehörten auch die Friedensinitiative im Landkreis Hersfeld-Rotenburg und der Kreisverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

"Der Castortransport wird sozusagen die erste Amtshandlung der Bundeskanzlerin Merkel sein", sagte Grünen-Sprecher Martin Lüer. In den Koalitionsverhandlungen sei zwischen SPD und CDU zwar vereinbart worden, am Atomkonsens festzuhalten: "Aber wir wollen mehr: Kein Strom aus Atom." Man fordere eine zukunftsorientierte Atompolitik, "die nicht noch mehr Atommüll entstehen lässt." Ferner kämpfen die Grünen nach Angaben Lüers für die Aufgabe der Pläne, "im ungeeigneten Salzstock Gorleben" ein atomares Endlager zu errichten.

Doch das Interesse an der Demo war "sehr gering". Nach Polizeiangaben beteiligten sich im Bahnhof Bebra vier bis sieben Personen an einer bei der Versammlungsbehörde angemeldete Mahnwache und harrten bis zum Zugdurchlauf aus. Es kam zu keinen Störungen.

Seit den Nachmittagsstunden versammelten sich bis zu 25 Castorgegner zu einer Mahnwache in Witzenhausen.

Das Polizeipräsidium Osthessen, mit der Gesamteinsatzleitung für Hessen betraut, konnte in bewährter Zusammenarbeit mit dem Bundespolizeiamt Frankfurt/M. einen reibungslosen Ablauf sicherstellen.

HINTERGRUND: der "Castor"

Der Castor ist ein Spezialcontainer für Atommüll. Für seine Hersteller ist er ein Wunderwerk der Technik, für die Atomgegner das Symbol für die Gefahren der Atomenergie. Das im beladenen Zustand 112 Tonnen schwere Monstrum aus Gusseisen und Stahl, das es in verschiedenen Ausführungen gibt, soll von seiner Konstruktion her sowohl für den Transport als auch für die Lagerung von Atommüll geeignet sein. Die in Glas eingeschmolzenen hochradioaktiven Stoffe aus der Wiederaufbereitung, die zurzeit in zwölf Castoren nach Gorleben transportiert werden, sollen für mindestens 20 Jahre zwischengelagert werden.

So können die kurzlebigen Spaltprodukte, die für die Wärmefreisetzung verantwortlich sind, abklingen. Erst danach ist eine Endlagerung möglich. Nach Angaben der GNB könnten die Behälter, die unter ihrer Außenhaut aus Kühlrippen mehrere Stahlmantelschichten vorweisen, selbst den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs überstehen. Die Hersteller verweisen zudem auf erfolgreiche Crash-Tests und Brandversuche bis zu 1.200 Grad Celsius.

Atomkraftgegner schätzen den Sicherheitsstandard dagegen völlig anders ein. Sie kritisieren, die Tests seien in den 70er und 80er Jahren unter unrealistischen Bedingungen durchgeführt worden. Die Behälter seien weder einem Flugzeugabsturz noch einem Angriff mit Panzerfäusten gewachsen. Außerdem stimmten die heute verwendeten Castor-Behälter in wesentlichen Konstruktionsmerkmalen nicht mehr mit den damals getesteten Castoren überein. Bei einem Unfall könnten nach Meinung der Atomkraftgegner mehrere Quadratkilometer in der Umgebung des Unfallorts radioaktiv verseucht werden. +++


Zwischenfall von Demonstranten im Bahnhof Fulda

Zwölf solcher Behältnisse transportierte der Zug...



...und um 23.02 Uhr ging es nach kurzer Rast wieder weiter Richtung Norden...

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