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Uli SCHAUS ... Der wohl älteste Bundesliga-Handballer des Landes
23.08.16 - Wer erinnert sich nicht an Gerd Müllers goldenes Tor von 1974? Oder an Boris Beckers historischen Sieg in Wimbledon? Sportliche Höhepunkte, die in die Geschichte eingingen. Doch nicht nur auf der großen Bühne des Sports, sondern auch im Kleinen gab es Momente, die mehr oder weniger präsent im Bewusstsein sind. "Es war einmal ..." ist eine Rubrik, die verblasste Erinnerungen an besondere Ereignisse oder Veranstaltungen wecken soll. Im zehnten Teil unserer Serie geht es um den Handball-Torwart Uli Schaus, der wohl als der älteste Bundesliga-Schlussmann in die Geschichte eingehen dürfte.
Mit 55 Jahren noch im Handball-Tor eines Zweitligisten? Gibt’s nicht? Gibt’s doch! Der Eichenzeller Ulrich „Uli“ Schaus hat wohl einen deutschen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt. Er gilt als ältester Spieler, der noch in der Bundesliga aktiv war. In der Saison 2006/2007 war Schaus noch für den TV Gelnhausen in der zweithöchsten Liga des Landes zwischen den Pfosten gestanden, bis 2009 half er beim TVG noch aus – da aber schon in der Regionalliga, in die Gelnhausen in der Zwischenzeit abgestiegen war.
Seine Vita liest sich umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass Uli Schaus erst mit 16 Jahren den Weg in das Handball-Tor gefunden hat. Zuvor stand er bei den Fußballern im Tor, ehe er sich in der Jugend von Borussia Fulda, Schaus‘ Heimatverein, mal beim Handball zwischen die Pfosten stellen sollte. Offensichtlich stellte sich der Eichenzeller ganz passabel an, sein künftiger Weg ist vorgezeichnet. Mit den Borussen erlebt er dessen erfolgreichste Jahre im Handball, spielt in der Regionalliga und scheitert in zwei Aufstiegsspielen am Aufstieg in die 1. Liga.
Den Weg in das Oberhaus findet der Torhüter aber dennoch. Er wechselt 1982 nach Hüttenberg und erfüllt sich seinen Traum von der Bundesliga. „Mein erstes Spiel habe ich in Berlin gegen die Reinickendorfer Füchse gemacht“, erinnert sich Schaus, „wir waren klarer Außenseiter und haben trotzdem gewonnen.“ Ein Bild in seinem Büro erinnert an Hüttenbergs Sieg in Berlin. Drei Jahre bleibt Schaus beim TVH, ehe er zum ersten Mal nach Gelnhausen wechselt – zum TVG, seiner heimlichen Liebe, sollte er noch mehrmals zurückkehren.
Allerdings spielte – oder besser gesagt: hielt - sich Schaus schon zu seinen Zeiten bei Borussia Fulda in den Blickpunkt des Deutschen Handball Bundes (DHB). Regelmäßig wurde er in den B-Kader nominiert und auch für den A-Kader absolvierte Schaus zwei Länderspiele. Er spielte mit Spielern wie Heiner Brand, Joachim Deckarm oder Kurt Klühspies zusammen – alles Spieler, die 1978 Weltmeister wurden. Ein Titel, der Schaus nicht zuteilwurde. Weil er jeher seinen Beruf an oberster Stelle setzte, blieb ihm der ganz große Durchbruch verwehrt.
„Ein bisschen trauere ich dem schon hinterher“, gibt Schaus zu, „aber das Leben als Profi war mir zu unsicher. Und ich bin mir sicher, dass ich, wenn ich das damals gemacht hätte, nicht bis in diesem Alter hätte spielen können.“ Mit „damals“ meint Uli Schaus das Angebot von Bundesligist Phoenix Essen, das er jedoch ablehnte. Im zarten Alter von 41 Jahren feierte Schaus dann doch noch sein Comeback in Liga eins als er von Gelnhausen zu TuRu Düsseldorf ausgeliehen wurde.
Über den HSC Bad Neustadt, Borussia Fulda und die SG Bruchköbel kehrte Uli Schaus später wieder nach Gelnhausen zurück – und wurde zum wohl ältesten Torwart, der je in der Bundesliga hielt. Von dem schönsten Moment seiner Karriere möchte Schaus, der fünfmal Meister in der Regionalliga wurde, nicht sprechen, vielmehr habe jedes Jahr seine ganz eigene Geschichte gehabt.
Im Frühjahr diesen Jahres hatte sich ein erneutes Comeback Schaus‘ angedeutet: der TVG klagte über Personalmangel im Tor bei der zweiten Mannschaft, die zu diesem Zeitpunkt um den Aufstieg in die Landesliga kämpfte. Also klopfte Gelnhausen bei Uli Schaus an, dieser sagte zu und wäre für den Fall der Fälle bereit gewesen. Rechtzeitig wurden die Torhüter allerdings fit und das Comeback zerschlug sich. „Es wäre ein toller Abschluss gewesen, weil das Spiel in Dietzenbach war, wo ich einst mein erstes Spiel bei den Herren gemacht habe“, sagt Uli Schaus. Seine Laufbahn, so der 65-Jährige, sei daher noch nicht beendet. (Tobias Herrling) +++