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Die Flußkrebse entwickeln sich prima ...

Untersuchung mit Netz...

07.04.06 - Rhön

Quellen als Lebensraum bedroht - 90 Prozent der Quellen im Offenland "gestört"

Naturschützer aus Bayern, Hessen und Thüringen tauschen gegenseitig Informationen über das Rhöner Wasserleben im allgemeinen, über Artenschutzprojekte, Renaturierungsprojekte und die Erfassung der heimischen Wasserfauna aus. Die Tagung im Groenhoff-Haus auf der Wasserkuppe war vom Verein Naturpark und Biosphärenreservat Bayerische Rhön gemeinsam mit der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates organisiert worden.

Zum Auftakt stellte die Dipl. Geographin Julia Römhild das „Aktionsprogramm Quellen“ des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) in Bayern vor. Anlass des Aktionsprogramms ist die Tatsache, dass bis zu 90 % der Quellen im Offenland gestört sind. Quellen sind ein bundesweit und europaweit bedrohter Lebensraum, den es zu schützen und, wo möglich zu sanieren gilt. Insbesondere über die Sanierung von Quellen gibt es aber bislang wenige Forschungsergebnisse. Ziel des LBV Projektes ist es nun, Grundlagen zu erarbeiten, Datenbanken zusammenzustellen sowie Handreichungen für die Erfassung und Bewertung von Quellen zu erarbeiten. Begleitet wird das Projekt von einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit und dem Versuch, möglichst alle verantwortlichen Akteure einzubinden. Das ehrenamtliche Projekt endet Ende 2006.

Quellenkartierung im Biosphärenreservat Rhön

Einen anderen Weg geht man im bayerischen, hessischen und thüringische Teil des Biosphärenreservates Rhön. Anhand eines Erfassungskonzeptes, das von Stefan Zaenker, Verein der Höhlen- und Karstforscher e.V., entwickelt wurde, kartiert man im Auftrage der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön, die heimischen Quellen. Dabei unterscheidet Zaenker und seine fränkische Kollegin, die Biologin Eva Reichert-Nelkenstock, zwischen Tümpel-, Sturz-, Sickerquelle und gefassten Quellen. Bislang lag der Schwerpunkt der Arbeit in den Kernzonen des Biosphärenreservates Rhön. Diese werden systematisch nach Quellen abgesucht. Für jede wird ein Erfassungsbogen angelegt und die Quelle über GPS eingemessen. Erhoben werden Daten zur Temperatur, dem ph-Wert, der Leitfähigkeit, dem Fließverhalten, dem Bodensubstrat sowie den Tier- und Pflanzengesellschaften.

Hinsichtlich der Gefährdung der Quellen werden Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Besonders spannend sind die Untersuchungen der Fauna. Hier konnte inzwischen eine weltweit neue Art des Muschelkrebses nachgewiesen werden. Häufig ist auch in ungestörten Quellen die Rhönquellschnecke zu finden, ein Relikt der letzten Eiszeit, das nur in Rhön und Vogelsberg überlebt hat. Ein solches Relikt ist auch der Alpenstrudelwurm, der bestes Wasser benötigt und nur dort überlebt hat, wo Quellen seit hunderten von Jahren frei vom menschlichen Einfluss blieben. Die Leidenschaft der Biologen gilt unscheinbaren Tierchen wie zum Beispiel den Wassermilben. Auch hier ist ein Erstnachweis für Deutschland in der Rhön gelungen.

Mit der gleichen Intensität wird nach Höhlenflohkrebsen, Köcherfliegen und Pilzmückenlarven gefahndet. Insgesamt wurden inzwischen über 800 Quellen kartiert und ausgewertet. Dabei konnten 855 Tierarten registriert werden. Da die Bestimmung der Tiere aufwendig und zum Teil nur von internationalen Wissenschaftlern leistbar ist, rechnen die Experten noch mit weiteren interessanten Funden in den nächsten Jahren.

Der nächste Referent, der Biologe Bernd Tombek, richtete das Augenmerk auf die Fischfauna der heimischen Bäche. Vorgestellt wurde ein Kataster der Fischarten, die aktuell oder historisch belegt in der Vergangenheit in den Fließgewässern der fränkischen Rhön vorkommen bzw. vorkamen. In der Forellenregion sind dies insbesondere die Bachforelle, Mühlkoppe, Bachneunauge, Äsche und Ellritze. Eine Besonderheit stellte die Regenbogenforelle dar, die sich nach Aussage vieler Experten in der Sinn selbständig vermehrt. Ebenfalls für die Sinn gibt es Überlieferungen, dass es dort einstmals den Lachs gab. Für die Äschenregion wird insbesondere der sehr empfindliche Schneider aufgelistet. Aber auch Schmerle, Hasel, Döbel und Flussneunauge haben hier ihren Lebensraum.

Die typischen Fischarten für die weiter abwärts gelegenen Bachabschnitte der Barbenregion und Brachsenregion listet das Kartaster ebenfalls auf. Als Fazit der Untersuchung lässt sich feststellen, dass das Artenspektrum umso größer ist, je abwechslungsreicher der Bach sein darf. Eine Besonderheit hat die Schondra aufzuweisen. Hier gibt es die letzten Flussperlmuscheln der fränkischen Rhön. Auch autochthone Stein- und Edelkrebsvorkommen gibt es noch in den fränkischen Bächen. Allerdings besteht auch dort eine Gefährdung durch amerikanische Signalkrebse. Tombek fordert, dass insbesondere die Längsdurchlässigkeit der Fließgewässer hergestellt und illegale Quellschöpfungen geahndet werden. Hinsichtlich der niederschlagsarmen fränkischen Rhön spricht der Referent hier bereits von einen „Kampf ums Wasser“.

Krebsprojekt der Hessischen Rhön

Im Anschluss hieran stellte Martin Kremer von der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates das Krebsprojekt in der hessischen Rhön vor. Seit dem Jahr 2000 arbeitet man hier an der Vermehrung von Edelkrebsen in einer Teichanlage. Parallel dazu gab es eine Vielzahl von Informationsveranstaltungen und Untersuchungen, in wieweit die Gewässer Edelkrebs tauglich sind. Durch Probebefischungen konnte analysiert werden, in welchen Bachsystemen der Amerikanische Signalkrebs, ein Überträger der Krebspest, zu Hause ist. Diese Signalkrebsvorkommen, nachgewiesen in Fulda, Haune, Ulster und Wanne, stellen eine besondere Gefährdung für das Edelkrebs-Artenschutzprojekt dar, da der Deutsche Edelkrebs dieser Krankheit keine Resistenz entgegensetzen kann.

Nach umfangreichen Untersuchungen konnten im Jahre 2004 und 2005 insgesamt über 5000 junge Edelkrebse in acht Rhöner Bächen wie dem Dammersbach, dem Scheppenbach und dem Brandbach ausgebracht werden. Erste Kontrollen in 2005 zeigten, dass die Bestände gut abgewachsen sind und sich halten konnten. Das Projekt wird in 2006 von weiteren Untersuchungen begleitet und gemeinsam von der Oberen Fischereibehörde in Kassel und dem Biosphärenreservat Rhön fortgeführt. Kremer hofft, dass der Deutsche Edelkrebs bald wieder in den Rhöner Bachläufen heimisch ist und parallel dazu, über die Nachzucht in Teichen, auch als Spezialität die Teller der heimischen Gastronomie bereichert.

Bund Naturschutzprojekt „Rhöner Wasserleben“

Dr. Stefan Kneitz von der Kreisgruppe Bund Naturschutz (BN) Bad Kissingen stellt das Umweltbildungsprojekt „Rhöner Wasserleben“ vor. Seit 2004 wird intensiv außerschulische Bildungsarbeit geleistet, unterstützt durch Gelder der Allianzstiftung. Insbesondere für Kinder wird der Lebensraum Wasser erlebbar gemacht. Auch eine Reihe von ehrenamtlichen Mitarbeitern und insbesondere Erzieherinnen wurden geschult. Im vergangenen Jahr konnten bei 25 Veranstaltungen über 1000 Teilnehmer gezählt werden. Mit spannenden Programmen will man jung und alt begeistern: „Wildbachgeheimnis“, „digitale Natur- und Wasserphantasien“, „Wasserlyrik“ oder „Wilde-Wasser-Kunst-Tage“ heißen die Events, die sowohl spielerisch wie auch kreativ für den Lebensraum Wasser sensibilisieren.

Projekt „Rhön im Fluss“

Zum Abschluss der Tagung stellte Matthias Metzger vom Projekt „Rhön im Fluss“ die Aktivitäten des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projektes vor. Ziel und Aufgabe ist es, länderübergreifend seit 2003 im Fließgewässersystem von Ulster, Streu und Brend Revitalisierungsmaßnahmen an den Bächen durchzuführen. Dabei geht es um Gewässerentwicklungsplanungen, Hochwasserrückhaltung, Längsdurchlässigkeit der Fließgewässer, Sicherung von Uferrandstreifen, Beseitigung von Bachbegradigungen und Verbauungen und, wo dies mit Einverständnis der Eigentümer möglich ist, den Rückbau von Drainagen. Inzwischen finden länderübergreifend Projektumsetzungen statt. So wird bei Nordheim ein Bachabschnitt renaturiert. Im Bereich des so genannten Ulstersacks sollen Uferbefestigungen zurückgebaut werden. Im thüringischen Teil werden Bereiche der Ulster renaturiert. Für Wasserrückhaltung wurden Wiesenflächen angekauft. Auch Uferrandstreifen werden aufgekauft. In der bayerischen Rhön wurde ein überflüssig gewordenes Wehr gesprengt, weitere werden zurückgebaut.

Martin Kremer, der die Veranstaltung moderierte, dankte allen Teilnehmern für ihre engagierten Beiträge und regte einen weiteren intensiven Informationsaustausch über die Landesgrenzen hinweg an. In seinem Schlusswort machte er aber auch deutlich, dass die Rhön eine jahrhunderte alte Kulturlandschaft ist, in der manches, was ökologisch wünschenswert wäre, auf Grund der Nutzungsansprüche der Menschen nicht zu leisten ist. Hier den notwendigen Ausgleich zu finden, wird eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft sein. +++

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