Archiv
Ausstellungseröffnung an der Modellschule Obersberg
09.09.15 - Heutige Rechtsextremisten werben dem Zeitgeist angemessen massiv mit der „Erlebniswelt Rechtsextremismus“, um Jugendliche für ihre krude Ideologie zu begeistern. Träger brauner Botschaften sind einzelne Musikgruppen, Codes, Symbole wie die schwarze Sonne oder der Thorshammer, Jugendzeitschriften, Internetforen, Konzerte und Events. Sie benutzen englische Begriffe, um modern zu wirken. Ihr Äußeres greift Trends und Styles auf.
Während in den 1990er Jahren der deutsche Neonazi mit Glatze, Bomberjacke, Springerstiefel und Baseball-Schläger als solcher zweifelsfrei zu erkennen war, hat sich die Szene längst ausdifferenziert. Sie tarnen ihre Botschaften mit provokant-subversiven Sprüchen und suggerieren Zugehörigkeit und Zusammenhalt. Für viele junge Menschen, die um Respekt ringen, eine attraktive Perspektive. Hinter alledem steckt allerdings nach wie vor der gleiche menschenverachtende Inhalt: Wer nicht spurt, wird diffamiert, ausgegrenzt und verfolgt.
Um Aufklärung zu betreiben, haben der Ausländerbeirat Bad Hersfeld, der DGB Bad Hersfeld und das Bündnis „Bunt statt braun“ die Ausstellung „Vorsicht Rechtsextremismus“ für sechs Wochen in den Landkreis Hersfeld-Rotenburg geholt, die am Dienstag in der Modellschule Obersberg unter großer Beteiligung interessierter Zuhörer und der musikalischen Umrahmung von Helgo Hahn am Flügel eröffnet wurde. Helge von Horn führte sachlich und kompetent in die Ausstellung ein, in der der thematische Bogen über rechtsextreme Parteien wie die NPD, „Die Rechte“ und „Der III. Weg“ und neuere Gruppierungen wie die „Identitäre Bewegung“ oder die „Reichsbürger“ bis hin zu rechtsextremen Themen und Parolen geschlagen wird.
Der Soziologe befasst sich seit rund 20 Jahren intensiv mit dem Thema. Seit 2009 arbeitet er mit seinen Mitstreitern im Schwalm-Eder-Kreis an dem Projekt „Gewalt geht nicht“. Aus diesen Erfahrungen heraus hat er gemeinsam mit Stefan Bürger diese Ausstellung konzipiert und gestaltet, bei der Aufklärung und Erklärung im Vordergrund steht. Zielgruppe ist eindeutig die Jugend zur Sensibilisierung und als Angebot zur Auseinandersetzung im Bereich Schule. Letztendlich wird der Blick für die demokratische Alternative geschärft und die abschließende Frage: „Demokratie – aber wie?“ als Anregung für den weiteren Dialog mit auf den Weg gegeben.
Klaus Schüller, Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes, warnt: „Wir müssen uns gegen den braunen Mob wehren“. Erster Stadtrat Dr. Rolf Göbel wendet sich an die anwesenden Mitstreiter für Demokratie und Humanismus mit der Aufforderung: „Es ist Zeit, Flagge zu zeigen“, denn: „Mit den weltweiten Migrationsbewegungen wird aktuell deutlich, wie viel gefährliches demokratiefeindliches Potential noch vorhanden ist“. Es gibt auch im Landkreis Hersfeld-Rotenburg einen latenten Nationalismus, versichern die Initiatoren der Ausstellung. Hetzbriefe werden zum Beispiel an den Ausländerbeirat verschickt, die „noHeim-facebook-Gruppe“ in Bad Hersfeld zeigt überdeutlich, dass Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus eng zusammenhängen. Die Kameradschaft Waldhessen trat regelmäßig in Dresden mit einem Transparent auf.
Rainer Nieselt, Aufgabenfeldleiter Gesellschaftswissenschaften an der MSO, stellt fest: „Faschismus, Chauvinismus und Antisemitismus sind aus den Köpfen nicht verschwunden“. Desto erfreulicher ist das riesengroße Interesse an der Ausstellung „Vorsicht Rechtsextremismus!“ die klassenweise besucht wird. Schon vorab waren alle Vormittagstermine vergeben. Nachfolgend wird die Ausstellung an der Blumenstein-Schule Wildeck-Obersuhl, der Geistalschule Bad Hersfeld, der JGS Rotenburg und an den Beruflichen Schulen Bebra gezeigt. (Gudrun Schmidl) +++