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Die hr-Reporterin im Gespräch mit Niederaulas Bürgermeister Thomas Rohrbach - Sreenshot hr-Beitrag

NIEDERAULA "Mögen Sie schnell und qualvoll verrecken"

Drohmail nach hr-Beitrag - SPD sieht Belastungsgrenze für Bürger erreicht

18.04.15 - Das Positive zuerst: Der Haushalt für das laufende Jahr 2015 ist ausgeglichen. 9.704.250 Euro an Erträgen stehen Aufwendungen von ebenso 9.704.250 Euro entgegen. Im zweiten Jahr des Doppelhaushaltes 2015/2016 sieht der Plan allerdings eine Unterdeckung von 355.750 Euro vor. Erträge von 9.112.850 Euro stehen Ausgaben in Höhe von 9.468.600 Euro gegenüber. Mit der Mehrheit der SPD wurde der Doppelhaushalt mit 13 Ja-Stimmen beschlossen. Die CDU (sechs Stimmen), AfD (1 Stimme) und Bündnis 90/Die Grünen (2 Stimmen) stimmten dagegen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Bernhard Hirschbrich fand klare Worte: "Wenn ich ganz, ganz ehrlich bin, hatte ich gar keine Lust, keine Motivation, zu diesem Doppel-Haushalt irgendetwas zu sagen." Die finanzielle Lage der Kommunen lasse den Gemeindevertretern kaum mehr Luft zum Handeln. Das Land Hessen schreibe eine schwarze Null ausschließlich auf Kosten der Gemeinden und dann letztendlich auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger. "Wir sind nur noch billigste Handlungsgehilfen der Landesregierung, die sich in den Gemeinden nur nicht die Finger schmutzig machen will", sagte Hirschbrich. Die SPD will künftig rechtlich prüfen lassen, inwieweit eine Gemeinde, die bereits aufgrund der Umsetzung von Vorgaben der Landesregierung Schulden gemacht hat, sich weiter verschulden müsse. Dem Doppelhaushalt stimmte die SPD geschlossen zu: "Wir sagen zum Büroleiter und zum Bürgermeister: Sehr solide, saubere Arbeit."

Sowohl CDU, AfD und Grüne monierten, dass der Doppelhaushalt der künftigen Gemeindevertretung zumindest ein Jahr lang kaum Entscheidungsspielraum lässt. Im kommenden Jahr sind Kommunalwahlen in Hessen. Dass es der Gemeinde finanziell so schlecht ginge, liege aber auch daran, das in früheren Jahren lieber in die Höhe gebaut wurde (etwa Dorfgemeinschaftshäuser) und das Thema Kanalsanierung nicht rechtzeitig angegangen wurde. Die Haushaltsdebatte ging insgesamt zügig über die Bühne.

HR-Beitrag in "defacto" sei "beschämend"

Für wesentlich mehr Wirbel sorgte ein Beitrag des Hessen Fernsehens in der Sendung "defacto" am vergangenen Sonntag. Dort ging es mal wieder um das Dauerthema Straßenbeitragssatzung. "Leider hat es das Team des hr erneut nicht hinbekommen, eine sachliche Berichterstattung zu liefern. Ich habe den Bericht einmal analysiert und diese dem Gemeindevorstand mitgeteilt. Der komplette Gemeindevorstand findet es beschämend, wie dieser Bericht aufgearbeitet ist und verurteilt die Falschaussagen deutlich", sagte Bürgermeister Thomas Rohrbach.

In dem Beitrag wurden mehrere Familien gezeigt, welche zwischen 20.000 und 30.000 Euro Straßenbeitrag zahlen müssten. An den gezeigten drei Beispielen schlüsselte der Bürgermeister die voraussichtlichen Kosten auf, die sich in zwei Fällen auf etwa 50 Prozent der genannten Kosten belaufen würden. In allen Fällen liegen die Rechnungen noch nicht vor. In dem Beitrag wurde zudem die Vermutung angestellt, die Gemeinde wolle die Straßen bewusst komplett sanieren, da sie in diesen Fällen keine Kosten hätte. Diese würden das Land und die Bürger bezahlen, die Gemeinde sei "fein raus". Bei den Straßenbeiträgen zahlen die Anwohner 60 Prozent, die Gemeinde 40 Prozent. Lediglich bei der Kanalsanierung gibt es Landeszuschüsse.

Offenbar aus dem Zusammenhang gerissen: In dem Beitrag ist ein Dialog zwischen dem Bürgermeister und Vertreter des Bürgervereins zu sehen. Dort forderte Rohrbach die Mitglieder auf, "hören sie mit ihren Lügen auf". Vorausgegangen war ein Dialog Rohrbachs mit der hr-Reporterin Sandra Fiene zur Frage, warum sie in der Straße "Grüner Weg" filmen würde. Dort wohnt der Bürgermeister. "Weil Ihre Straße in 2009 noch schnell vor der einzuführenden Straßenbeitragssatzung erneuert wurde", zitiert der Bürgermeister das Gespräch in seinem Bericht des Gemeindevorstandes. "Wer behauptet denn das" habe er gefragt. "Diese Herrschaften...", soll die hr-Reporterin gesagt haben. Darauf folgte die im Beitrag gezeigte Szene. Die Straße "Grüner Weg" wurde 1995 gebaut und seitdem weder erneuert noch saniert. Dies war dann auch im Beitrag kein Thema.

Drohmail beschäftigt Kripo

Knapp zehn Minuten nach Ausstrahlung der genannten Sendung am vergangenen Sonntag hat Bürgermeister Thomas Rohrbach eine e-Mail erhalten. Dort wurde der Rathauschef übelst beschimpft. Unter anderem heißt es: "...würden Sie mit mir in demselben Ton sprechen, wie Sie vor laufender Kamera mit NICHT ihren Bürgern gesprochen haben, würde ich Ihnen den Schädel einschlagen. Mögen Sie schnell und qualvoll verrecken." Die Kriminalpolizei ermittelt, Rohrbach erwägt eine Strafanzeige.

In einer persönlichen Erklärung sagte SPD-Fraktionschef Bernhard Hirschbrich unter anderem: "Das verschlägt mir die Sprache. Ich habe ein Wechselbad der Gefühle zwischen Trauer und Angst...Was muß noch passieren, reicht nicht das Lügen verbreitet werden...?...Wenn das Niederaula ist, dann gute Nacht. Ich denke aber, das ist nicht Niederaula, das sind nur ganz wenige... Ich fordere deshalb die Bürgerinnen und Bürger von Niederaula auf, zeigt, dass dies nicht Niederaula ist, zeigt dies jetzt und auch in Zukunft", so Hirschbrich. Wolfgang Köhler, Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen verurteilte den Inhalt der e-Mail. Er beschwerte sich aber auch bei der Vorsitzenden der Gemeindevertretung. Rohrbach habe mit seinem detailierten Bericht zum Fernsehbeitrag die Geschäftsordnung missbraucht.

Weitere Windkraftanlagen vermeiden

In den weiteren Tagesordnungspunkten, die allesamt zügig abgehandelt wurden, ging es um die Aufstellung des Teilregionalplanes Energie Nordhessen. Auch im Gemeindegebiet Niederaula hat sich in der 2. Anhörung und Offenlegung des Entwurfs einiges geändert. Nunmehr sieht der Teilregionalplan Windkraftanlagen für die Gebiete Rehkuppe (cirka 55 Hektar) und Sternberg/Werngeskuppe (cirka 73 Hektar) vor. Die Gemeindevertretung beschloss mit knapper Mehrheit (5 x SPD, 6 x CDU, 1 x AfD bei 7 Nein-Stimmen der SPD und 2 x Nein der Grünen), den Gemeindevorstand zu beauftragen, eine Stellungnahme abzugeben, die zum Ziel habe, dass keine Windvorrangflächen im Gemeindegebiet ausgewiesen werden sollen. Die Gemeinde sei durch die Autobahn und der ICE-Trasse schon genug belastet. Im Gemeindegebiet stehen bereits vier Windkraftanlage oberhalb von Hattenbach.

Anträge von Bündnis 90/Die Grünen

Zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen wurden vom Parlament abgelehnt. Die Grünen wollten, dass sich die Gemeinde den Bemühungen des Städte- und Gemeindebundes und weiterer kommunaler Verbände anschließe, das geplante Freihandelsabkommen zu verhindern und dies unterstütze. Abstimmungsergebnis: Ja - 4 x CDU, 1 x AfD und 2 x Bündnis 90/Die Grünen - Nein - 7 x SPD - Enthaltungen - 6 x sPD, 2 x CDU.

Dem Wunsch der Grünen nach Teilnaturierung des Bachlaufes "Wisges" entlang des Lerchenweges in Niederaula lehnten die Vertreter mehrheitlich mit dem Hinweis auf ein ehemaliges Deponiegelände in diesem Bereich ab. Dort gab es zwischen 1945 und 1965 eine Deponie, die danach mit zehn bis 15 Meter Mutterboden aufgeschüttet wurde. Die Grünen wollten zumindest ein Teilstück durch eine Renaturierung optisch verschönern. (Hans-Hubertus Braune) +++


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