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Eine echte Rarität, das Fulda-Mobil

10.02.08 - Motten

Mit dem Käfer fings an - Oldtimer-Fan mit Leib und Seele: Matthias JESTÄDT

Kotflügel an Kotflügel parken Cadillacs, Corvette, Pagoden, Mercedes- Adenauer, Ford – Mercury, Rolls-Royce. In der riesigen Garage von Matthias in Motten stehen an die 20 Oldtimer. „Mit einem VW Käfer fing es an“, erzählt der gebürtige Fuldaer über seine Oldtimerleidenschaft, die ihn beim Maschinenbaustudium vor dreißig Jahren packte und seither nicht mehr los ließ. Ein Hauch von Eleganz und Luxus, gepaart mit einem feinen Odeur aus Lack und Öl, umweht in der Fahrzeughalle die Welt edler Sammlerstücke. Wenn andere zum Wochenendausflug rüsten, gilt Jestädts Augenmerk den Motoren unter chic geschneiderten Bleckkleidern. Zwölf Modelle sind in der Werkstatt im unterfränksichen Motten nicht weit von Fulda aufbereitet worden, glänzen nicht nur wie neu, sondern sind natürlich alle fahrbereit. In benachbarten Scheunen warten weitere Veteranen auf eine detailgetreue rundum Erneuerung, verrät der selbstständige Ingenieur und KFZ-Sachverständige Jestädt.

Vor vierzig Jahren ließ ihn die Liebe in Motten heimisch werden. Zug um Zug wurde die vormalige Schreinerei seines Schwiegervaters zur Fahrzeughalle umfunktioniert. Jede freie Minute widmet er seither den schmucken Oldtimern. Mit den ersten Frühlingssonnenstrahlen, während der Sommermonate bis in den späten Herbst, startet eine glänzend polierte Fahrzeugparade zu Ausfahrten, beispielsweise zur Bocksbeutel - Rallye in Hammelburg oder zu anderen Oldtimertreffen.

Stets ziehen die alten Sportwagen und Nobelveteranen aus Motten, bei ihren Touren quer über die Landstraßen der Region, bewundernde Blicke nach sich. „Wie eine Art Betriebsausflug“, umreißt Jestädt die Wochenendtouren, bei denen nicht nur der Chef selbst hinter dem Steuer sitzt. Auch den Mitarbeiter des Ingenieur- und Sachverständigenbüros in Motten bietet sich die Gelegenheit, für kurze Zeit dem Alltagstrott zu entfliehen. Dann dürfen sie selbst einmal auf das Gaspedal treten und in der Nostalgie von Viertakt- und Sechszylinder- Motoren, Reifen und Rädern zu schwelgen.

Doch nicht nur bei Ausfahrten glänzen die Oldtimer. Auch für zahlreiche Hochzeitspaare erfüllte sich ein Traum aus Lack und Chrom und eine der edlen Karossen, etwa ein silberfarbener Mercedes - Benz 300, Modell Adenauer, zum Traualtar chauffiert wruden.

„Ich sammle was schön und günstig ist, völlig unabhängig vom Fahrzeugtyp“, weist der Oldtimerfreund zu einem Cadillac mit pinkfarbener Karosserie. Bei einem Aufenthalt in den USA stieß Jestädt mehr oder weniger zufällig auf das Auto, sozusagen im „vorbeifahren“, schmunzelt er. Da habe er die „rosa Flosse“ in einer Scheune erkannt. Im Gespräch mit dem Tankwart, stellte sich wenig später heraus, dass dieser gleichsam der Besitzer des Wagens, mit dem auffälligen Lackkleid, war. Das Fahrzeug stand zum Verkauf und rasch wurde man sich handelseinig. Wieder zurück aus den Staaten, wurde der Cadillac von Grund auf „aufgemöbelt“. Bei jeder kleinsten Reparatur legt der Autofreak Jestädt höchsten Wert auf detailgetreue Restaurierung. Farbe, Verchromung, Firmenlogo, Innenausstattung, alles ist dem Original exakt nachempfunden.

So auch bei einem Mercedes 10 V Caprio B. „Den kriegst du nie wieder hin“, erinnert sich Jestädt noch heute an die Worte der Kollegen von damals, als er, mit dem total maroden Mercedes auf einem Anhänger, im Hof des Betriebsgeländes ankam. Die Rarität fristete in einer Scheune, in der Region, ein Schattendasein. Fahrer- und Beifahrertüren waren nicht mehr auffindbar, das Verdeckgestell demontiert, die Karosserie Opfer von Rostfraß und im Cockpit nisteten die Hühner. Die Restauration erforderte einen immensen Zeitaufwand. „Etwa viertausend Arbeitsstunden stecken da schon drin“. Die Beschaffung von Teilen oder ein Nachbau können recht teuer sein. „Türen und Kotflügel des Mercedes wurden in Tschechien per Hand gefertigt“, erzählt Jestädt. Bis das Modell in seinem heutigen Glanz erstrahlen konnte, zogen ein paar Jahre ins Land. Nun warten 36 Pferdestärken auf die nächste Ausfahrt.

Weit mehr Pferdestärken schlummern unter der blank polierten Motorhaube eines Rolls-Royce Corniche Cabrio, Baujahr 1978, Jestädts Favorit unter den Oldtimern. „Die Leistung solcher Motoren wird vom Hersteller im Fahrzeugbrief stets mit ausreichend angegeben“, ist es nach wie vor Privileg des Traditionsunternehmen Rolls-Royce, dessen Wurzeln im Bau luxuriöser Automobile siedeln, die tatsächliche Motorleistung nach den Ansprüchen der Kunden auszurichten. Mitte letzten Jahres erstand Jestädt das Nobelauto in Holland und der Renovierungsaufwand hielt sich in Grenzen.

Ganz anders hingegen bei einem Fulda-Mobil, Baujahr 1955, einer echten Rarität. In den sechziger Jahren wurde das Fulda-Mobil bei der Elektromaschinenbau GmbH, der heutigen Firma Technikhaus Dipl.-Ing. V. Schmitt GmbH in Fulda entwickelt und gebaut. Die Gesamtstückzahl betrug etwa 7.000 Stück. Der Konstrukteur des Vehikel, Norbert Stevenson, versah es mit einem sogenannten „negativen Lenkrollradius“, womit ein deutliches Mehr an Fahrstabilität erreicht wurde. Erst 1958 erkannte man die Tragweite dieser Erfindung und lies dies patentieren.

Anfang der 70-er Jahre griff die Firma Audi in seinem Modell 80 dieses bewährte Prinzip wieder auf. Heute weisen beinahe alle Fahrzeuge mit Frontantrieb und rund ein Drittel der Autos mit Heckantrieb dieses Prinzip auf. Unter dem Namen „King“ wurde das Fulda-Mobil nach Schweden exportiert und als „Bambi“ war es in Chile zu erwerben. In Griechenland hieß das Auto zunächst „Attica“, dann „Alta. Bis 1975 lief die Fertigung des „Benjamin“, dem Dreirad aus dem Hause der Elektromaschinenbau GmbH.

Solch Raritäten, wie sie Jestädt seit über einem viertel Jahrhundert, restauriert, hegt und pflegt, bleiben wahren Autofreaks nicht verborgen. „Immer häufiger melden sich Oldtimerfans, um selbst einen Blick auf die Fahrzeuge zu werfen“, freut sich Jestädt und er verrät seine Zukunftsvision um eine Art „Privatmuseum“, einer großen Halle, mit breitem Solardach, wo die blank polierten Karossen. Sommer wie Winter ausgestellt werden können. (Rosalinde Schwarz). +++


Cadillac pink aus USA, Beschreibung im Text, Pokale im Hintergrund, Ehrungen und Auszeichnungen zahlreicher erfolgreich gefahrener Rallys.

Mercedes 170 V Caprio B, das B bezeichnet „Viersitzer“, A würde für „Zweisitzer“ stehen. Beschreibung im Text, aus einer Scheune.


Modell 170 V vor der Restaurierung,

Hühner nisteten im Cockpit


Modell Mercedes Benz 300 Adenauer, wird häufig für Fahrten ins Eheglück geordert.

Matthias Jestädt mit seinem Favoriten, einem Rolls-Royce Corniche Caprio, das er im vergangener Sommer in Holland erwerben konnte


Auf der Fensterbank am Schreibtisch von Jestädt, die Oldtimerparade im Kleinformat.

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