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Die SL-Landesversammlung im Parkholte Kolpinghaus Fulda

Wiedergewählt: Landesobmann Herold
15.04.07 - Fulda
"Brückenbauer und Mittlerin" - Landeskonferenz Sudetendeutsche Landsmannschaft
Die politischen Positionen der Sudentendeutschen Landsmannschaft (SL) waren noch nie so öffentlich akzeptiert und beachtet wie heute. Darauf hat am Samstag SL-Landesobmann Alfred Herold bei der ganztägigen hessischen Landesversammlung dieser Volksgruppe hingewiesen. Versammlungspräsident Reinfried Vogler mahnte neue Schwerpunkte für die Arbeit an: die Arbeit für Völkerverständigung und Frieden müssten wieder stärker nach außen gerichtet und mehr junge Leute für das Thema Recht auf Heimat interessiert werden. Gute Instrumente seien mehr Reisen in die Heimatort, Aufbau stärkerer Kontakte in der Tschechischen Republik und die Umwandlung der Arbeit einer Massenorganisation in ein Netzwerk aus kleineren Kadergruppen. Der 75-jährige Landesobmann (Landesvorsitzender) Alfred Herold aus Hainburg (bei Offenbach) wurde fast einstimmig auf 2 Jahre wiedergewählt. Er ist seit 1981 im Amt und damit der „dienstälteste“ Landesobmann einer Landsmannschaft in Deutschland.
"Die Ziele unserer Organisation sind nicht rückwärtsgerichtet" erklärten Sprecher. Immerhin seien im Zuge der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1946 fast 400.000 Sudetendeutsche aus dem Sudetenland , damals Tschechoslowakei, nach Hessen gekommen. "Bei der Gestaltung der Zukunft darf die V ergangenheit nicht verdrängt werden" mante der Präsident der SL-Landesversammlung, Reinfried Vogler.
Es komme darauf an, die "Vergangenheit in einem friedlichen Prozess aufzuarbeiten". Das Thema Vertreibung sei heute in der Welt hochaktuell. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft fordere ein weltweites Vertreibungsverbot. Als oberste Grundsätze nannte Vogler das Bekenntnis zu den Menschenrechten, zum Selbstbestimmungsrecht der Völker und zum Recht auf die Heimat. Vertreibungen müssten weltweit geächtet werden. Auf Grund ihres Schicksals sei die Sudetendeutsche Landsmannschaft prädestiniert, als Brückenbauer und als Mittler zwischen den Völkern zu wirken.
Der Fuldaer Stadtrat Wolfgang Arnold (CDU) lobte in seinem Grußwort die Aufbauleistung der deutschen Heimatvertriebenen, insbesondere der Sudetendeutschen. in Fulda. Sie seien nicht zum „sozialen Sprengstoff“ geworden, sondern sie hätten tatkräftig die Bundesrepublik Deutschland mit aufgebaut. Er trat für die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts und des Rechts auf die Heimat ein.
Auch der CDU-Kreistagsvorsitzender Franz Rupprecht, selbst Heimatvertriebener, verwies auf das leidvolle Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen. Weiter sagte er:“ Wir Heimatvertriebenen sind Mittler und Brückenbauer. Eine Versöhnung kann nur auf der Grundlage der geschichtlichen Wahrheit erfolgen. Auch der Vorsitzende des DRK-Kreisverbandes Fulda, Ebert, stellt sich auf die Seite der Vertriebenenverbände. Er trat dafür ein, die Unrechtsfolgen der Vertreibung zu beseitigen.
Landesobmann Alfred Herold - der am Nachmittag fast einstimmig wiedergewählt wurde, dieses Amt seit 1981ununterbrochen ausübt und damit Deutschlands dienstältester Landesobmann ist - legte der Konferenz auch einen Bericht über die Aktivitäten der Landsmannschaft im vergangenen Jahr. Hier verwies er auf die Großveranstaltung am 5. Februar 2006 in Weilburg ,anlässlich des Eintreffens des ersten Vertriebenentransportes in Hessen am 4. Februar 1946 sowie auf die Veranstaltungen „Hessen – 60 stolze Jahre“. Das habe auch dazu beigetragen, dass das Thema Vertreibung wieder in das öffentliche Bewusstsein gekommen sei. Die Eingliederung der Heimatvertriebenen in Hessen bezeichnete der Landesobmann als die größte Gemeinschaftsleistung nach dem Zweiten Weltkrieg. Er dankte der Bevölkerung für das entgegengebrachte Verständnis.
Herold rief in diesem Zusammenhang die Vertriebenenverbände auf, weiter zusammenzustehen. Dabei komme der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Bund der Vertriebenen große Bedeutung zu. Der Landesobmann sprach auch der Hessischen Landesregierung, insbesondere Ministerpräsident Roland Koch sowie Sozialministerin Silke Lautenschläger, großen Dank für die "tolle Unterstützung" (ideell und materiell) aus. "Die Vertriebenenorganisationen sind heute so glaubwürdig wie noch nie in den vergangenen 50 Jahren". Dazu beigetragen habe sicherlich auch die breite Berichterstattung in den Medien, die sich außerdem in Dokumentationen und Spielfilmen dem Thema "Flucht und Vertreibung" angenommen hätten.
Es wurden auch verdiente Mitarbeiter ausgezeichnet. Das Große Ehrenzeichen der Sudetendeutschen Landsmannschaft erhielten Otto Riedl (Löhnberg bei Weilburg) und Rudolf Krämling (Büdingen).
Die Frage nach der aktuellen Mitgliederzahl in Hessen konnte Landesobmann Herold allerdings auf Nachfrage von "Osthessen-News" unter Hinweis auf die 30 bestehenden Kreisgruppen in Hessen nicht beantworten. "Das ist schwierig, denn wir haben Familienmitgliedschaften - und das ändert sich ständig". Eine Angabe allerdings machte Herold wörtlich: " Vor 40 Jahren hatten wir doppelt so viele Mitglieder wie heute".
Am Ende ihrer Landesversammlung forderten die 100 Delegierten in einer Entschließung die Tschechische Regierung erneut auf, mit der Bundesregierung ein Abkommen über die würdige Bestattung von Zivilpersonen zu schließen, die nach dem Zweiten Weltkrieg bei Massakern getötet wurden. Die Verweigerungshaltung der tschechischen Seite sei nicht akzeptabel – europäische Kulturnationen seien ihren Toten eine würdige Beisetzung schuldig.
DIE ENTSCHLIESSUNG (im Wortlaut)
Die in Fulda versammelten Delegierten der Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft fordern die Regierung der Tschechischen Republik mit großem Nachdruck auf, mit der Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über die würdige Bestattung von Zivilpersonen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Tschechoslowakei Opfer grausamer Exzesse wurden, zu schließen. Die Delegieren üben Kritik an der Verweigerungshaltung der tschechischen Seite. Ein derartiges Abkommen wurde bereits mehrmals von der Landesversammlung angemahnt. Die Delegierten weisen darauf hin, dass bereits im Jahre 2003 alle Fraktionen des Deutschen Bundestages die würdige Bestattung dieser Opfer unterstützten.
Sie stellen dazu fest: Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden durch Angehörige der tschechoslowakischen Armee, durch Aufständische und durch Zivilpersonen Massaker unter der deutschen Zivilbevölkerung statt. Zu nennen sind beispielsweise die Massenmorde in Postelberg und in der Umgebung von Teplitz. Diese Opfer von Terror und Gewalt wurden nach Zeitzeugenberichten außerhalb der Friedhöfe in Massengräbern verscharrt.
Die Delegierten heben weiter besonders hervor: Mit unserer Forderung soll keine Anklage gegen das tschechische Volk erhoben werden. Schuld ist immer individuell. Europäische Kulturnationen sind es ihren Toten schuldig, dass sie würdig beigesetzt werden. Der bisherige Rechtszustand verstößt gegen die Würde der Opfer. Die Delegierten danken dem Stadtrat von Hultschin für seine Bereitschaft für die Gebeine von über 4.000 Opfern, die in einer Halle in Aussig lagerten und später auf eine Militärgelände überführt wurden, eine würdige Ruhestätte zu schaffen.
Sie verurteilen aufs Schärfste die Aufforderung des „Zusammenschlusses tschechischer Grenzsoldaten“ (KCP) dieses Vorhaben nicht zuzulassen, insbesondere die Äußerung des Vorsitzenden der KPC Jan Gara, dieses Projekt sei ein Versuch die Folgen des Zweiten Weltkriegs zugunsten der Besiegten umzukehren. Die Delegierten begrüßen die Strafverfolgung von Verbrechen an Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg durch die tschechische Justiz nach einem Rechtshilfeabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland. Sie rügen jedoch, dass im Rahmen dieser Ermittlungsverfahren keine Exhumierung der Opfer vorgenommen wird.
Sie danken auch den Initiatoren der Wanderausstellung über Verbrechen an Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, die in nordböhmischen Städten gezeigt wird. Die Delegierten fordern weiter die Aufhebung des so genannten Straffreistellungsgesetzes vom 8. Mai 1946, wonach Straftaten an Deutschen, die in der Zeit vom 30.September 1938 bis 28. Oktober 1945 begangen wurden, straffrei bleiben, auch wenn sie nach geltendem Recht strafbar gewesen wären. Ein solches Gesetz verstößt gegen die europäische Rechts- und Werteordnung.
Fulda, den 14. April 2007 " +++

Ehrungen: Otto Riedl (2.v.li) und Rudolf Krämling (2.v.re).

Grußworte: Kreistagsvorsitzender Rupprecht (links) und Stadtrat Arnold.


SL-Versammlungspräsident Reinfried Vogler

Die Entschließung...

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