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Archäologen Harald ROSMANITZ und Horst KUNZ zu den Grabungen am Stubbach
06.09.15 - Zwischen Ulmbach und Rabenstein im heutigen Main-KInzig-Kreis lag im frühen Mittelalter die Siedlung Stubbach. Genauer gesagt „Obernstuppach und Niedernstuppach“. Urkundlich erwähnt um das Jahr 810. Zuletzt im Jahre 1415. Genau 600 Jahre später bringt der Landwirt Eduard Hergenröder die Wüstung Stubbach wieder ins Gespräch, als er beim Pflügen einer Wiese oberhalb des Kirchküppels Keramikscherben und gebrochene Steine entdeckt.
Seit fünf Tagen tragen die Archäologen Harald Rosmanitz und Stefanie Müller mit vielen ehrenamtlichen Helfern aus der Region Schicht für Schicht auf dem Acker ab. „Wir sind uns noch nicht im Klaren, ob es sich um das erwähnte Dorf Stubbach handelt. In fünf Wochen wissen wir mehr“, berichtete Rosmanitz bei einem Vortrag des Heimat- und Geschichtsvereins Ulmbach vor über 100 interessierten Zuhörern im Vogelsberger Hof.
Dass die Ausgrabung so große Wellen schlägt, hat seinen Grund. „Der Acker ist ein Tatort. Wir sammeln Fakten und werden einiges über das Leben der Menschen, die dort im 14. Jahrhundert gelebt haben, erfahren.“ Für das mittelalterliche bäuerliche Leben im Vogelsberg gebe es bisher keine Belege in der Literatur.
Fest stehe nach den ersten Grabungen, dass dort Keramik aus Aulendiebach bei Büdingen in Gebrauch war. „Was wir gefunden haben, waren einfache, hart gebrannte Töpfe mit Wackelböden. Die wurden ins Feuer gestellt, um das Essen zu bereiten.“ Schwarze Flecken im Acker deuteten auf Lehm in den Fachungen der Häuser hin. „Eventuell ist die Siedlung abgebrannt. Aber auch die schwarze Pest kann ein Grund sein, warum die Siedlung aufgegeben wurde“, so der Archäologe. „Die Funde belegen recht eindeutig, dass die Siedlung, die wir als Ausläufer des Dorfes Stubbach vermuten, zwischen 1290 und 1330 kurz besiedelt war.“ Dass dort Familien gelebt haben, zeigen die Funde. Eine Glocke aus Messing und Eisen trugen früher Schweine. Beile seien für den Hausbau benötigt worden.
Der Steinauer Heimatforscher Rainer Geschwindner habe eine kleine Spinnwirtel gefunden. Wolle zu spinnen sei immer eine typische weibliche Arbeit gewesen. Auch Kinderspielsachen aus Keramik runden die Vermutung ab, dass in der Gemarkung Familien gelebt hätten. Ein Rätsel müssen die Archäologen noch lösen. Wer hat hier das ganze Jahr über gewohnt? Denn Spitzkacheln deuten darauf hin, dass es in der Siedlung Kachelöfen gab. Doch die konnten sich die armen Bauern nicht leisten. Komfort waren dem Klerus und Adel vorbehalten.
Mit über 100 Fotos hatte Vorstandsmitglied Horst Kunz einen Überblick über die Entdeckung im Herbst des vergangenen Jahres, die Begehung im März und den Beginn der Grabungen dokumentiert. „Natürlich könnte das Dorf Stubbach auch aufgegeben worden sein, weil es zu oft überfallen wurde“, so Kunz. Lange vor Marjoß habe man in Ulmbach Keramik hergestellt. Nach dem Fund von Zehntausenden Scherben wäre es durchaus auch denkbar, dass in der Gemarkung Stubbach Töpfer ihre Arbeit gemacht hätten. Die gefundenen Maultiereisen seien eventuell ein weiterer Beleg für die Töpfertheorie (Dietmar Kelkel) +++