Bratwurst, Bier und Brückentag: Komasaufen und Faulenzen als Partei-Programm

15.05.15 - Feiertage wie der gestrige eignen sich wunderbar zum Nachdenken, zum Philosophieren und Sinnieren: Wohin geht die Reise in unserem Land, was sind unsere Werte, Visionen und Säulen der Gesellschaft? Schwierige Fragen, auf die zumindest ein Fuldaer Gemeindepfarrer die passende Antwort parat hat: „Christi Himmelfahrt und unser Leben sind mehr als Bratwurst und Bier!“ – „Christi was?“, werden die meisten jetzt vollkommen zu Recht mit benebelter Birne fragen. Christi Himmelfahrt, das ist der Grund, warum man am Vatertag zu Hause bleiben kann.

Und es stimmt tatsächlich, Christi Himmelfahrt ist wirklich mehr als Bratwurst und Bier. Nämlich auch Wodka, Korn, Whiskey, Steak, Randale, betrunken Auto fahren und wild durch die Gegend pinkeln. Laut Statistischem Bundesamt steigt am Vatertag, also dann, wenn die verantwortungsvollen Erziehungsbeauftragten der geistigen Elite von morgen sich selbst feiern, die Zahl der durch Alkohol bedingten Verkehrsunfälle um das Dreifache. Parallel dazu nehmen Alkohol-Exzesse um 180 Prozent zu. Familienausflug eben!

Fotos/Design: Nicole Wagner

 Weil viele der gestrigen Vatertags-Vorbilder heute noch mit zu viel Restalkohol im Blut nicht arbeitsfähig sind, gönnen sie sich einen Brückentag und bleiben zu Hause. Inzwischen hat sich nämlich auch bei ihnen herumgesprochen, dass man am Brückentag weder zum Zahnarzt noch verzweifelt die Brücke am Kwai in den Fulda-Auen suchen muss. Im Gegensatz zur komplexen Heilig-Abend-Terminierung kennt diese Klientel die Daten aller Brückentage bis zum Jahr 2048 auswendig. Was schließen wir aus unseren bisherigen Beobachtungen? Bratwurst, Bier und Brückentage, das ist der Nährboden, der unsere Gesellschaft im Innersten zusammenhält.

Kein Wunder also, dass am kommenden Montag in Fulda die konstituierende Sitzung der „BBB“-Partei stattfindet. Das einfache und damit auch für die BBB-Sympathisanten intellektuell nachvollziehbare Parteiprogramm ist eine einprägsame Trilogie: „Fressen, Saufen, Faulenzen“. Renommierte Politologen gehen davon aus, dass die „Bratwurst, Bier und Brückentage“-Partei auf Anhieb auf einen Stimmenanteil zwischen 15 und 20 Prozent kommen wird. „60 Prozent plus X wären theoretisch möglich, allerdings halten die meisten die Wahl für ein weibliches Riesensäugetier“, erklärt der Mainzer Parteienforscher Prof. Jürgen W. Falter.

Die Regierungsparteien haben bereits erkannt, welch große Konkurrenz da durch die BBB heranwächst und versuchen bewusst, den politischen Gegner zu schwächen. Während Straßenschilder auf Wildwechsel und Krötenwanderungen hinweisen, verzichtet man auf Hinweistafeln und Absperrungen, die vor orientierungslosen Vatertags-Volltrunkenen am Straßenrand warnen. „In Deutschland sind alle Amphibien, die hier vorkommen, gesetzlich geschützt“, betont der Naturschutzbund Deutschland (NABU) in diesem Zusammenhang. Dazu gehört auch die Erdkröten-Kaulquappe. Genau wie die Protagonisten des Vatertags hat die einen Schwanz, ist gesellig und nicht sonderlich intelligent. Aber lernfähig…  (JOCHEN WIELOCH)

HINTERGRUND: „Wielochs wirre Welt" erscheint bei OSTHESSEN|NEWS heute am 79. Freitag in Folge. Jochen Wieloch (38) blickt dabei pointiert, humorvoll und teilweise mit einer gehörigen Portion Ironie auf die Ereignisse, die die Menschen in der Region und im Land bewegen. Der Petersberger kennt sich als selbstständiger Redakteur in den Medien Print, TV und Internet bestens aus, ist Buchautor und als Spezialist für Unterhaltungselektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Außerdem berät und betreut der 38-Jährige Unternehmen in allen Fragen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete Jochen Wieloch unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München. Für osthessen-tv.de stellt der Germanist neuerdings regelmäßig automobile Neuheiten in Filmbeiträgen vor.+++