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Exklusiv-Interview mit Unternehmer Frank SOMMERLAD - "Ich glaube an den Neubau"
04.07.16 - "Wir haben Fehler gemacht", gibt Unternehmer Frank Sommerlad im Exklusiv-Interview mit OSTHESSEN|NEWS zu. Dennoch glaubt er an den Neubau seines Möbelhauses an der Rhön-Autobahn 7 (Ausfahrt Fulda-Mitte) auf Künzeller Gemeindegebiet. Die Zukunft des 30 Millionen Euro-Projekts ist aber noch offen, denn erst wenn der Zentralausschuss der Regionalversammlung Nordhessen beim Regierungspräsidium Kassel zustimmt, darf das heimische Traditionsunternehmen bauen. Für die knapp 130 Mitarbeiter und deren Familien herrscht also weiter Ungewissheit.
Für Fragen von OSTHESSEN|NEWS hat sich der Investor und Unternehmer Frank Sommerlad in der vergangenen Woche fast zwei Stunden Zeit genommen, um über die aktuelle Lage, Probleme der Vergangenheit und die Zukunft zu sprechen.
O|N:
Frank Sommerlad: "Wenn der Zentralausschuss dem Neubau am Standort Künzell im September zustimmen wird, dann können wir in 18 Monaten das Baugenehmigungsverfahren durchführen und den Neubau bis März 2018 fertigstellen. Das ist zeitlich gesehen sehr sportlich, aber machbar."
O|N: Die Gemeinde Künzell hat beim Regierungspräsidium Kassel einen neuen Antrag auf Abweichung des Regionalplans gestellt. Aus der Politik gibt es aber noch teilweise heftigen Widerstand. Warum?
Frank Sommerlad: "Wenn man die Umstände und die bisherige Entwicklung im Einzelnen nicht kennt, dann entspricht unser Vorgehen dem Negativklischee des Unternehmers: Der Unternehmer trifft eine Entscheidung, Verlagerung des Möbelhauses in ein Gewerbegebiet, Politik und Verwaltung sollen diese vollziehen, es wird ein Termin gesetzt, Ende des Mietverhältnisses am Altstandort, sonst droht der Verlust von Arbeitsplätzen. Dass bei Politik und Verwaltung dieser Eindruck entstanden ist, haben wir erst spät begriffen. Wir verstehen heute auch, dass Politik und Verwaltung dem ersten Abweichungsantrag nicht einfach Folge leisten wollten, weil sonst das Beispiel Schule machen könnte. Dass durch unser Verhalten bei einigen der Eindruck entstanden ist, wir hätten Politik und Verwaltung unter Druck setzen wollen, bedauern wir und bitten wir zu entschuldigen. Das war nicht gewollt."
O|N:
Frank Sommerlad: "Wir hätten von Beginn an alle politischen Entscheidungsträger in unsere Pläne einbezogen. Auch das Mietverhältnis wäre nicht gekündigt worden, bevor die planerischen Voraussetzungen des Neubaus verbindlich geklärt sind. Heute wissen wir, dass wir als erstes die Vereinbarkeit des geplanten neuen Standortes mit den Zielen des Regionalplans Nordhessens hätten überprüfen müssen und danach das Gespräch mit der Regionalplanung beim RP gesucht."
O|N: Sie haben also vor der ersten öffentlichen Äußerung weder mit der Politik noch mit der Verwaltung gesprochen?
Frank Sommerlad: "Doch natürlich, aber nur mit der Politik und der Verwaltung in der Stadtregion Fulda, nicht aber mit dem Regierungspräsidium. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur vorbringen, dass mir zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war, dass die maßgebliche Entscheidung über den neuen Standort in Kassel getroffen wird. Wir waren damals politisch zu naiv. Inzwischen sind wir klüger und auch sachkundiger geworden."
O|N
Frank Sommerlad: "Mit dem Integrationsgebot soll eine städtebauliche Einbindung des großflächigen Einzelhandels erreicht werden. Darüber kann und sollte man bei Elektronikfachmärkten oder Factory Outlets nicht streiten. Beim großflächigen Einzelhandel mit Kernsortimenten, die nicht in den Innenstädten angeboten werden, im Wesentlichen sind das Bau- und Möbelmärkte, handelt es in der Regel um sperrige Bauvorhaben mit großem Flächenbedarf, die sich in die meistens kleinteilig strukturierten Siedlungsgebiete nicht integrieren lassen. Unsere Recherche hat das bestätigt."
O|N: Was haben Sie genau recherchiert?
Frank Sommerlad: "Wir haben die Standorte der Bau- und Möbelmärkte in Nordhessen ermittelt und mit den Darstellungen des Regionalplans Nordhessen abgeglichen. Danach liegen die großen Bau- und Möbelmärkte der bekannten Filialisten fast ausnahmslos in Vorranggebieten Industrie und Gewerbe. Selbst kleine Möbelhäuser liegen überwiegend in Vorranggebieten Industrie und Gewerbe."
O|N:
Frank Sommerlad: "Nach unserem Eindruck geht der RP bei der Zulassung von großflächigem Einzelhandel in Vorranggebieten Industrie und Gewerbe pragmatisch vor. Ein Kriterium scheint zu sein, dass in den Vorranggebieten Siedlung kein geeigneter Standort zu finden ist, ein weiteres, dass durch die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsvorhabens in einem Vorranggebiet Industrie und Gewerbe das Angebot an Gewerbeflächen nicht verknappt wird."
O|N: Was bedeutet das wiederum für den neuen Abweichungsantrag der Gemeinde Künzell?
Frank Sommerlad: "Im Auftrag der Stadtregion hat das Büro Dr. Lademann und Partner, das auch das Regionale Einzelhandelsentwicklungskonzept erarbeitet hat, potentiell geeignete Standorte in der Stadtregion untersucht. Diese Standorte liegen alle nicht in Vorranggebieten Siedlung, weil dort keine geeigneten Flächen zur Verfügung stehen. Das Möbelhaus beansprucht mit Parkplätzen circa 3,7 Hektar von den insgesamt 60 Hektar des interkommunalen Gewerbegebietes. Dass nach der Verlagerung des Möbelhauses die Gewerbeflächen in der Stadtre-gion knapp würden, wird man kaum sagen können."
O|N:
Frank Sommerlad: "Wir haben lernen müssen, dass man zuerst einen Blick in den Regionalplan werfen sollte. Im Regionalplan ist die Fläche an den Kaiserwiesen als 'Regionaler Grünzug', als Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen und als Vorranggebiet für Landwirtschaft dargestellt. Ob diese Raumfunktionen der Ansiedlung eines Möbelhauses entgegenstehen würden, kann ich nicht beurteilen. Was die städtebauliche Anbindung des Standorts Künzell angeht, besteht eine enge funktionale Verbindung über die B 458 an den benachbarten Einzelhandel mit Globus, das Justus-Liebig-Center und das Einkaufszentrum 'Alte Ziegelei' in Petersberg. Die Entfernung beträgt je nachdem 400 bis 850 Meter. Diese Einzelhandelsagglomeration wird im Regionalen Einzelhandelskonzept als Ergänzungsstandort mit regionaler Bedeutung ausgewiesen. Die A 7 stellt nur eine optische Zäsur dar, wenn man auf den Plan sieht, keine funktionale, wenn man vor Ort unterwegs ist."
O|N:
Frank Sommerlad: "Wir erwarten, dass der Zentralausschuss sachlich und unvoreingenommen über den Antrag entscheidet. Wenn der RP bei seiner pragmatischen Planungspraxis bleibt, glauben wir, zuversichtlich sein zu dürfen."
O|N: Was passiert, wenn die Versammlung das Bauvorhaben ablehnt - haben Sie einen Plan B?
Frank Sommerlad: "Nein, denn ich glaube an den Neubau an der Autobahn."
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Sommerlad. Das Interview führte OSTHESSEN|NEWS-Redakteur Christian P. Stadtfeld. +++