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Landrat GÖRIG (SPD) zum Ehrenamt in Flüchtlingsunterkünften: "Nicht haltbar"
24.10.15 - „Um 17 Uhr startet der Zug Richtung Mannheim, von dort bringen sie Busse zu uns. Erst wenn sie etwa gegen Mitternacht tatsächlich in den Bussen sitzen, wissen wir, wie viele Flüchtlinge wir in den Nachstunden erwarten können“, schilderte Landrat Manfred Görig (SPD) die Zuteilungsmechanismen für den Vogelsbergkreis. Er ist jede Nacht auf den Beinen. Als Landrat fühle er sich zum Bleiben verpflichtet: die vielen Ehrenamtlichen, die am Limit ihrer Kräfte zwölf-Stunden-Schichten in den Sporthallen schieben, müsse er unterstützen. „Wenn man vorn steht, muss man mehr Wind aushalten, der einem entgegen weht.“
Vom Land Hessen erwarte er die schnelle Übernahme der Überlaufeinrichtungen. Ebenso sei der Einsatz von mehr Hauptamtlichen notwendig, um die Freiwilligen zu entlasten. „Unser Katastrophenschutz wird zum allergrößten Teil ehrenamtlich geschultert. Man kann solche Einrichtungen ja nicht auf Dauer mit Ehrenamtlichen betreiben“, sagte er bei der heute kurzfristig anberaumten Pressekonferenz zur aktuellen Situation im Lauterbacher Kreishaus.
In der vergangenen Nacht sind 74 Flüchtlinge neu zugeteilt worden (von angekündigten 100). Der Vogelsbergkreis hält vier Großsporthallen für 1.000 Flüchtlinge vor (Alsfeld, Lauterbach, Mücke, Homberg), von denen derzeit zwei belegt sind (Lauterbach 147 Flüchtlinge, Alsfeld 54, Jugendliche ohne Begleitung 50). Für die Nacht von Samstag auf Sonntag stehen weitere 360 "Regelankündigungen" im Raum - erst wenn sie da sind, weiß man genau, wie viele es sind.
Im dünn besiedelten Kreis stellt es für die ehrenamtlichen Helfer von DRK, Feuerwehr, Bergwacht usw. eine nicht zu unterschätzende körperliche Belastung dar, 1.000 Plätze vorzuhalten und sich auf die schnell wechselnden Anforderungen personell einzustellen. Landrat Görig fordert das Land Hessen daher auf, die Erstaufnahmestellen zügig zu übernehmen (wie in anderen Städten schon geschehen) und mehr Hauptamtliche vorzusehen bzw. einzustellen.Vieles sei schon in eine hauptamtliche Leistung modifiziert worden - wie zum Beispiel die Reinigung oder das Catering.
Die vielen freiwilligen Helfer stemmten seit geraumer Zeit zwölf-Stunden-Schichten, ohne Geld dafür zu verlangen. Neben Familie und Beruf stellen sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung und helfen, wo es nur geht. Doch mancher Arbeitgeber sei verständlicherweise am Ende seiner Freistellungsmöglichkeiten angelangt. Hier sei es an den Verantwortlichen in Hessen, diese Arbeit zu würdigen und schnell Konsequenzen zu ziehen. (Anna Medlin) +++