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- Fotos: Suria Reiche

FULDA "Ich tue mit Steuern Gutes"

Von einem Jungen mit Kappe und Sneakers, der die Welt der Steuern revolutioniert

08.11.16 - Er ist der "King". Der "Steuer-King" auf dem Campus sozusagen. Wenn Tayabb Ahmad Qasir über den Hof der Hochschule Fulda läuft, dann kommt es nicht selten vor, dass ihm jemand auf die Schulter klopft und sich überschwänglich bei ihm bedankt: "Tayabb, du bist der King! Ohne dich hätte ich das nie geschafft." So oder so ähnlich lauten auch die meisten Mails, SMS und Facebook-Nachrichten, auf Tayabbs Handy. Der 30-Jährige hat in den vergangenen Jahren über 300 Studierenden dabei geholfen, das Fach "Steuern" zu bestehen. Auch solchen, die kurz vorm Durchrasseln waren. Das Besondere daran: Tayabb macht das alles freiwillig. Das Geld, das ihm trotzdem einige seiner "Schüler" zustecken, spendet er. "Ich will mit meiner Hilfe nichts verdienen. Ich will damit etwas zurückgeben."

Es ist noch gar nicht lange her, da saß Tayabb Ahmad Qasir in seinen Turnschuhen, der Jeans und der Kappe auf dem Kopf in einer Vorlesung über Steuern. Der Professor erzählte den Studierenden etwas von Paragraphen und Leistungen. "Ich habe nichts verstanden und dachte, dass das nie was wird", sagt Qasir heute. Er sei sogar kurz davor gewesen, das Fach zu schmeißen, das Studium irgendwie anders hinzubekommen. Inzwischen hat Qaisr die Klausur im Fach Steuern bestanden. Seine Note: 1,0. Heute will der 30-Jährige sein Wissen auch anderen Studierenden weitergeben. Denn bis vor kurzer Zeit war er einer von ihnen. "Ich habe das nur geschafft, weil ich das große Glück hatte, eine Freundin zu haben, die Wirtschaftsjuristin ist und gerade ihr Examen geschrieben hatte." Zwei Stunden hatte sie kurz vor seiner Klausur Zeit für ihn. "Sie hat mir alles ganz einfach erklärt." So einfach, dass sein Hass-Fach für Qasir plötzlich verständlich wurde.

"Nachdem ich die Prüfung geschrieben hatte, kam mein bester Freund zu mir und wollte, dass ich ihm das Fach auch erkläre." Aus einem Freund wurden 15. Ihnen allen brachte Qasir das bei, was er nun konnte. "Dass ich das mache, hat sich schnell herumgesprochen und ich habe über Facebook viele Anfragen bekommen. Alle wollten, dass ich auch ihnen etwas beibringe." Irgendwann schaute Qasir dann - "einfach so aus Spaß", wie er sagt - im Internet, ob die Domain "Steuernachhilfe.de" noch frei war. Das war sie. "Ich habe sie mir gleich gesichert. Irgendjemand musste ja endlich mal Licht in Dunkle bringen." Vor drei Semestern startete der 30-Jährige dann mit seinem ersten offiziellen Steuern-Nachhilfe-Kurs in einem Vorlesungsraum der Hochschule Fulda. "Ich bin davon ausgegangen, dass so 20, 30 Leute kommen werden." Falsch gedacht: Als der 30-Jährige den Raum betrat, den er für den Kurs gemietet hatte, ist er rückwärts wieder rausgelaufen. "Dort war es knallvoll!"

"Eigentlich dachte ich, ich wäre im falschen Raum gewesen. Aber als ich dann draußen stand, kamen welche heraus und haben mir gesagt, dass ich richtig bin." Also ging Qasir wieder rein und brachte den fast hundert Studerienden, die gekommen waren, das bei, was sie nicht verstanden. Damit das anders wurde, hatte Qasir einiges an Tricks parat: "Ich habe es den Leuten so erklärt, dass es ihnen Spaß macht. Eigentlich ist es nämlich ganz einfach, wenn man nur erst mal das Schema verinnerlicht hat." Aus dem Kurs, der eigentlich einmalig sein sollte, wurden schnell mehr: "Es kamen einfach so viele Leute, die auch Nachhilfe bei mir machen wollten." Der eigentliche Motivator für ihn seien jedoch zwei Mädchen gewesen, die kurz vor ihrem dritten Versuch im Fach Steuern standen. "Hätten sie diese letzte Prüfung nicht geschafft, wäre ihr gesamtes Studium umsonst gewesen." Also bot Qasir einen weiteren Kurs an. Und schnell danach noch einen. "Es kamen Leute, die ich noch nie vorher gesehen habe." Sogar aus Köln sei schon mal jemand angereist, um an der Nachhilfe teilzunehmen.

Und das Tolle: Nach dem Kurs legten einige von ihnen Geld auf den Tisch. Sie wollten Qasir für das bezahlen, was er für sie getan hatte. "Ich wollte das aber nicht. Ich habe gesagt, dass ich das freiwillig mache." Doch die Studenten gaben ihm trotzdem Geld. "Ich habe mir dann überlegt, dass man es ja spenden könnte." Wohin, das entschied der Kurs, nicht er selbst. "Und es konnte auch jeder so viel geben, wie er wollte. So viel ihm meine Hilfe eben wert gewesen ist." Schnell kam ein Betrag zusammen, der fast die Tausendermarke knackte. "Wir haben das Geld dann an den Tierschutz gespendet." Auch das "Welcome-In-Wohnzimmer" ist schon Begünstigter gewesen. "Mir war es einfach wichtig, etwas zu geben. Denn das hat mir mein Studium auch." Und auch die Hochschule habe viel für ihn und die anderen Studierenden getan. "Die meisten beschweren sich immer, aber uns geht's doch saugut!" Qasirs Vater habe ihm immer gesagt, dass er etwas zurückgeben müsse. Und das tut er nun: Der Junge mit Kappe, Jeans und Turnschuhen, der seinen Kommilitonen ganz ohne Eigennutz dabei hilft, die Prüfungen zu bestehen. (Suria Reiche) +++


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