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Herr, lass Hirn regnen – Jetzt kümmert sich ein Schweizer um den Sommerlad-Bau
05.06.15 - Es musste so kommen: Der Kita-Streik ist auch an der Region Osthessen nicht spurlos vorüber gegangen. Ein gravierender Zwischenfall hat in den vergangenen Tagen die Menschen aufgeschreckt. Der kleine Norbert ist unbeaufsichtigt aus der Spielecke ausgebrochen und hat Peter, Karl-Josef, Gerhard und Dieter mit voller Wucht gegen deren Schienbeine getreten und die im Kollektiv fast fertig gestellte Sandburg mit einem gezielten Schlag platt gemacht. Das Gejammer ist nun groß. Es geht bei dem Zoff, wie so oft, um das neue Sommerlad-Paradies, in dem sich die heimischen Politiker lautstark austoben wollen. Sollte denn jemals in diesem Jahrtausend noch gebaut werden.
Norbert heißt mit vollem Namen Dr. Norbert Herr und hat jahrzehntelang das Blasorchester des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums in Fulda geleitet. Mit jeder Menge heißer, weil komprimierter Luft, kennt er sich also bestens aus. In einer eigenen Presseerklärung kündigte der leidenschaftliche Dirigent unlängst an, sich bei der anstehenden Fraktionssitzung der CDU in der Regionalversammlung Nordhessen dafür einzusetzen, „dass das Bauvorhaben des Möbelhauses Sommerlad an der A7 abgelehnt wird“. Das ist sein gutes Recht, von dem er theoretisch auch schon vor einem halben Jahr oder im vergangenen August hätte Gebrauch machen können, als eine städtebauliche Verträglichkeitsanalyse vorgestellt wurde. Böse Zungen behaupten jetzt, Herr habe einfach eine Möglichkeit gesucht, um sich aus purer Langeweile unmittelbar nach seinem 71. Geburtstag wieder mal ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zu spülen. Andere nennen ihn „Hubert Heil 2.0“. Beides ist natürlich Blödsinn.
Herr hat schlichtweg seine Hausaufgaben gemacht, das aktuelle Tagesgeschehen verfolgt und dann eins und eins zusammengezählt. Manipulations-Skandal beim Weltfußballverband FIFA, Deutschland bekommt beim Eurovision Song Contest in Wien null Punkte, Lehnerz steigt nicht auf und der Liter H-Milch von Bärenmarke kostet jetzt 1,15 Euro. Da bleibt für den profilierten Politiker mit Durchblick nur eine logische Schlussfolgerung übrig: Die Zahlen des Sommerlad-Gutachtens sind manipuliert. Hinzu kommt: Die vorgesehenen Flächen an der A7 seien eigentlich gar nicht für den Handel bestimmt, und „der ,Kompromiss’ zwischen der Stadt und den Stadtrandgemeinden erinnert mich eher an einen ,Kuhhandel’“. Herrs Conclusio: keine Möbel, sondern Kühe auf die Wiese im interkommunalen Gewerbegebiet. Dazu noch Blasmusik, eine herzhafte Brotzeit, lustige Tirolerhüte und rote Herzchen-Aufkleber, schon stehen künftige Investoren Schlange, die auf Dubai keine Lust haben, dafür in der pulsierenden osthessischen Einöde Milliarden rauspulvern, weil hier das Wasser so gut schmeckt, der Grezzbach fröhlich säuselt und mehr Planungssicherheit als an jedem anderen Fleckchen der Erde vorherrscht.
Um die unterschiedlichen Interessenverbände, die involvierten Bürgermeister und die Vertreter der Regionalversammlung an einen Tisch zu kriegen und „eine saubere, einvernehmliche und nachvollziehbare Lösung“ zu erzielen, hat Dr. Norbert Herr jetzt einen Mediator eingeschaltet, „der in den vergangenen Jahrzehnten durch seriöse, unbestechliche und transparente Arbeit“ aufgefallen sei. Sein Name: Blatter, Sepp Blatter (JOCHEN WIELOCH) +++