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Pardon! Ich habe gegen die Gefahrenabwehrverordnung verstoßen
08.07.16 - Es war nicht geplant, nicht beabsichtigt, und jetzt ist es doch passiert: Ich habe gegen Paragraph 9 der Gefahrenabwehrverordnung der Gemeinde Petersberg und gegen Paragraph 27 des Hessischen Straßengesetzes verstoßen. Hiernach sind „Abgrenzungen entlang von öffentlichen Straßen so zu unterhalten, dass durch deren Beschaffenheit die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt wird“. Diesen kriminellen Fauxpas hat mir jetzt der „Bürgermeister als Ordnungsbehörde“, so ist der Absender des Schreibens der Gemeinde Petersberg betitelt, mitgeteilt. Ein Bußgeld wurde angesprochen, aber noch nicht verhängt.
Bei meinem Vergehen handelt es sich nicht etwa um eine Lappalie wie die eines nicht geschlossenen Sonnenschirms. Meine Verfehlung ist schlimmer und unentschuldbar: Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres hat die Gemeinde „festgestellt, dass die Einfriedungsbepflanzung auf Ihrem im Betreff angegebenen Grundstück zu weit in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragt. Dies führt dazu, dass der vorhandene Verkehrsraum nicht in sicherer Weise benutzt werden kann“.
Stimmt, wie man anhand des Beweisfotos eindeutig erkennen kann: Die Gehwegbreite könnte knapp werden, sollte hier ein Siamesischer Fünfzehnling nebeneinander herlaufen oder ein Segelflieger landen. Beim traditionellen Taunusstraße-Marathon mit 25.000 Teilnehmern beschweren sich immer wieder Athleten, dass sie vor Hausnummer 16 nicht mehr als 18 bis 19 Bierbänke und -tische für eine Brotzeit aufstellen können. Und erst vergangene Woche bekam ein Spezialtransporter, der eine Tragfläche und den Rumpf des Airbus A380 von Hamburg-Finkenwerder nach Toulouse transportierte, Schwierigkeiten beim Wenden vor dem Grundstück. Pardon, mein Fehler!
Über Gehwegen muss der Rückschnitt bis zu einer Höhe von 2,50 Meter erfolgen, belehrt mich die Gemeinde. Weniger wäre in der Tat problematisch. Es ist noch keine 14 Tage her, da klingelte bei mir der Hahn der Bremer Stadtmusikanten und war wenig erfreut, weil er mit seinem Kamm in meiner Hecke hängengeblieben war. Zudem ist der 2,13 Meter große Basketballer Dirk Nowitzki dafür bekannt, auf Stelzen durch die Straße zu joggen. Nicht in der Mitte des bis zu vier Meter breiten Gehwegs, sondern möglichst dicht am Grundstück, um sich garantiert im dezenten Grünzeug zu verheddern.
Den Nachbarn in den Nebenstraßen, die nach eigenem Bekunden nicht mal eine Heckenschere besitzen und speziell nach Regen, wenn das Geäst traurig nach unten hängt, ihren eigenen Bürgersteig nicht mehr begehen können, hat die Gemeinde keine Post geschickt. „Wir haben ja auch nur gedacht, aber nicht öffentlich geschrieben, dass wir das Konzept der bespielbaren und der besitzbaren Gemeinde blöd finden und den Kindergartenneubau optisch für eine Katastrophe halten“, erklären die mir. Keine Ahnung, was sie damit meinen.
Wenige Meter von meinem Grundstück entfernt wachsen übrigens vier überdimensionierte Pilze mitten aus dem Bürgersteig heraus. In einer schlecht einsehbaren Kurve. Speziell im Dunkeln ein Traum. Die finden hier alle richtig toll. Aufgestellt hat die Kunstwerke die Gemeinde. Damit sich Radfahrer, Kinder auf Bobbycars und Rollstuhlfahrer, die auf dem Gehweg nichts zu suchen haben, so richtig aufs Maul legen. Wie heißt es noch im Brief des Bürgermeisters: „Gemäß § 27 des Hessischen Straßengesetzes und § 9 der Gefahrenabwehrverordnung der Gemeinde Petersberg sind Abgrenzungen entlang von öffentlichen Straßen so zu unterhalten, dass durch deren Beschaffenheit die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt wird.“ Bürokratischer Unfug! Zum Glück sitzen im Rathaus keine Erbsenzähler, sondern lediglich Heckenschützen. (Jochen Wieloch) +++