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14.04.08 - Fulda

KTBL-Tage 2008: Lösungsansätze vorgestellt - wie Energie sparen sich rechnet

Die Landwirtschaft ist gefordert: Sie soll mit fossilen Ressourcen möglichst sparsam umgehen und ihre Emissionen dem Klima zuliebe verringern. Doch nicht immer ist das energieeffizienteste Produktionsverfahren auch das ökonomisch interessanteste. Wie kann man diesen Konflikt lösen? Mehr als 20 Referenten aus Wissenschaft, Politik und Industrie stellten sich dieser Frage auf den KTBL-Tagen (Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V.) 2008 in Fulda. Sie präsentierten den 160 Teilenehmern den aktuellen Wissensstand zum Thema "Energieeffiziente Landwirtschaft" aus den Bereichen Pflanzenbau, Tierhaltung und regenerative Energien. Sie zeigten, wie die Landwirtschaft Energie sparen und effizienter einsetzen kann.

Pflanzenbau

Im Pflanzenbau standen energetische Bewertungen der Nährstoffversorgung und des Pflanzenschutzes im Mittelpunkt. Um den Energieeinsatz in der Landwirtschaft bewerten zu können, müssen sowohl der direkte als auch der indirekte Energieeinsatz berücksichtigt werden. Direkte Energie wird beispielsweise in Form von Diesel und Strom eingesetzt. Indirekte Energie wird benötigt, um Produktionsmittel wie Maschinen, Gebäude oder Düngemittel herzustellen. Referenten aus der Industrie zeigten, wie viel Energie notwendig ist, um mineralische Dünger und synthetische Pflanzenschutzmittel herzustellen und anzuwenden. Besonders die Produktion der Mineraldünger ist mit einem erheblichen Energieeinsatz verbunden.

Helmut Döhler vom KTBL in Darmstadt analysierte in seinem Vortrag, ob der Ersatz von Mineraldüngern durch Wirtschaftsdünger zu einem geringeren Energieverbrauch und niedrigeren Kosten führt. Anhand eines Modellbetriebs schilderte er, dass der Einsatz von Gülle und Klärschlamm weniger Energie verbraucht als alleinige Mineraldüngung. Gülle sei aus energetischer Sicht am günstigsten.

Dies spiegele sich auch in den Kosten wieder. Aufgrund des hohen Nährstoffwertes von Klärschlamm und der damit vergleichsweise geringen Ausbringmenge weist diese Düngungsstrategie die geringsten Kosten auf, immerhin 32 % weniger als beim Einsatz von Mineraldünger. Die Kosten für die Düngung mit Gülle und Kompost liegen 25 % bzw. 16 % unter denen mit Mineraldünger.

Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen von der Technischen Universität München in Freising verglich ökologische und konventionelle Anbausysteme. Meistens sei der ökologische Landbau energetisch günstiger, vor allem bezüglich des Energieinputs je Flächeneinheit.

Allerdings hätten Untersuchungen gezeigt, dass bei Weizen der ökologische Landbau, bei Kartoffeln aber der konventionelle Landbau energetisch effizienter sei. "Letztlich können für die Energieeffizienz und die Klimawirkungen von Anbausystemen keine pauschalen Einschätzungen abgeleitet werden", resümierte er. Je nach Standort und Management bestünden auf beiden Seiten große Unterschiede. "Wir brauchen daher praxistaugliche Instrumente, mit denen wir einzelbetrieblich Analysen durchführen, Ursachen überhöhter Emissionen erkennen und Managementmaßnahmen zur Emissionsminderung ableiten können", forderte Professor Hülsbergen.

Die Technik im Pflanzenbau wird zwar immer effizienter, dennoch haben die Landwirte mit steigenden Betriebstoffkosten zu kämpfen. "Der Anteil von Kraftstoff an den Gesamtkosten des Maschineneinsatzes ist auf circa 30 - 50 % gestiegen", erläuterte Prof. Dr. Stefan Böttinger von der Universität Hohenheim in seinem Vortrag zur Entwicklung der Energieeffizienz in der Landtechnik.

Dr. Norbert Uppenkamp von der Landwirtschaftskammer Nordrhein- Westfalen in Münster erläuterte anhand eines 100-ha-Beispielbetriebs mit der Fruchtfolge Wintergerste-CCM-Winterweizen, wie der Landwirt konkret Kraftstoff einsparen kann. Durch das Fahren mit reduzierter Drehzahl können etwa 1.600 l/a, durch eine sorgfältige Wartung etwa 190 l/a und durch die Wahl eines sparsamen Traktors etwa 600 l/a eingespart werden. Der Fahrer hat mit 3.100 l/a den größten Einfluss. Er spart doppelt so viel, wie der Betriebsleiter durch den Kauf eines sparsamen Traktors (600 l/a) oder die Umstellung des Bodenbearbeitungssystems erzielen könnte. "Das Wichtigste ist, dass der Fahrer motiviert ist, Kraftstoff zu sparen", erklärte Dr. Uppenkamp.

Tierhaltung

In der Tierhaltung kann der Energieeinsatz bei der Fütterung und im Stall optimiert werden. Die Teilnehmer erfuhren, wie viel Energie der Landwirt aufwenden muss, um Grund- und Kraftfutter bereitzustellen und welche Sparpotenziale bei Heizung, Elektronik und Lüftung im Stall vorhanden sind. "In Deutschland zählt die Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln zu den fünf ressourcenintensivsten Produktionssektoren, die wiederum zusammen etwa 50 % der in Deutschland nachgefragten direkten und indirekten Ressourcennutzung für Güter der letzten Verwendung verbrauchen", erläuterte Prof. Dr. Reiner Brunsch vom Leibniz-Institut für Agrartechnik Bornim e.V.

Dr. Gabriele Mack von der Schweizer Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz Tänikon ART stellte den Energieaufwand bei der Bereitstellung von Grund- und Kraftfutter vor. Untersuchungen für die Milchviehhaltung ergeben, dass die Fütterung bis zu 50 % des gesamten Energiebedarfs je Kilogramm Milch verursacht. Die Vollweide schneidet unter wirtschaftlichen und energetischen Gesichtspunkten am günstigsten ab. Konservierte Grünfuttermittel liegen in ähnlichen Bereichen. "Die optimale Konservierungsart ist allerdings von der betrieblichen Situation abhängig", unterstrich Dr. Mack.

Zwischen der Lagerung im Flachsilo und dem Pressen von Siloballen konnten keine Unterschiede im Gesamtenergiebedarf festgestellt werden. Anwelksilage schneidet im Energieverbrauch etwas besser ab als Bodenheu. Kraftfuttermittel verursachen einen deutlich höheren Energiebedarf je MJ NEL Futterenergie als Grundfuttermittel, sind jedoch unter den gegenwärtigen Preisverhältnissen billiger als Raufuttermittel.

Prof. Dr. Wolfgang Büscher von der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms- Universität in Bonn zeigte, wie Heizenergie im Stall eingespart werden kann: Verbesserte Wärmedämmung, Heiztechnik und Wärmerückgewinnung bis hin zur Erdwärmenutzung. Durch die baulich-technischen Gegebenheiten sei nicht jede Maßnahme umsetzbar. Hierzu sei eine Energieberatung besonders vorteilhaft, weil die Gegebenheiten vor Ort optimal berücksichtigt werden können. Die Arbeitsgemeinschaft für Energieanwendung in der Landwirtschaft (AEL) hat ein Excel-basiertes Stallklima-Computerprogramm entwickelt, bei dem Wärmebilanzen, Dämmungsmaßnahmen und Wärmerückgewinnungstechniken verglichen werden können.

Regenerative Energien

Im Tagungsteil "Regenerative Energien" befassten sich die Referenten mit der Effizienz der Produktionskette: Vom Anbau der Energiepflanzen über die Strom- und Wärmeerzeugung bis zu den Biokraftstoffen. Bei Biogas kann die Energieeffizienz gesteigert werden, z.B. durch Abwärmenutzung oder Zukunftstechnologien wie die Mikrogasturbine und Brennstoffzellen.

Die Strom- und Wärmeerzeugung aus dem Grünland kann für Landwirte wirtschaftlich interessant sein. Dies zeigte Dr. Christine Rösch vom Institut für Technologieabschätzung und Systemanalyse ITAS in Karlsruhe. Die Nutzung von Grassilage kann die Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen verbessern, sofern die staatliche Förderung eingerechnet werde. "Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Maisanbaufläche begrenzt ist und durch den Einsatz von Grassilage größere Biogasanlagen ohne teuren Substratzukauf oder Anstieg der Pachtpreise realisiert werden können", schilderte Dr. Rösch.

Biokraftstoffe werden derzeit öffentlich viel diskutiert. "Der direkte Energieaufwand für den Transport von Biomasse ist im Vergleich zu denen im Pflanzenbau und in der Konversion verhältnismäßig gering", erläutert Dr. Gerhard Moitzi von der Universität für Bodenkultur in Wien. Allerdings müsse die Biomasselogistik weiter optimiert werden.

Derzeit kommen Biotreibstoffe der ersten Generation wie Biodiesel, Pflanzenöl, Bioethanol und Biomethan zum Einsatz. Große Hoffnungen würden in die Biotreibstoffe der zweiten Generation, z. B. BtL (Biomass to Liquid) oder Eco-Ethanol gesetzt, da diese keine Konkurrenz zu den Lebensmitteln seien.

Ein Blick in die Zukunft der Biogastechnologie wagte Dr. Bernd Krautkremer vom ISET e.V. Institut für Solare Energieversorgungstechnik in Kassel. Mikrogasturbinen und Brennstoffzellen seien als Alternativen zu Kolbenmaschinen durchaus denkbar. Dabei besteche die Brennstoffzelle mit hohen, systembedingten elektrischen Wirkungsgraden, so Dr. Krautkremer.

Schon heute können Biogasanlagen energieeffizienter und wirtschaftlicher sein, z.B. durch Nutzung der Abwärme. "Das Beheizen von Gewächshäusern oder die Versorgung eines Nahwärmenetzes sind gute Möglichkeiten", erläuterte Dr. Anke Niebaum vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) in Darmstadt. Gegenüber einer Ölheizung könne man bis zu 60 Prozent sparen. Im Sommer könnte der geringere Wärmebedarf teilweise durch eine Getreidetrocknung kompensiert werden. Ein zukunftsträchtiger Wärmeabnehmer für Biogasanlagen seien Molkereien. Aufgrund des Warmwasserbedarfs könnten sie den gesamten Wärmeüberschuss einer Biogasanlage abnehmen. (Text: Bettina Pilz) +++

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