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BAD BRÜCKENAU Tico Tico und Flamencogitarrenkunst

Cafe del Mundo: "Musik in Spanien und in Südamerika eingefangen"

28.07.15 - Erlebt man die entfesselten Flamencogitarren von Café del Mundo, denkt man unwillkürlich an die legendäre Scheibe „Friday Night in San Francisco“ von Al Di Meola, John McLaughlin und Paco de Lucia. Es war eine Sternstunde der Musikgeschichte, was diese drei Giganten auf der Gitarre an jenem denkwürdigen Abend im Dezember 1980 boten. Vergleiche bergen immer eine Gefahr. Und die Ausnahmegitarristen Jan Pascal und Alexander Kilian würden einen solchen Vergleich wohl auch bescheiden ablehnen. Und doch zaubern die beiden Gitarrenvirtuosen mit jedem ihrer Konzerte eine Sternstunde der Gitarrenmusik für die Zuschauer, so auch am vergangenen Freitag in der vollbesetzten Wandelhalle in Bad Brückenau.

Während sich noch im Abendsonnenschein allmählich die Gewitterwolken zusammenbrauten, um sich erst viel später in der Nacht zu entladen, entfachte Café del Mundo drinnen schon jetzt ein musikalisches Gewitter. Es waren der musikalische Erfindungsreichtum, die harmonische Raffinesse in den Eigenkompositionen oder Bearbeitungen, die wie Blitze über den Musikhimmel zuckten, es war die in pures Staunen versetzende Spieltechnik. Sie spielten auf Flamencogitarren, aber welchen Flamenco! Ausgehend von den traditionellen Palos (Flamencostilen) entwickeln sie etwas völlig Neues, gepaart mit Jazzelementen. Schon das brillant gespielte Eingangsstück Viajeros, eine Eigenkomposition, das aber noch deutlich von Elementen des traditionellen Flamencos geprägt ist, zeigte dem Publikum, was es erwarten konnte.

Und Jan Pascal, der mit sympathischer Stimme fast zu allen Stücken eine kleine Geschichte zu erzählen wusste – sei es der musikalische Hintergrund, sei es die Entstehungsgeschichte – kündigte es einfach so an: „Wir haben Musik in Spanien und in Südamerika eingefangen, die wir hier frei in die Luft lassen.“

Café del Mundo (v.r. Jan Pascal und Alexander Kilian) und Azucena Rubio ...

Atemberaubend schnelle Gitarrenläufe, blitzsauber gespielt – wie noch zu so oft an diesem Abend – voluminös klingende Arpeggios in „One Fine Day“ und unverkennbar der eigene Stil, nicht einfach nur präzises Zusammenspiel, sondern der beständige Dialog zweier Gitarren. „La Fiesta“, eine Malaguena aus der Feder des Jazzpianisten Armando Antony Corea wurde von Café del Mundo wieder auf die Flamencogitarre rückübertragen und sie hätte dem Abend auch den Titel geben können, ein Fest für die Gitarrenmusik. Soleares ist eine der ursprünglichsten und wichtigsten Formen des Flamencos, manchmal auch die „Mutter der Palos“ oder auch Königin genannt. Sie ist mit anspruchsvollen Rhythmen verknüpft und bildete die Basis für „Juvenes“. Diese Eigenkomposition erzählt davon, wie sehr man darunter leidet, dass man Einsamkeit nicht teilen kann. Eingebettet ist die Geschichte eines kleinen Hundes.


Großartige improvisatorische Einfälle

Eingeladen zu diesem außergewöhnlichen Konzertabend mit Café del Mundo und der Flamencotänzerin Azucena Rubio hatte UniMusiCum. Ein Merkmal der Konzertreihe, die von den Musikern der staatlichen Kurverwaltung präsentiert wird, ist das Zusammenspiel mit den jeweiligen Künstlern. Diesen Part übernahm am Freitagabend mit großer Bravour der Geiger Geza Burai. Es waren die lateinamerikanischen Evergreens Manha de Carneval, Besame Mucho und The Girl from Ipanema, die schon allein bei ihrer Nennung in unseren Ohren klingen. Sie bildeten aber nur das Thema. Großartig die improvisatorischen Einfälle, großartig wie Café del Mundo und Geza Burai sich gegenseitig die „musikalischen Bälle“ zu warfen.

Ein Tango im Flamenco? Er hat einen anderen Rhythmus als der argentinische Tango. Mitgebracht hat Café del Mundo diese Eigenkomposition von einer Frankreichtournee. Hintergrund waren die Frage nach den drei wichtigsten Worten in jeder Sprache und die Antwort: „Willst du mit mir heute Abend am Strand spazieren gehen?“ Daraus wurde kurz ¿Que Thierry? Wie schon bei „Jueves“ und noch mehrfach an diesem Abend begeisterte bei diesem Stück die Flamencotänzerin.

Geza Burai vom Staatlichen Kurorchester Bad Brückenau und Café del Mundo in einer ...

Azucena Rubio - Flamencotanz voller Emotionen und Leidenschaft, die in jedem Schritt, jeder Bewegung und vor allem in Mimik und Gestik zum Ausdruck kamen. Faszinierend aber nicht nur als Tänzerin, sondern genauso als Musikerin. Denn ihr Staccato – der Tanzwirbel mit den Füßen – gab den Rhythmus vor. Und da traten die beiden Gitarristen in den Hintergrund, begleiteten auch nur noch mit rhythmischen Rasgueados auf abgedämpften Saiten. Den Unterschied der Tangoarten konnten die Zuschauer im anschließenden „Libertango“ von Astor Piazolla erleben. Dieser Tango machte den Komponisten und Musiker weltberühmt. Was Café del Mundo daraus machte – unvergleichlich! Ihre Interpretation darf man ohne Zögern als einmalig bezeichnen. Das anschließende „Arabian nights“ hat starke romantische Motive und lässt bei aller Virtuosität, gekennzeichnet von fulminanten Läufen, von den Gärten und Räumen der maurischen Alhambra in Granada träumen.


Tico Tico

Was hat ein kleiner Vogel mit dem Flamenco zu tun? Manchmal, so Jan Pascal, geht es in der Musik um die großen und wichtigen Dinge des Lebens, manchmal geht es aber auch um die ganz kleinen, fast unscheinbaren Dinge, zum Beispiel einen Vogel. Und wozu der inspirieren kann, zeigte sich in Tico Tico – schon fast so etwas wie ein Paradestück der beiden Gitarristen, mit dem sie auch vor wenigen Tagen im Morgenmagazin des ZDF brillierten. Und noch einmal in dem wunderbaren, romantischen „Leon dormido“ glänzte die andere Seite des Duos, die musikalische. Wobei ihre Virtuosität und ihre brillante Spieltechnik immer nur dem musikalischen Ausdruck dienen.

Auch wenn das Duo mehrere herausragende CDs eingespielt hat. Sie können kein Ersatz für ein Konzert sein. Denn in jedem Konzert entsteht etwas Neues, wie Alexander Kilian im anschließenden Gespräch erzählte. Während einer Tournee werden die Stücke weiter entwickelt. Es gibt nichts Statisches in ihrer Musik. Die CDs können aber zum Besuch eines Konzerts motivieren oder dieses im Nachklang noch einmal erleben lassen. Und noch ein Grund für einen Konzertbesuch. Anders als auf einer CD garantieren nicht nur Interpretation, Ausdruck und eine grandiose Spieltechnik den Erfolg. Live-Auftritte leben auch von Emotionen und der Ausstrahlung der Künstler. Dann kann der Funke aufs Publikum überspringen. Bei Café del Mundo waren stehende Ovationen, die das Duo und die Tänzerin mit ungebremster Spielfreude und ohne langes Zögern noch zu einer dritten Zugabe bewegten, der Beweis. Und wer immer noch nicht genug von den außergewöhnlichen Klängen bekommen konnte – auf der Homepage von Café del Mundo wird man rasch fündig. Ein Klick lohnt sich auf jeden Fall! (wm)+++


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