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Martin Hohmann im Gespräch mit ON-Volontär Toni Spangenberg - Fotos: Julius Böhm

FULDA Pinocchiopresse deckt auf

Interview (1): So denkt AfD-Mann Martin Hohmann über die "Lügenpresse"

Über Martin HohmannMartin Hohmann war bis 2004 Mitglied der CDU. Nach seiner als antisemitisch kritisierten Rede vom 3. Oktober 2003 zum Tag der deutschen Einheit wurde er im Juni 2004 aus der Partei ausgeschlossen. Zuvor war er von 1984 bis 1998 Bürgermeister der Gemeinde Neuhof und ab 1998 Abgeordneter im Bundestag. Nach der Kommunalwahl 2016 zog er für die AfD in den Fuldaer Kreistag ein und gehört der Partei seit dem Frühjahr vergangenen Jahres an.

15.02.17 - Medien lügen, verdrehen die Tatsachen, vertuschen Fakten. Diese Kritik hört man immer wieder, vor allem aus den Reihen der Alternativen für Deutschland (AfD). OSTHESSEN|NEWS hat im Rahmen einer dreiteiligen Interview-Serie mit Martin Hohmann (69), dem Chef der AfD-Fraktion im Fuldaer Kreistag,
gesprochen und wollten wissen: Was haben Sie der Lügenpresse zu sagen?

Guten Tag Herr Hohmann. Es wird ja häufig von Lügenpresse geredet. Frauke Petry nennt sie Pinocchiopresse. Was halten Sie von der Bezeichnung? Immerhin ist das ja Nazi-Jargon.

Man soll nicht jedes Wort, das auch in der NS-Zeit gebraucht worden ist, unter Verdacht stellen. Das wäre falsch. Genauso sollten wir uns von Leuten, die meinen, wie heute adäquat gesprochen werden muss, nicht vorschreiben lassen, wie wir etwas auszudrücken haben. Diese Art der Bevormundung mag ich nicht. Was soll das, dass man beispielsweise nicht mehr Mohrenkopf sagen darf? Wer will mir als freiem Bürger vorschreiben, wie ich diese Süßigkeit bezeichne? Da hat sich eine gewisse links-grüne Nomenklatura herausgenommen, Herrschaft auszuüben über die Rede und die Gedanken. Das lehnt die AfD ab. Wir sollten uns bemühen, das, was der andere ausdrücken will, zu verstehen.

Was will die AfD dann mit dem Begriff Lügenpresse ausdrücken?

Damit möchten manche ausdrücken, dass es in gewissen Bereichen bei manchen Journalisten Vorprägungen gibt. Das führt dazu, dass manche Dinge kaum und andere dafür übertrieben beleuchtet werden. Die Presse hat zunächst einmal den Auftrag, objektiv zu berichten und dann natürlich auch zu werten. Dann ist das in Ordnung. Wenn wir dann noch versuchen, den anderen zu verstehen und die Kernaussagen herauszuarbeiten, dann kann es überhaupt keine Vorwürfe der Lügenpresse geben. Dann sind wir wieder in der Demokratie angekommen. Das sind wir heute aber noch nicht. Das Phänomen, dass in der Presse gelogen wird, gibt es. Ich würde aber nie soweit gehen, Lügenpresse zu sagen. Das ist nicht gut, weil es denen, die sich um saubere journalistische Arbeit bemühen, schadet.

Warum hört man den Begriff dann gerade von der AfD, wenn man doch differenzierter kritisieren sollte, anstelle einer Pauschalkritik, die alle Medien diskreditiert?

Ich würde den Begriff nicht wählen. Ich würde das so nicht sagen und bin der Meinung, da sollten wir vorsichtig sein.

Da sind Sie also nicht auf Linie der Bundes-AfD?

Da sollten wir vorsichtig sein, die Fälle ansprechen, klar benennen, wo Journalisten Fehler gemacht haben. Aber ich bin gegen Verallgemeinerungen. Da sollte man vorsichtig sein.

Es wird ja allgemein ein Bild erzeugt, dass man den Medien nicht mehr trauen kann, verstärkt durch die Fake-News. Haben Sie vielleicht Angst, dass Botschaften, die Ihre Partei verbreiten möchte, am Ende auch nicht mehr als wahr empfunden werden?

Ich denke, wenn sich jemand um Informationen bemüht, kann er Meldungen leicht überprüfen. Er liest es in der Tagespresse und kann im Internet nachschauen. Dann kommt man am Ende zu einem einigermaßen objektiven Ergebnis. Fake-News gibt es. Aber Lügen haben kurze Beine. Wer das zu oft macht, dem wird eben nicht mehr geglaubt. Da sollte jeder aufpassen. Das ist das Problem.

Was sagen Sie in dem Zusammenhang zu dem syrischen Flüchtling Anas Modamani, der ein Selfie mit Angela Merkel gemacht hat und sein Bild jetzt überall als Fahndungsfoto als angeblich Terrorverdächtigem auf Facebook sieht?

Das ist schlecht, einfach schlecht. Das macht man nicht. Ich kann das nur verurteilen. Das Faktum, dass jetzt dieser Verdacht geäußert wird, an dem nichts dran ist, ist schlecht und unsauber.

Postfaktisch war ja das Wort des Jahres 2016. Entscheidungen auf Basis von Gefühlen anstelle von Fakten zu treffen, damit ist man ja nie gut beraten. Bei vielen Wählern scheinen Fakten aber zweitrangig zu sein. Inwiefern trägt die AfD zu dieser Problematik bei?

Martin Schulz, der jetzt sehr gehypt wird, hat sich ja vorgenommen, Emotionen anzusprechen. Der Mensch hat Emotionen, er lebt von Emotionen und auch von gewissen Vorurteilen. Die Vorurteile erleichtern auch das Leben. Wenn wir alles, was wir sehen, neu einordnen müssten, kämen wir mit dem Tag nicht rum. Aber man muss natürlich mit den Vorurteilen und Emotionen vorsichtig umgehen. Sie dürfen nicht den Blick auf die Wirklichkeit verstellen. Die Fakten sind primär.

Vielen Dank für das informative Gespräch Herr Hohmann.


Sie wollen wissen, was Hohmann über den Islam denkt und was er zu rechten Positionen in seiner Partei sagt? Dann lesen Sie den zweiten Teil des Interviews - demnächst auf OSTHESSEN|NEWS. (Toni Spangenberg) +++


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