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REGION Tanner Jonathan Stubinitzky

Bischof Hein ordiniert 14 Pfarreinnen und Pfarrer: "Wir bleiben gefragt"

25.10.17 - Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Professor Dr. Martin Hein, hat in einem Festgottesdienst in der Martinskirche in Kassel 14 Theologin-nen und Theologen ins Pfarramt ordiniert. Bei der Ordination assistierten der Direktor des Evangelischen Studienseminars, Prof. Dr. Lutz Friedrichs, und Marianne Naumann-Boucsein (Kirchenvorstand Kassel-Mitte).Die Skepsis gegenüber allen Formen der öffentlichen Religion ist gewachsen." In seiner Predigt zu Markus 1,32-39 fragte Bischof Dr. Martin Hein, ob es nicht der Traum ei-ner jeden Pfarrerin und eines jeden Pfarrers sei, dass sich die Leute drängen, um in die Kirche hineinzukommen und dort einen Platz zu finden, so wie sie in der Erzählung aus dem Markus-evangelium zu Jesus drängten, um seine Predigt zu hören. In den Gemeinden fiele der Got-tesdienstbesuch jedoch oft geringer aus „angesichts einer Gesellschaft, in der die Fragen nach der eigenen Glaubensüberzeugung, also nach dem, was unser Leben trägt und prägt, dem ersten Anschein nach ausgesprochen zurückhaltend, wenn nicht gar zurückweisend behandelt werden.“ Der Bischof stellte fest: „Die Skepsis gegenüber allen Formen der öffentlichen Religi-on ist gewachsen.“ Da sei es auch am Tag der Ordination angezeigt, "in unseren Ansprüchen an uns selbst bescheiden zu bleiben und nicht einem Phantom nachzujagen, das sich alsbald als illusionär erweist. Der Traum, dass uns die Leute voller Erwartung die Kirchen einrennen, bleibt ein Traum."

"Nur wer nahe bei Gott ist, kann wirklich nahe bei den Menschen sein"

Für die Menschen da zu sein, ihnen nahe zu sein, koste Kraft. Daher habe Jesus nach Rück-zugsräumen gesucht, um sich zu sammeln und neue Kräfte zu gewinnen: „Selbst Jesus braucht eine freie Zeit, die nicht schon von den Erfordernissen des neuen Tags bestimmt ist.“ Diese Quelle seines Wirkens habe Jesus im Gebet gefunden: „Es ist die Balance zwischen der Nähe zu Gott und der Nähe zu den Menschen, die sich darin ausdrückt. Nur wer nahe bei Gott ist, kann wirklich nahe bei den Menschen sein, kann mit den Erwartungen und Überforderun-gen umgehen lernen.“

"Wir möchten nicht, dass Sie ausbrennen, bevor Sie „gebrannt“ haben"

Von unverplanten Freiräumen handelten gegenwärtig auch die Debatten, wie der Pfarrberuf künftig zu gestalten sei. Der Pfarrberuf verlange auch nach Abgrenzung, und Gemeinden müssten damit leben, dass Pfarrerinnen und Pfarrer nicht rund um die Uhr für alles Mögliche erreichbar seien. An diesen Überlegungen sei viel dran – und man bemühe in den leitenden Gremien unserer Kirche, diesem Anliegen Rechnung zu tragen. Der Bischof äußerte den Wunsch: „Wir möchten nicht, dass Sie, liebe Ordinandinnen und Ordinanden, sich schon aus-gebrannt fühlen, bevor Sie überhaupt „gebrannt“ haben!“

In Gemeinden herrscht tiefes Zutrauen in Pfarrberuf

Im „Hören und Beten“ liege die Voraussetzung begründet, dem Auftrag dauerhaft nachkom-men zu können: „Hören auf Gottes Wort, hören auf das, was Menschen bewegt und belastet, beides miteinander im Gebet verknüpfen und es Gott anvertrauen, selbst das eigene Unver-mögen und die eigenen Zweifel – darauf liegt Segen!“ Hein versicherte den Zuhörerinnen und Zuhörern: „Die Zeiten pfarramtlicher Allzuständigkeit sind glücklicherweise vorbei.“ In den Ge-meinden gebe es Menschen, die bereit seien, mitzumachen und, wenn nötig, Ihre Pfarrerinnen und Pfarrer auch zu entlasten. Trotz des gesellschaftlichen Wandels gelte weiterhin: „Aber wir bleiben gefragt!“ Nichts könnten sich Gemeinden weniger vorstellen, als keine Pfarrstelle mehr zu haben. Darin drücke sich ein tiefes Zutrauen in diesen besonderen Beruf und die Anwesen-heit „vor Ort“ aus.

Dämonen der Zeit sind Gier, Rücksichtslosigkeit, Lebens- und Versagensängste und Perspektivlosigkeit. Im Blick auf die im Predigttext benannten Dämonen, die Jesus austrieb, sagte Hein: „Die Dä-monen unserer Zeit mögen andere sein als damals: Sie können im Gewand der hemmungslo-sen Gier nach Geld oder Einfluss, als Rücksichtslosigkeit gegenüber sich selbst oder andere Menschen, als tiefe Lebens- und Versagensängste, als Perspektivlosigkeit angesichts der sich rasant verändernden Berufswelten daherkommen.“ Auch gebe es heute genügend Menschen, die in einem übertragenen Sinn „besessen“ seien – und wenn nicht besessen, so doch belas-tet. Für die seien Pfarrerinnen und Pfarrer in ihrer Seelsorge da. Dabei gelte: „Wir werden die Welt damit auch nicht schlagartig ändern, aber können etwas von der Kraft weitergeben, aus der wir selbst leben: der Hoffnung auf Gottes Reich und seiner Gegenwart unter uns!“

"Beten, für uns und für andere Menschen, ist Berufstätigkeit"

Abschließend erinnerte der Bischof an den 31. Oktober 1517, an dem Martin Luther seine 95 Thesen veröffentlichte. Oft genug habe man im Lauf des Jubiläumsjahres kritisch gefragt, was es für evangelische Christen bedeute, die Reformation auch heute als entscheidenden Impuls in der Kirche zu verstehen. Die Antwort darauf gebe Luther in der 62. seiner Thesen: „Der wahre Schatz der Kirche ist das allerheiligste Evangelium der Herrlichkeit und Gnade Gottes.“ Diesen Schatz gelte es überzeugend weiterzugeben. Er sei Gabe und Aufgabe. Und es gelte, sich in Zeiten der Anstrengung oder der gespürten Überforderung zu vergewissern, dass nicht man selbst sich diesen Auftrag gegeben habe, sondern dass man ihn Christus verdanke. Hein äußerte die Hoffnung, dass sich die Ordinandinnen und Ordinanden immer wieder den Frei-raum nehmen würden, dies zu bedenken und im Namen Christi zu Gott zu beten: „Noch ein-mal und ganz deutlich: Beten ist Berufstätigkeit – beten für uns selbst und für andere Men-schen!“

Die Ordinierten, zehn Frauen und vier Männer, hatten zuvor ein Studium der Evangelischen Theologie absolviert und waren in der zweiten Ausbildungsphase als Vikare in Kirchenge-meinden der Landeskirche tätig und wurden zugleich am Evangelischen Studienseminar in Hofgeismar ausgebildet. Nach der Ordination treten sie unmittelbar Ihren Dienst als Pfarrerin bzw. Pfarrer im Probedienst in den Gemeinden an.

insatzorte der Pfarrerinnen und Pfarrer im Probedienst zum 1. November 2017

Sarah Evelin Bernhardt 2. Pfarrstelle Wildunger Walddörfer,
Kirchenkreis Eder

Daniela Hoff  Körle, Empfershausen und Lobenhausen Kirchenkreis Melsungen 

Karina Kanwischer-Koch Zimmersrode
Kirchenkreis Fritzlar-Homberg 

Jennifer Keomanee Oberrieden, Unterrieden und Wendershausen Kirchenkreis Witzenhausen 

Julia Lange Josbach, Wolferode und Hatzbach
Kirchenkreis Kirchhain 

Sarah Karin Mahn zunächst Elternzeit 

Imme Mai Pfarramtlicher Dienst
Kirchenkreis Hofgeismar 

Kirstin Pothmann  1. Pfarrstelle Baunatal-Großenritte
Kirchenkreis Kaufungen

Jonas Rahn Bergshausen (mit Zusatzauftrag Blindenseelsorge) Kirchenkreis Kaufungen  

Daniel Martin Richebächer Obergrenzebach-Seigertshausen
Kirchenkreis Ziegenhain 

Dr. Christian Ernst Heinrich Schäfer Hundelshausen und Dohrenbach (mit Zusatzauftrag Studierendenseelsorge)
Kirchenkreis Witzenhausen 

Gudrun Schlottmann 2. Pfarrstelle Kassel-Südstadt
Stadtkirchenkreis Kassel

Anna Katharina Siebert  Schweinsberg (mit Zusatzauftrag Flüchtlingsseelsorge) Kirchenkreis Kirchhain 

Jonathan Stubinitzky 2. Pfarrstelle Tann und Habel
Kirchenkreis Fulda. +++


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