Archiv

Ottmar Erb (59), Meister der Holz und Kunststofftechnik, an seinem neuen Arbeitsplatz im BBZ - Fotos: Daniel Kister

Bernhard Peters, Gesellschafter der Educationcenter BBZ GmbH, berichtet über die geplante Bildungsbedarfsanalyse.

20.10.06 - Fulda

Mit 59 kein "altes Eisen" mehr - Neue Bildungsprojekte im BBZ erfolgreich

Ottmar Erb macht einen zufriedenen, selbstsicheren Eindruck. Er hat Arbeit. Der gelernte Holz- und Kunststofftechnikmeister ist 59 Jahre alt und hat auf der Suche nach einer Stelle viele Bewerbungen verschickt. Zur Antwort bekam er immer, dass er „überqualifiziert“ sei. „In Wirklichkeit meinen sie damit, dass du zu alt bist“, erklärt der Meister. Im Juli nahm er an der Bildungsmaßnahme „Ü-50“ des Berufsbildungszentrums BBZ teil. Diese dauert ein Vierteljahr und richtet sich speziell an ältere Arbeitslose. Anfangs desillusioniert und mit der bangen Frage „Ich bin Ende 50, was will man mit mir tun?“ hat sich sein durch die Arbeitslosigkeit gemindertes Selbstbewusstsein „enorm gesteigert“. „Durch eine Fügung vieler glücklicher Umstände“ wurde er als Mitarbeiter im BBZ als Betreuer eingestellt.

Nicht nur wegen dieser „Erfolgstory“ beurteilten Harald Hahner, Geschäftsführer des BBZ und Waldemar Dombrowsky, Vorsitzender der Arbeitsagentur Fulda bei einer Pressekonferenz gestern in einem ersten Fazit die Maßnahme „Ü-50“ als sehr erfolgreich. Darüber hinaus wurde die Arbeit des Educationcenters BBZ vorgestellt und über eine geplante Bildungsbedarfsanalyse berichtet. Dombrowsky und Hahner verwiesen auf die gute Zusammenarbeit zwischen Arbeitsagentur und BBZ. Diese solle wie bisher mit dem Ziel fortgesetzt werden, Arbeitslose wieder in Arbeit zu bringen.

Im Zeitraum von 2002 bis 2006 wurden im BBZ über 1600 Teilnehmer gefördert. Wie Dombrowsky berichtete, betrug das Fördervolumen sieben Millionen Euro. Bei Jugendlichen dienten insbesondere berufvorbereitende Bildungsmaßnahmen zu einem besseren Einstig ins Berufsleben. Im Erwachsenenbereich seien insbesondere im gewerblichen Gebiet Integrationserfolge zu verzeichnen gewesen. Je nach Zielgruppe habe die Vermittlungsquote zwischen 35 und 100 Prozent gelegen.

Mit 50 keine Chancen im Arbeitsleben? - Eine Maßnahme zur Wiedereingliederung

Die Maßnahme „Ü-50“ richtet sich in erster Linie an ältere Arbeiter, aber auch einige Geringqualifizierte machen mit. „Anfangs haben wir uns gefragt, was zu tun ist und wo Bedarf besteht“, blickt Birgit Mathes, Geschäftsführerin operativ und stellvertretende Leiterin der Agentur für Arbeit zurück. Die Arbeitsmarktzahlen hätten gezeigt, dass ein Mangel an Facharbeitern herrsche. Dieser Ansatz führte dazu, dass seit Juli dieses Jahres den Teilnehmern in Übungswerkstätten qualifizierende Kenntnisse in den Bereichen Metall-, Elektro-, Holz, Fahrzeug- und Schweißtechnik beigebracht werden. Dafür gehen die Arbeitslosen ein Vierteljahr lang täglich in die Petersberger Einrichtung in der Goerdelerstraße 139.

Nicht alle Geschichten enden so glücklich wie die von Ottmar Erb. Und nicht alle Teilnehmer finden wieder Arbeit. Von den 45 Personen, die an der Maßnahme teilgenommen haben, konnten bis jetzt etwa 20 Prozent in den Arbeitsmarkt vermittelt werden, berichtet Mathes. Sie schätzt, insgesamt 30 bis 50 Prozent der Teilnehmer integrieren zu können. Die größten Chancen zur Wiedereingliederung in den Beruf hätten jene, die in der Schweißwerkstatt lernen. Hier läge die Chance auf Arbeit bei fast 100 Prozent.

„Anfangs waren die älteren Teilnehmer angesichts schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit sehr skeptisch. Vielen waren der Ansicht, dass für sie das Arbeitsleben vorbei sei“, schildert Anja Schwing, Mitarbeiterin im „Ü-50“ Projekt, ihre Beobachtungen. Die Stimmung in der Gruppe sei aber schon bald umgeschwenkt. Die „Ü-50-Leute“ seien schnell „sehr, sehr motiviert“ gewesen. Durch das regelmäßige Aufstehen und Lernen hätten sie sich nicht mehr "hängen lassen". Die erste Woche begann mit einer Einführungswoche. Ab der zweiten Woche haben die Arbeitslosen dann je nach Vorkenntnissen mit der Arbeit in den verschiedenen Werkstätten begonnen. „Die Arbeit ist fachlich hochgegriffen; man lernt was“, berichtet Wolfgang Orth (49), der in der Elektrowerkstatt Schaltungen baut.

„Hier bekommt man Perspektiven gezeigt. Ich war plötzlich wieder motiviert“, formuliert Erb mit Zuversicht und Freude in seiner Stimme. Wegen eines Krankheitsausfalls in der Bildungsanstalt und wegen seiner Vorkenntnisse kann er nun selber als Betreuer arbeiten. „Anfangs war er desillusioniert; beim Beschreiben der Maschinen in der Werkstatt ist er aufgeblüht. Er begann in der Werkstatt geradezu zu dozieren. Seine Liebe zum Beruf wurde deutlich“, erinnerte sich Anja Schwing an ihren neuen Kollegen.

Allerdings wird die Maßnahme nicht wiederholt. In nächster Zeit wolle man sich vorrangig anderen Gruppen verstärkt zuwenden. Frank Unger, Bereichsleiter der Agentur für Arbeit Fulda, erklärt hierzu: „Unser Projekt ist ein Tagesprojekt.“ Damit weist er darauf hin, dass alle Arbeitssuchenden unabhängig von speziellen Maßnahmen „tagesaktuell“ betreut würden.

Bildungsbedarfsanalyse - "exaktere Bildungsplanung"

Der Vorstandsvorsitzende der Educationtrend AG, Bernhard Peters, informierte über eine Bildungbedarfssanalyse, die im Dezember dieses Jahres fertig gestellt werden soll. Hintergrund der Analyse sei der sich wandelnde Arbeitsmarkt, der bedarfsgerechte Aus- und Weiterbildung verlange. So sei die Arbeitswelt von morgen durch vier zentrale Trends geprägt: „Wirtschaftlicher Strukturwandel, Neue Technologien, Globalisierung und Demografischer Wandel“, zählte Bernhard Peters auf.

Die bundesweit einmalige Umfrage soll zeigen, welche Auszubildenden und Fachkräfte in der Region benötigt werden. Außerdem soll herausgestellt werden, welche Kompetenzen für welche Zielgruppe in den Unternehmen benötigt werden. Letztlich soll der nötige Budgetumfang für Weiterbildung und Defizite bei vorhandenen Angeboten der Fortbildung offensichtlich werden.

Nach einer ersten Analyse des Arbeitsmarktes werde der Bildungsbedarf in der Region herausgestellt. Dazu sollen 2000 Unternehmen mit einbezogen werden. Das letztliche Ziel ist eine Handlungsempfehlung und Strategie für die Region. Die Gesamtkosten für das Projekt betragen 80.000 Euro.

Auf Grundlage der Ergebnisse könne die Agentur für Arbeit eine bessere Beratung bieten, berichtete Dombrowsky: „Eine exaktere Bildungsplanung ist ein großer Vorteil.“ Letztlich erhofft sich Harald Hahner einen Standortvorteil für die Region, weil Betriebe durch eine passende Anzahl ausgebildeter Fachkräfte weniger Ausfälle zu erwarten hätten.

Was ist das Berufsbildungszentrum BBZ?

Das Petersberger Berufsbildungszentrum (BBZ) ist seit 1. September dieses Jahres privatisiert. Insgesamt arbeiten dort rund 60 Angestellte; darüber hinaus kommen etwa 220 freie Dozenten zum Einsatz. Pro Tag werden etwa 450 Teilnehmer im Tagesbereich unterrichtet, weitere 350 berufsbegleitend. Die Einrichtung bietet überbetriebliche Lehrunterweisungen, Jugendmaßnahmen, Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung sowie Seminare und Forschungsprojekte an. (Weitere Informationen auch über die Kernaufgaben des BBZ finden Leser hier: http://www.osthessen-news.de/beitrag.php?id=1127493 und hier: http://www.bbz-fulda.de ).

Harald Hahner betont die Zertifizierung der Bildungsanstalt und dass „das BBZ mit bester Ausstattung“ eine wichtige Aufgabe erfülle. Die Region Osthessen benötige weiterhin gute Facharbeiter. Daraus, dass die Arbeitswelt in einen Fachkräftemangel hineinlaufe, ergäben sich Chancen. Der Geschäftsführer verwies auf die hohe Vermittlungsquote. So könnten 80 Prozent der an BBZ-Maßnahmen teilnehmenden Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt integriert werden. Damit sei die geringe Arbeitslosigkeit in der Region auch ein Verdienst des BBZ, findet Hahner. (Daniel Kister) +++


Waldemar Dombrowsky, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Fulda, betont die "sehr gute Zusammenarbeit" seiner Agentur mit dem BBZ

Harald Hahner, Geschäftsführer des BBZ im Bereich Ausbildung.


Anja Schwing, Mitarbeiterin der "Ü-50"-Maßnahme berichtete über die guten Erfahrungen mit den Teilnehmern: "Die Älteren wurden schnell sehr motiviert."

Gruppenbild vor dem Gebäude des BBZ (v. links): Lothar Leiphold, Harald Hahner, Waldemar Dombrowsky, Bernhard Peters, Anja Schwing, Martin Lorenz, Geschäftsführer im Bereich Verwaltung und Rechnungswesen, Birgit Mathes, Frank Unger, und Reiner Weppler.


In den Werkstätten arbeiten und lernen Jugendliche. Die Tätigkeit im BBZ ergänzt die praktische Ausbildung in den Ausbildungsberufen; ist aber kein Ersatz für die Berufsschule

Nicht nur die Jüngeren....


...auch die Älteren lernen und arbeiten an Schaltungen.

Durch die Bildungsmaßnahme des BBZ "Ü-50" sollen ältere Arbeitslose wieder in den ersten Arbeitsmarkt intigriert werden.


Die Teilnehmer scheinen zufrieden. Die Initiatoren hoffen bis zu 50 Prozent der Teilnehmer in Arbeit bringen zu können.

Ottmar Erb nahm an der Maßnahme teil und wurde im BBZ als Betreuer eingestellt. Er spricht von einer "Fügung glücklicher Umstände".


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön