Nicht gesiegt - dennoch stolz: Wackere Gleimenhainer beim "Dolles-Dorf"-Finale

Dabeisein ist einfach alles und eines der fünf "dollsten Dörfer Hessens" beim gleichnamigen Wettbewerb des Hessischen Rundfunks (hr) zu sein, ist für sich schon eine große Auszeichnung. Am späten Freitagnachmittag machten sich 70 Einwohner des 185-Seelen-Ortes Gleimenhain, einem Stadtteil von Kirtorf, mit zwei Bussen auf die Reise zum Hessentag ins nordhessische Homberg (Efze). Einheitlich gekleidet, in schwarzen T-Shirt´s mit der Aufschrift „Gleimenhain, ein tierisch dolles Dorf", waren die Gleimenhainer guten Mutes. Mit im Gepäck war Glücksbringer „Esel Joschi“ als Miniaturfigur, natürlich mit einem gregorianischen Mini-Eselskarren, der in liebevoller Kleinarbeit von Erich Dietz nachgebaut worden war.

Auf dem Hessentag angekommen, warteten schon die Mitspieler der anderen dollen Dörfer Berstadt, Todenhausen, Friedigerode und Trubenhausen. Trotz lautstarker Schlachtrufe der "dollen Dörfer" war hier keine Konkurrenz zu spüren, es herrschte ein friedliches Miteinander. Dann aber stieg langsam die Aufregung der Kandidaten. Bei einem "Warm-up" vor der Sendung - bei dem sich die Fernsehschaffenden und die Regie um eine "Auflockerung" von Publikum und Kandidaten bemühten - kam die richtige Stimmung auf. Die Akteure der Dörfer wurden für ihre Auftritte vor und hinter der Bühne instruiert und mussten sich einer "Sitzung" bei der Maskenbildnerin unterziehen. Aber dann, nach der Live-Sendung von „allewetter“ ging es endlich los. Pünktlich um 20.15 Uhr betraten Jens Kölker und Anne Brüning - unter tobendem Applaus - die Bühne.

Als Erstes stand ein Quiz mit - mehr oder weniger schweren - Fragen auf dem Spielplan. Für Gleimenhain startete Polizist Heinz Wilke. Bei der Frage, ob jemals ein Dr. Alois Alzheimer oder ein Dr. Sauerbruch in Frankfurt residierte, entschied er sich für die Antwort Sauerbruch, was leider verkehrt war. Auch die Wertung für den südhessischen Mundartbegriff „Schadäng“, der entweder Schnaps oder Garten bedeuten sollte, zeigte, dass Gleimenhainer gern mal einen „Kurzen“ nehmen. Heinz Wilke mutmaßte, dass sich dieser Begriff wie ein Schnaps anhören würde, doch leider war dies ein Irrtum.

So ging Gleimenhain mit einem kleinen Rückstand in die zweite Runde, ein EM-Geschicklichkeitsspiel. Als Unparteiischer - um mögliche Unstimmigkeiten zu vermeiden - wurde Hessens bekannter Schiedsrichter Lutz Wagner berufen. In kürzester Zeit mussten alle Artikel für einen Fussball-Fan-Abend per Schubkarre über ein Kiesbett zu einer Mauer gefahren werden. Auf der anderen Seite der Mauer gab es eine ganze Reihe von Aufgaben: eine Bierzeltgarnitur aufbauen, Bänke und Tische mit Auflagen versehen, einen Tisch ordentlich eindecken, eine Fahne hissen und einen Sonnenschirm aufstellen. Publicviewing für EM-Fans eben. Die Gleimenhainer „Coolen Jungs“ meisterten diese Aufgabe in Lichtgeschwindigkeit (2.01 Minuten), leider hatten sie mit dem Blasen der Tröte etwas Schwierigkeiten. Kurzerhand erklärte sich Moderator Jens Kölker bereit, die Tröte für Gleimenhain erklingen zu lassen.

Die dritte Aufgabe konnte nur von Ortsvorstehern gelöst werden, die ihre Gemeinde voll im Griff haben. Anhand der nackten Waden sollte der jeweilige Ortsvorsteher ein Mitglied seines Dorfes erkennen. Unter diesen Waden hatten sich auch die Beine von Schlagersänger Roberto Blanco und allewetter-Moderator Thomas Ranft eingemischt. Nur der Ortsvorsteher von Friedigerode und Gerhard Immel aus Gleimenhain erkannten ihre Einwohner. Aus Gleimenhain war es Rainer Haberland, der vom Ortsvorsteher an seinen barfußen Füßen in Sandalen erkannt wurde.

Die Stimmung im Saal wurde langsam euphorisch. Noch war alles offen, das TED-Ergebnis über die Abstimmung der Fernsehzuschauer sollte die finale Entscheidung bringen, wer "Dolles Dorf 2008" wird. Zuvor begrüßte jedoch Ministerpräsident Roland Koch die vielen Gäste und besonders die Teilnehmer an dem besonderen Wettbewerb des hr. In seiner Ansprache erwähnte er, dass er stolz sei auf den Zusammenhalt innerhalb der kleinen Gemeinden in Hessen. Auch der Intendant des Hessischen Rundfunks, Dr. Helmut Reitze freute sich mit den Anwesenden und betonte, er sei stolz darauf, der Welt zeigen zu können, dass Hessen nicht nur aus Großstädten, sondern auch "aus vielen Dörfern mit tollen Einwohnern" bestehe.

Die Präsente, überdimensionale "Onkel Ottos" in Gold, Silber und Bronze, waren bereits aufgebaut, als das TED-Ergebnis eingeblendet wurde. Gleimenhain lag im Mittelfeld. Dennoch hat es nicht zum Titel „Dolles Dorf 2008“ gereicht. Sieger wurde Friedigerode und unter dem darauf einsetzenden Jubel brach sogar ein Teil der Bühne des hr-Treff zusammen.

Aber das "dollste Dorf im Vogelsberg 2008" mit den sympatischsten Menschen ist mit Sicherheit Gleimenhain (=“Gleime“) geworden. Dies beteuerte auch Anne Brüning, als sie dem stolzen Ortsvorsteher die Urkunde für den vierten Platz überreichte. Auch Bürgermeister Künz, der natürlich als treuer Fan seines Stadtteils angereist war, freute sich darüber, dass Gleimenhain es geschafft hat, unter 49 Teilnehmern ins Finale zu gelangen. Auch die "coolen Jungs" Jan Dietz, Jan Schmittdiel, Steven Schmelter und Coach Thorsten Becker von der EM-Aufgabe freuten sich und wollten im Anschluss erst mal richtig feiern: „Dabei sein ist eben alles“. (br) +++