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Selbst entworfen und unendlich einprägsam: das bis heute unvergessene Enblem der "Eisenberg-Bewegung" 1981 - Fotos: Hans Schmidt

Elisabeth Hillebrand begrüßte die Zuhörer und freute sich über das große Echo, das ihre "Erinnerungsveranstaltung" fand

05.03.06 - Schlitz

"Rettet den Eisenberg"- Erinnerung an Bürgerwiderstand vor 25 Jahren

Der "Schulterschluss" der Region Schlitzerland vor 25 Jahren zur Rettung des Eisenberges wurde bei einer besonderen Erinnerungsveranstaltung wieder lebendig. Die Schilderungen der Zeitzeugen und Aktuere von 1981 machten auch den jüngeren Bürger begreiflich, was sich an bürgerschaftlichem Kampf vor 25 Jahren in der Region abspielte. Welchen Mut die Aktionen erforderten, aber auch, wieviel Spaß die Akteure hatten. Und mit welch einfachen Mitteln man in die ungleiche Auseinandersetzung ging.

Elisabeth Hillebrand hatte am Freitagabend bei ihren Begrüßungsworten allen Grund zur Freude, denn ihre Einladung zur Erinnerungsveranstaltung an die Aktionen, die zur Rettung des Eisenberges vor einer militärischen Nutzung geführt hatten, fand eine sehr große Resonanz. Es war kein Sitzplatz im Gartensaal von Schloß Hallenburg leer geblieben und die Ausstellung in einem anderen Saal ließ sich auch niemand der Anwesenden entgehen. Wer dabei war, konnte miterleben, was die Zeitzeugen von dem gemeinsamen Eintreten der Bürger, der Parteien und der Kirchenvertreter für "ihren Eisenberg" noch alles aus der Erinnerung zu berichten wussten - die Schilderungen ließen die damalige Zeit wieder lebendig werden. Ein Fazit bei vielen Rednern und Teilnehmern der Erinngerungsveranstaltung lautete: Auf die Aktionen und Erfolge sollen und können wir heute noch stolz sein.

Nach den besonderen Grußworten an Kurt Eisenmeier, den Stadtältesten Fritz Kumpf, Pfarrer i. R. Klaus Steckenreuter, Julius Schittenhelm, Prof. Dr. Mertinus Meijering. Dr. Jörg Brehm und Rudolf Mogwitz zitierte Elisabeth Hillebrand einige Passagen der 2003 erfolgten Veröffentlichung von Karin Hämmelmann „ Als mein Vater zur Demo Ging“ und gab den Moderatorinnen des Abends, Nina Kasteleiner und Katharina Karn das Wort. Vor den Beiträgen der Zeitzeugen hatten Kasteleiner und Hillebrand noch daran erinnert, dass im Gebiet des Eisenberges 10.000 Soldaten der westlichen Verbündeten operieren sollten, mit chemischem Waffenarsenal, was damals "ein Leben auf einem Pulverfass mit günstiger Einflugschleife" bedeutet hätte.

Julius Schittenhelm erzählte, als er von den Aktionen und Planungen im Schlitzerland hörte, habe er sofort einen Text geschrieben und in ein Lied komponiert. Der frühere Pfarrer Klaus Steckenreuter schilderte - teils in emotionalen Worten -, wie sich die Pfarrkollegen des Kreises Lauterbach an seine Seite stellten, wie sich die Jugend der Pfarrei Queck engagierte und sich die Verantwortlichen und die Bewohner der Lebensgemeinschaft dafür einsetzten, den Eisenberg vor dem Militär zu retten. "Ob Krahulec, Brehm oder Klee, alle waren sich - auch über Parteigrenzen hinweg - einig zu handeln, wo es nötig gewesen ist".

Die Jugend seiner Kirchengemeinde habe täglich neue Aktionen gestartet und dabei 1.000 Säcke geschnitten und mit dem Eisenberg-Emblem ausgestattet, 4.000 Schreiben am Kirchentag verteilt und 2.500 Unterschriften gesammelt. Am 7. September, als das Schlussfest gefeiert werden konnte, sei man sich einig gewesen, dass nicht das "Gefühl des Sieges", sondern eine "Ermutigung für alle, die nichts machen" ganz oben gestanden habe. Diese Ermutigung, so Steckenreuter abschließend, fehle uns heute auf vielen Ebenen. Es gelte noch immer der Leitspruch: „Wenn viele kleine Leute viele kleine Schritte tun……“.

Professor Mertinus Meijering ging auf bedeutende Erlebnisse in dieser Zeit ein und erinnerte sich an die Frage eines Stern-Journalisten und die Antwort darauf: „Was tun, wenn die Amerikaner den Antrag zur Nutzung des Eisenberges stellen? " - "Dann stimmen wir ein Geschrei an das bis zum Ozean klingt…“ Bis über den Ozean sei sogar "das Sprachrohr Schlitzer Bote" erklungen und von den größten Presseorganen in Amerika Seiten lang zitiert worden. Man habe sogar eine Debatte im Londoner Hyde-Park oder auch in Schlitz mit den Besatzungstruppen führen wollen.

Die Grünen-Abgeordnete Schilling habe zu einer Spaßveranstaltung eingeladen und Spaß an allen Aktionen, darüber waren sich die Zeitzeugen einig, sei sogar der Antriebsmotor für alle Akteure und deren Aktionen gewesen. Sogar seine Frau hatte in dieser bedeutenden Zeit für das Schlitzerland eine Malstube organisiert, aus der wichtige Embleme hervorgegangen sind. In diesem Zusammenhang erinnerte Meijering an die spezielle "Eisenberg-Wildsau".

Rudolf Mogwitz hob hervor, dass der DGB traditionell zu den Friedensaktionen stehe und erinnerte an den Leitspruch: "Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne Frieden nichts". Er wies auf die vorhergehenden großen erfolgreichen Aktionen gegen den geplanten Hubschrauber-Landeplatz in Michelsrombach hin und erinnerte an die Engagements von Frau Wegener und Wilke, die starke Vertreterinnen der Frauen gewesen seien. Der Schulterschluss zwischen vielen Gruppen von damals sei auch bei dem Sternmarsch zu den Rimperswiesen weiter gestärkt worden, als die Existenzangst verbreitet war - genau wie das Gefühl, mit dem Rücken zur Wand zu stehen.

Bei ihm, wie bei allen anderen Rednern des Abends konnte niemand das Gefühl bekommen, dass diese schöne Veranstaltung etwas mit dem Wahlkampf zu tun haben könnte, es wurde nicht im Geringsten ein politisch Andersdenkender ins Visier genommen, genau wie es damals so erfolgreich gewesen ist. An dieser Stelle wies Klaus Steckenreuter auch auf die Gemeinsamkeiten von Kirche und DGB hin, obwohl man ihm damals unterstellt habe, das "Gehalt von Honecker zu bekommen", habe er sich nicht beirren lassen, für die wichtige Sache einzutreten.

Kurt Eisenmeier sagte: "Wir hatten mehr Angst um das Geschaffene, als um die Lebensexistenzen". Panzerkolonnen hätten riesige Schäden verursacht. Mit den Großfamilien der Lebensgemeinschaft habe man überzeugen können, wie nutzlos die militärische Nutzung des betroffenen Gebietes gewesen sei. „Das Gemeinsame, glaube ich, hat mit zum Erfolg gegen eine solche Macht geführt.“ Es habe starken Eindruck gemacht, als man darauf hingewiesen habe, dass "hinter jedem Menschen der Lebensgemeinschaften ein Engel stehe."

Frau Wegener wies abschließend auf die freundschaftlichen Bande hin, die die Frauen mit den Männern beim Mahn-Lagerfeuer auf der Quebst geknüpft hätten. Vor einer kurzen Pause wurde schließlich gemeinsam das Lied der gewaltfreien Aktion Fulda zum Eisenberg - nach der Melodie, „Kein schöner Land in dieser Zeit" -, mit Klavierbegleitung von Eva Volk und gesanglicher Unterstützung durch Nina Kasteleiner, angestimmt.

Nach der Pause, die für einen Besuch der Ausstellung und eine Erfrischung genutzt wurde, konnte Forst-Revierleiter Jürgen Dittner anhand von mehr als 50 aktuellen Fotosgut vor Augen führen, was inzwischen aus dem Schlitzer Hausberg, dem Eisenberg, geworden ist. Dr. Jörg Brehm dankte an dieser Stelle dem engagierten Förster dafür, dass unter dessen Leitung bei der notwendigen fortwirtschaftlichen Nutzung auch der Natur genügend Raum für eine gesunde Entwicklung eingeräumt werde. Seltene Pflanzen treffe der aufmerksame Beobachter dort genau so an wie selten gewordene Tiere.

Es wurde bedauert, dass aufgrund des ungünstigen Winterwetters von der geplanten Wanderung unter der Leitung von Jürgen Dittner zunächst einmal Abstand genommen wurde. Aber welche Ziele man dort anstreben könnte, konnte der Revierleiter mit den Lichtbildern verdeutlichen und auch auf die flächendeckenden Naturverjüngungen und anderes mehr, was den Eisenberg so reizvoll mache, hinweisen

Beim Foto der Kohlenmeiler wies Hans Schmidt darauf hin, dass es aus Sicht der Gebrüder Heggenstaller - aus fortwirtschaftlichen und Sicherheitsgründen - nicht mehr möglich sein wird, die beiden Kohlenmeiler zu sanieren, dass man in Willofs aber Pläne für die Errichtung eines Meilers an gut zugänglicher Stelle habe.(hs)

Zur Erinnerung für die Älteren und zum Kennenlernen für die Jüngeren hier der Text des "Schlitzerländer Kampfgesangs" vor 25 Jahren:

Das Eisenberglied

Der Eisenberg im Schlitzerland,

der ist uns allen wohl bekannt,

dort woll`n sie schießen und uns verdrießen,

dies schöne Land.

Wir wollen keinen Truppenübungsplatz,

unser Protest ist nicht für die Katz,

wir werden uns wehren, denn Wald und die Beeren

sind unser Schatz.

Natur und Heimat sind es wert,

drum ist es heute nicht verkehrt,

dass wir uns finden, und uns verbünden

am Eisenberg.

Wir zünden heut das Feuer an,

damit es jeder sehen kann,

wir leisten Widerstand für unser Schlitzerland

und bleiben dran.

(Text: Die GEWALT FREIE AKTION FULDA - auf die Melodie des Volksliedes "Kein schöner Land in dieser Zeit")


Die Schilderungen der Zeitzeugen schlugen in den Bann: (v.rechts) die Moderatorinnen Katharina Karn und Nina Kasteleiner, Rudolf Mogwitz, der Pfarrer i.R. Klaus Steckenreuter, Prof. Mertinus Meijering, Julius Schittenhelm

Kurt Eisenmeier - er würzte seine persönlichen Erinnerungen mit Humor


Kein Platz war im Gartensaal von Schloss Hallenburg leer geblieben

Eva Volk am Klavier und Nina Kasteleiner begleiteten den Vortrag des "Eisenbergliedes"


Julius Schittenhelm trug das "Eisenberglied" vor - erweckte damit bei vielen Zuhörern sicher persönliche Erinnerungen an den letztlich erfolgreichen Kampf um Berg und Wald

Dr. Jörg Brehm (links) dankte dem Forst-Revierleiter Jürgen Dittner (hinten) für die Darstellung der Entwicklung am Eisenberg und die praktizierte Naturnähe


Für die Streiter gegen eine militärische Nutzung des Schlitzer Hausberges war dieses Stück vor 25 Jahren "Demo-Kluft": einer der vielen Papiersäcke mit dem Eisenberg-Emblem, der von den Akteuren getragen wurde

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