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17.10.06 - Herbstein
Schloss Stockhausen: Ein nicht nur fledermausfreundliches Haus
Heute ist es soweit: Das Schloss Stockhausen wird mit einer Plakette als fledermausfreundliches Haus ausgezeichnet. Seit Beginn 2006 zeichnet der Naturschutzbund Hessen (Nabu) Häuser aus, die den possierlichen Insektenvertilgern Unterschlupf gewähren und so einen Beitrag zum Artenschutz leisten. Neben Nabu-Vertretern, wird Erster Kreisbeigeordneter Gerhard Ruhl, Bürgermeister Bernhard Ziegler und eine kleine handzahme Zwergfledermaus der Zeremonie beiwohnen.
Ob die Fledermäuse gleich 1807 eingezogen sind, als das Schloss Stockhausen nach Entwürfen des Architekten Georg Koch aus Rodach fertig gestellt wurde, kann man nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Doch schon bevor das Schloss der Familie Riedesel 1987 von der Darmstädter Michel Stiftung gekauft und an die Gemeinschaft Altenschlirf für Heilpädagogik und Sozialtherapie verpachtet wurde - waren sie da: Zwergfledermäuse und große Mausohren, eine selten gewordene Fledermausart. Im Frühsommer haben sie auf dem Schlossdachboden ihre Wochenstuben eingerichtet und ziehen ihre Jungen groß. Abends kann man die Elterntiere auf der Futterjagd beobachten. Fledermausbeauftragter Thomas Steinke von der Nabu ist Förster und hat langjährige Erfahrungen mit den Flugakrobaten der Nacht – er will ab Sommer 2007 eine Webcam im hoheitlichen Schlossquartier der Fledermäuse anbringen und gemeinsam mit der Gemeinschaft Altenschlirf Vorträge und Abendbeobachtungen ermöglichen.
Denn in diesem Schloss wohnen nicht nur Fledermäuse – Rund 50 Menschen mit Hilfebedarf, leben hier in Familien-ähnlichen Gruppen, unterstützt durch 20 Betreuer und Mitarbeiter. In fünf Werkstätten, bestehend aus Landwirtschaft, Garten, Weberei, Hauswirtschaft und Parkpflege, die den Fledermausdünger vom Dachboden gut gebrauchen kann, wird werktags gearbeitet. Abends wird gemalt, musiziert, an der Gemeinschaftszeitung geschrieben, oder Theater gespielt. Eine Ausdrucksform für sich in der Arbeit und mit den Mitteln der Kunst zu finden ist ein wichtiger Teil des Altenschlirfer Förderansatzes, der auf der Anthroposophie fußt. In regelmäßigen Ausstellungen und Aufführungen, kann man diese künstlerischen Arbeiten bewundern.
Die Gemeinschaft Altenschlirf für Heilpädagogik und Sozialtherapie besteht seit 1981 und betreut etwa 120 Menschen an drei Wohnorten im Vogelsberg. Im Schloss Stockhausen ist neben Werkstätten und Wohnräumen, auch die staatlich anerkannte Fachschule für Sozialwirtschaft, die Siegfried-Pickert-Fachschule für Heilerziehungspflege untergebracht, in der zukünftige Betreuer praxisintegriert ausgebildet werden. Ein Spannendes Umfeld für die nachtaktiven Flugsäuger und ein Beispiel für gutes Zusammenleben von Mensch und Tier.+++