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24.08.08 - SCHOTTEN

Ist Bioenergie für unsere Autos eine Alternative zu Benzin und Diesel?

CO2–Emissionen, die Endlichkeit des Öls und die Kostenexplosion beim Ölpreis erfordern ein Umsteuern hin zu umweltfreundlichen Energieformen. Wie aus heimischen Rostoffen Energie zum Antrieb unserer Autos, Busse und Lastwagen gewonnen werden kann, erläuterte Agraringenieur Georg Dierschke vom Maschinenring Wetterau im Haus Sonnenberg auf Einladung des Vereins „Erneuerbare Energien für Schotten“.

Als die Bauern in der Wetterau in den 1990er Jahren 15 Prozent ihrer Ackerflächen stilllegen mussten, gründeten sie die Erzeugergemeinschaft NAWARO (Nachwachsende Rohstoffe). Sie bauten auf diesen Flächen Energiepflanzen an, um Biodiesel für die Lastwagen der „Zuckerrübenflotte“ zu erzeugen. Technisch ist das – anders als beim Rapsöl, wo der Motor umgebaut werden muss – kein Problem. Obwohl die Stilllegungsverpflichtung inzwischen von der EU zurückgenommen wurde, blieben sie bei dieser Strategie und die Gemeinschaft vermarktete im letzten Jahr 50 Millionen Liter Biodiesel. Inzwischen ist der Absatz jedoch rückläufig. Nachdem Biodiesel bundesweit mehr als 10 Prozent Marktanteil erreicht hatte, wurde die anfängliche Steuerbefreiung auf Druck der großen Mineralölkonzerne gekappt. Die sahen in dem Alternativkraftstoff eine unliebsame Konkurrenz.

Einen ähnlichen Konflikt gibt es bei der Kraftstoffgewinnung aus Biomasse, die von der Bundesregierung gefördert wird – allerdings nur bei großindustriellen Anlagen. Gegenwärtig wird eine Pilotanlage in Mecklenburg-Vorpommern mit einer Jahreskapazität von 200.000 Liter gebaut. Die dafür notwendige Investitionssumme von 400 Millionen Euro können nur die großen Mineralölkonzerne aufbringen. Diese Förderpolitik sei absolut unverständlich, so Dierschke, weil kleinere regional zu betreibende Anlagen mit derselben Kapazität nur 20 Millionen Euro kosten. Auch hier geht es um die Interessen der Mineralölkonzerne. Biomasse soll nicht dezentral sondern zentral verarbeitet werden. Die viel sinnvollere Entwicklung kleinerer Strukturen wird nicht gefördert.

Wichtig ist zudem die Pflanzenart, aus der Biomasse gewonnen werden soll. Besonders ertragreich sind zum Beispiel Getreide, Pappeln oder Miscanthus, ein hohes asiatisches Stielblütengras. Die Entscheidung für eine bestimmte Pflanzenart muss jedoch gut überlegt werden. Während man Weizen sowohl für die Ernährung als auch zur Energieerzeugung nutzen und auch die Fruchtfolge von Jahr zu Jahr wechseln kann, wird dieselbe Fläche mit einer Pappelplantage oder Miscanthus mindestens 20 Jahre belegt. In Brasilien fahren 450.000 Autos mit Bioethanol, das aus Biomasse gewonnen wird. Diese Fahrzeuge werden vor allem von VW hergestellt. In Deutschland kann man sie jedoch nicht kaufen.

Biogas ist wie Erdgas bis 2018 steuerbefreit. Allerdings ist die Umrüstung vorhandener Fahrzeuge mit ca. 500 Euro pro Fahrzeug relativ teuer. Noch mehr schlagen die Kosten bei den Tankstellen zu Buche. 200.000 Euro kostet eine Zapfsäule für Erdgas. Entsprechend wenige Tankstellen gibt es deshalb im ländlichen Raum. Zudem ist die Reichweite des biogasbetriebenen Autos auf ca. 300 Kilometer begrenzt. Dass Biogas dennoch eine mögliche Alternative sein kann, belegt das Beispiel der Biogastankstelle in Jameln im niedersächsischen Wendland. Das Roh-Biogas mit einem Methangehalt von gut 50 Prozent wird in einer Biogasanlage gewonnen und dann durch Abspaltung der CO2-Bestandteileauf über 90 Prozent Methangehalt verdichtet, sodass die Autos damit fahren können.

Strom- und Wasserstoff-Autos sind dagegen noch Zukunftsmusik, zumal sie keine Primärenergieträger seien und es bisher keine „Tankstellen“ dafür gibt. Die Automobilkonzerne testen inzwischen mehrere Modelle, wie zum Beispiel die 100 batteriegetriebene Smarts in London. Denkbar sei das stromgetriebene Stadtauto, das man nachts an den Laternenpfählen der Straßenbeleuchtung auflädt.

Nach Dierschke kann kein Energiekonzept allein unsere Abhängigkeit vom Öl verringern. Deshalb müssten verschiedene Wege zugleich verfolgt werden. Wichtig sei es dabei jedoch, möglichst dezentrale Lösungen anzustreben, weil nur so der notwendige Systemwechsel in Gang komme. Nicht vergessen dürften wir dabei unsere wichtigste Ressource: die Energieeinsparung. So sei ein sparsames Auto umweltpolitisch immer noch günstigster als ein Hybridauto.

Es gibt keinen Königsweg, um zukünftig gerade im ländlichen Bereich mobil zu bleiben, fasste die Vereinsvorsitzende Dr. Jutta Kneißel Vortrag und Diskussion zusammen. Sparsamere Autos, angetrieben durch dezentral erzeugte Erneuerbare Energien, seien jedoch die Richtung in die man gehen müsse. Dazu bräuchten wir jedoch einen langen Atem und viel Kreativität, um die technischen und strukturellen Problem zu bewältigen und die politischen Widerstände zu überwinden. Kleinere Strukturen hätten den Vorteil, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt und das Arbeitsplätze sichere. +++

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