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REGION Luchsbericht 2016

Immer mehr Lebensnachweise - Schwieriges Jahr für Luchs in Hessen

HintergrundZiel des im 2004 auf Initiative des Ökologischen Jagdvereins Hessen (ÖJV) und des hessischen Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) gegründeten verbandsübergreifenden Arbeitskreises „Hessenluchs“ ist eine sachgerechte Information über den Luchs in Hessen. Dies soll durch Informationsveranstaltungen, Fachtagungen und Pressearbeit erreicht werden. Im Auftrag der Obersten Naturschutzbehörde fasst der Arbeitskreis in einem jährlichen Luchsbericht den Zustand der Luchspopulation zusammen. Dieser Bericht wird von der Umweltministerin im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Arbeitskreis veröffentlicht. Arbeitsgrundlage sind die Belege für das Vorkommen des Luchses in Hessen (Sichtungen, Fährten und andere Nachweise), die vom Arbeitskreis gesammelt, bewertet und in einem hessenweiten Luchsregister zusammengeführt und der Abteilung Naturschutz im Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLNUG) übermittelt wird. Die Luchsdaten-Erfassung ist primäre Aufgabe der rund

17.08.16 - „Das letzte Jahr hat deutlich gemacht, dass noch eine längere Wegstrecke vor uns liegt, bis der Luchs wieder ein fester Bestandteil der hessischen Tierwelt sein wird“, fasste Umweltministerin Priska Hinz das Ergebnis des Luchsberichtes 2016 zusammen. Nachdem es jahrelang nur positive Meldungen zur Wiederbesiedlung des Landes Hessen durch wildlebende Luchse gab, spricht der jährliche Bericht des Arbeitskreis Hessenluchs für das Hessische Umweltministerium in diesem Jahr von Licht und Schatten. „Zwar gibt es positive Aspekte aber auch deutliche Rückschläge“, ergänzte Thomas Norgall, Naturschutzreferent des hessischen Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und einer der beiden Koordinatoren des Arbeitskreises Hessenluchs. „Das Jahr 2015 hat uns vor Augen geführt, wie anfällig das kleine Luchsvorkommen in Hessen ist und dass die Zuwanderung aus dem Harz für eine dauerhafte Wiederansiedlung Hessens noch unverzichtbar ist.“

Umweltministerin Priska Hinz begrüßte die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten: „Wir können heute nur deshalb so viele Details aus dem Leben der Luchse in Hessen berichten, weil die ehrenamtlichen Luchsbeauftragten des Arbeitskreises Hessenluchs und die beteiligten Forstämter mit großem Engagement und vertrauensvoll mit der Naturschutzverwaltung zusammenarbeiten und weil darüber hinaus eine ganz ausgezeichnete Kooperation mit den Verantwortlichen des Luchsprojektes der Nationalparkverwaltung Harz und des Forschungsprojektes unter der Leitung von Dr. Markus Port von der Uni Göttingen besteht.“

Positiv ist zu bewerten, dass die Zahl der hessischen Landkreise mit sicheren Nachweisen gegenüber den Vorjahren größer geworden ist. Außerhalb des bekannten Luchs-Hotspots südöstlich von Kassel gelangen Fotonachweise von Einzeltieren bei Rotenburg an der Fulda, bei Schlitz im Vogelsberg, in der Rhön und seit Dezember 2015 mehrfach im Spessart. Vermutlich handelte es sich bei diesen Tieren um junge Luchse auf der Suche nach einem Revier. Es ist bekannt, dass insbesondere die Männchen dabei auch größere Strecken von 100 Kilometer und mehr zurücklegen. Positiv ist auch eine weitere Verbesserung der Kenntnisse zu den Wechselbeziehungen zwischen der Population im Harz, die durch Auswilderung begründet wurde, und dem Luchsvorkommen im Norden Hessens. So wanderte erstmals ein Luchs aus Hessen in den Harz, während bisher nur Wanderungen vom Harz nach Hessen dokumentiert waren. Zudem wurde deutlich, dass das Ausbreitungspotential der Harz-Luchse größer ist als bisher bekannt, denn ein Luchs, der in Nordbayern an der Landesgrenze zu Hessen festgestellt wurde, konnte durch genetische Analysen der Harzpopulation zugordnet werden. Ob das Tier vom Harz bis Nordbayern gewandert ist oder es z.B. in Nordhessen geboren wurde und dann nur noch eine kürzere Strecke wanderte, ist nicht bekannt.

Diesen positiven Feststellungen stehen gravierende negative Entwicklungen in den Wäldern Söhre, Riedforst und Kaufunger Wald südöstlich von Kassel gegenüber. Sie belegen, dass der Luchs sich noch nicht dauerhaft in Hessen etablieren konnte. Nachdem in diesem Gebiet seit 2010 jährlich mindestens eine Luchsin Junge aufgezogen hat, dürfte es 2015 zum Fortpflanzungsausfall gekommen sein und es ist unklar, wann wieder eine erfolgreiche Fortpflanzung nachgewiesen werden kann. Zwar brachte auch 2015 ein Weibchen in Hessen nachweislich drei Junge zur Welt, doch leider musste dieses Weibchen wegen starken Räudebefalls eingeschläfert werden. Die Räude ist eine Hautkrankheit, die durch Milben verursacht wird und bei freilebenden Luchsen tödlich verläuft. Wahrscheinlich haben auch die Jungen der Luchsin nicht überlebt. Die Situation konnte so genau verfolgt werden, weil die Luchsin von den Verantwortlichen des Luchsprojektes der Nationalparkverwaltung Harz schon vor längerer Zeit ein Halsband mit Peilsender und den Namen F7 erhielt. Die Sendesignale belegten, dass die Luchsin F7 ihr Hauptstreifgebiet im hessischen Teil des Kaufunger Waldes hatte und dort auch ihre Jungen zur Welt brachte.

Durch ein spezielles Fotofallenmonitoring, das seit 2014 von Dr. Markus Port (Uni Göttingen) in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Hessenluchs, den Forstämtern Hessisch Lichtenau und Melsungen sowie seit einiger Zeit auch mit dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie und dem Forstamt Wehretal durchgeführt werden konnte, gelangen noch weitere, tiefe Einblicke in das Luchsvorkommen südöstlich von Kassel. So konnten Dr. Markus Port und seine Mitarbeiter zwischen November 2014 und Februar 2016 auf einer Fläche von 610 Quadratkilometern sechs selbständige Luchse identifizieren. Die Dichte des Luchses von etwa einem Tier je 100 Quadratkilometern ist geringer als im Harz und in der Schweiz (wo mehr als 2 Luchse pro 100 Quadratkilometer geschätzt wurden), allerdings vergleichbar der Luchsdichte im Bayerischen Wald

Bei den sechs sicher identifizierten Luchsen waren Verluste zu verzeichnen: Die Luchsin F7 musste wegen der Räude eingeschläfert werden. Ein weiteres Tier ist in den Harz abgewandert und zwei andere – vermutlich weibliche – Individuen konnten seit mehr als einem Jahr nicht mehr nachgewiesen werden. Sie sind entweder ebenfalls abgewandert oder verendet. Letzteres ist angesichts der Standorttreue erwachsener Luchse wahrscheinlicher als eine Abwanderung. Der Verlust der weiblichen Luchse ist für die künftige Entwicklung des hessischen Luchsbestandes möglicherweise sehr nachteilig. Da junge Luchsweibchen auf der Suche nach einem dauerhaften Streifgebiet nach bisherigem Kenntnisstand nicht so weit wandern wie junge Männchen, wird es bis zur Neubesiedlung möglicherweise mehrere Jahre dauern. Andererseits wurde im März 2016 ein neuer Luchs im Revier der eingeschläferten Luchsin F7 entdeckt. Noch ist aber unklar, ob es sich dabei vielleicht schon um ein Weibchen handelt und bisher fehlt aus diesem Jahr auch noch der Hinweis auf eine neuerliche Fortpflanzung. So könnte das Jahr 2016 seit 2010 zum zweiten Jahr ohne sicher belegte Reproduktion in Hessen werden.

Zur Beurteilung der künftigen Bestandsentwicklung haben die Luchsfachleute aus Hessen und Niedersachsen vereinbart, das Luchsmonitoring im niedersächsisch-hessischen Grenzgebiet und speziell im Kaufunger Wald und den regelmäßigen Datenaustausch weiterhin auf hohem Niveau zu betreiben. +++


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