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Erdbeben in Neuseeland: Julian BOLZ (25) war nur 100 Kilometer entfernt
15.11.16 - Vor fünf Jahren sind bei einem Erdbeben in Christchurch (Neuseeland) 185 Menschen gestorben - am Sonntag bebte die Erde 100 Kilometer weiter nördlich erneut, diesmal sogar heftiger. Zwei Menschen kamen ums Leben. Der Petersberger Julian Bolz (25) wurde vom Erdbeben, das eine Stärke von 7,8 auf der Richterskala hatte, aus dem Schlaf gerüttelt. "Das waren die längsten zwei Minuten meines Lebens. Ich hatte unfassbares Glück", sagt der 25-Jährige zu OSTHESSEN|NEWS.
Denn: Nach einer knapp zweiwöchigen Tour durch den Süden Neuseelands stand am Sonntag eigentlich die Weiterfahrt von Christchurch nach Kaikoura an. Dort, wo das Epizentrum des Bebens war. "Aber ich war zu müde. Ich saß den ganzen Tag im Auto und bin die knapp 500 Kilometer von Queenstown zurück nach Christchurch gefahren. Also bin ich einen Tag länger geblieben, was wohl die beste Entscheidung meines Lebens war", so der Petersberger.
Gegen Mitternacht, als der Student im Bett lag, fing plötzlich alles an zu wackeln. "Ich dachte erst, irgendein Scherzkeks wackelt an meinem Bett. Dann habe ich gemerkt, dass ich allein in dem Hostelzimmer war. Alles hat gewackelt, die Decke, Wände." Und das, obwohl das Epizentrum des Bebens gut 100 Kilometer entfernt war. In Christchurch wurden Erinnerungen an die Katastrophe von 2011 wach, als 185 Menschen bei einem Erdbeben der Stärke 6,3 starben. "Mittags war ich noch am ehemaligen Rugby-Stadion, das beim Beben 2011 schwer beschädigt wurde, und habe Fotos gemacht. Und ein paar Stunden später bin ich live dabei."
Wenig Informationen vor Ort
Im Foyer des Hostels versuchte das Personal, die Gäste zu beruhigen. Schnell kamen Nachrichten aus der Heimat, ob denn alles in Ordnung sei. "Es war verrückt. Meine Familie und Freunde in Deutschland hatten mehr Informationen als wir vor Ort. Wir wussten zum Beispiel nichts von einer Tsunami-Warnung. Zum Glück war ich 20 Kilometer im Landesinnern", erzählt Julian Bolz. In Christchurch selbst habe es kaum Schäden gegeben, Bilder von anderen Hostelgästen aus Kaikoura und Wellington zeigten aber das Ausmaß der Naturkatastrophe. "Ich verstehe nicht, warum das deutlich schwächere Erdbeben vor fünf Jahren so viel mehr Menschenleben kostete. Die Einheimischen sagten, es habe etwas mit der Geschwindigkeit der Schwingungen zu tun. Jedenfalls hatten wir großes Glück."
Eigentlich ist der 25-Jährige, der gerade an der Hochschule in Fulda ein Studium in "Internationaler BWL" absolviert, für ein Auslandssemester in Australien. "Das Semester war zu Ende, also wollte ich zwei Wochen Urlaub in Neuseeland machen. Die Rundreise war unglaublich schön, Natur und Landschaft sind einmalig, aber so etwas möchte ich nie mehr erleben. Dennoch werde ich irgendwann zurückkommen und mir auch den Norden des Landes anschauen." Mittlerweile ist Julian Bolz zurück in Australien in der Nähe von Brisbane. "Erst im Flieger wurde mir so richtig klar, was da eigentlich passiert ist. Kurz vor dem Abflug gab es noch ein Nachbeben, und das ganze Flughafen-Terminal wackelte - das ist solch ein komisches Gefühl, das kann man kaum beschreiben." (Julius Böhm) +++