Archiv
Ein bebrilltes Jesuskind - Robert Joseph Bartl begeisterte mit Lesung
05.12.17 - Der Publikumsliebling der diesjährigen Festspiele kehrte „im dicksten Winter“ in die Festspielstadt zurück. Am 1. Adventssonntag begeisterte Robert Joseph Bartl, der für seine Rolle als Kardinal Cajetan in Wedels Lutherstück mit dem Zuschauerpreis ausgezeichnet wurde, mit einer literarischen Reise zur Weihnachtszeit in der fast voll besetzten Evangelischen Martinskirche im Schlippental. Über 120 Karten wurden im Vorverkauf geordert, trotz der winterlichen Straßenverhältnisse kamen spontan weitere Zuhörer hinzu.
Robert Joseph Bartl sammelt seit Jahren Advents- und Weihnachtsgeschichten aus aller Welt. Extra für diese Lesung in Bad Hersfeld hat er eine gelungene Mischung aus besinnlichen und heiteren Geschichten zusammengestellt. Einfühlsam und überaus virtuos begleiteten Andreas Winter am Saxophon und Uwe Becker am Piano die Lesung, auf die das „Duo Winter meets Becker“ musikalisch mit „O du fröhliche“ einstimmte. Die Reise begann in Amerika. Tilde Michels hat die zauberhafte Geschichte „Mister Santa“ geschrieben, die Robert Joseph Bartl den andächtig lauschenden Besuchern ans Herz legte.
Die sich anschließende Geschichte fand Platz auf einem kleinen, verknitterten Zettel, der Bartl zugereicht wurde.
Es führt zu mehrfachen Umbesetzungen, wenn einige Engel, Ochsen und zwei Josefs im Jahreskreislauf das Zeitliche segnet. Es ist auch schwierig, eine 92 Jahre alte, senile „Maria“, die scharf auf den 12 Jahre jüngeren Josef ist und ein bebrilltes Jesuskind unter einen Hut zu bekommen, zumal diese und viele weitere Mitspieler von Probe zu Probe ihren Text vergessen und letztendlich sogar, welche Rolle sie überhaupt spielen. Und überhaupt: Krippenspiele sind Opium fürs Volk, meinen die Krippenspielgegner im Altersheim. Leider wurde der Autor oder die Autorin dieser überaus heiteren Geschichte nicht benannt.
Selma Lagerlöf ist die Autorin der weihnachtlichen Geschichte „Die Flucht nach Ägypten“. Auch damit hat Robert Joseph Bartl eine gute Wahl getroffen. Die Lieblingsgeschichte des Schauspielers „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ aus der Feder von Hans Christian Anderson, hat auch die Besucher am meisten berührt. Abgerundet wurde die Lesung von der hinreißenden Geschichte „Der eigensüchtige Riese“, mit der der Schriftsteller Oscar Wilde den Nerv der Menschen trifft. Unterbrochen von einer kleinen schöpferischen Pause durften die Besucher rund eineinhalb Stunden lang eine abwechslungsreiche literarische Reise mit Musik im Angesicht der ersten angezündeten Kerze auf dem Adventskranz genießen. Robert Joseph Bartl ist nicht nur auf der Bühne ein Erlebnis, sondern gibt auch einer Lesung eine ganz besondere Tiefe. Für dieses vorweihnachtliche Geschenk bedankten sich die Besucher mit begeistertem Applaus.
Möglich gemacht hat dieses Ereignis Reinhard Friedrich, der im Kirchenvorstand der Martinskirche aktiv ist. Er hat den beliebten Schauspieler für diese Lesung vorgeschlagen, eingeladen und ihm auf Hof Meisenbach „Herberge“ gewährt. (Gudrun Schmidl) +++