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Dr. Herbert Büttner - Fotos: Marius Auth

FULDA Image der Branche schwächelt

"Wir kämpfen an zwei Fronten": Kreishandwerkerschaft zur Bildungsmesse

16.02.18 - Das Handwerk hat weiterhin goldenen Boden: Viele Meister verdienen mehr als Akademiker, durch den digitalen Wandel wird der Handwerker in manchem Bereich zum halben ITler. Doch das Image der Branche schwächelt - der potenzielle Nachwuchs geht lieber studieren. Dr. Herbert Büttner, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Fulda, fordert zur Bildungsmesse, die am Sonntag im Kongresszentrum Fulda beginnt, ein Umdenken in Schulsystem und Politik.

Frisör und Kfz-Mechatroniker sind gefragt wie eh und je, bei anderen Ausbildungsberufen geht mancher regionale Unternehmer inzwischen hamstern: "Die Angebote unserer Lehrstellenbörse werden alle drei Monate aktualisiert, aber wir bekommen genügend Anfragen, ob man das Inserat nicht einfach stehenlassen kann - vielleicht findet sich so ja ein weiterer Azubi. Wir haben auch in diesem Jahr wieder hunderte Lehrstellen frei, und der demografische Wandel hat noch gar nicht richtig zugeschlagen", erklärt Büttner. Ab 2023 würden viele ältere Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen, auch für Betriebsübernahmen mangele es dann an qualifiziertem Nachwuchs.

"Wir kämpfen als Kreishandwerkerschaft inzwischen an zwei Fronten gleichzeitig: Es gibt nicht genügend Bewerber - und die kleinen sowie mittelständischen Betriebe, die wir vertreten, haben wenig Ressourcen für die Nachwuchsrekrutierung. Deswegen ist die Bildungsmesse in Fulda eine wichtige Möglichkeit, den Fuß in die Tür zu bekommen: mit jungen Menschen, deren Eltern und Lehrern ins Gespräch kommen, ohne Hemmschwellen. Denn vielen macht ein handwerklicher Beruf weiterhin Spaß - aber die kommen nicht in den Betrieb oder auf die Lehrbaustelle, um reinzuschnuppern. Es gibt immer noch viele Vorurteile, die wir vor Ort gerne entkräften: Das Studium wird von jungen Leuten als Königsweg zur Qualifizierung gesehen - aber wir haben bei Elektroingenieuren und Bauingenieuren eine Abbrecherquote von 40 Prozent im Studium. Da läuft doch etwas schief. Ich bin froh, die Diskussion mit der Kampagne 'Kein Bock mehr auf Schule? Dann schmeiß hin!' geführt zu haben. Wer eventuell mehrere Jahre seines Lebens an der Uni vergeudet, ist froh über eine Alternative. Das Studium zuerst ist auch nicht notwendigerweise der bessere Weg: Akademiker mit Berufserfahrung sind häufig besser aufgestellt", so Büttner.

Bei den Ausbildungsvergütungen sei inzwischen in vielen Bereichen nachgerüstet worden, um den Nachwuchs nicht abzuschrecken, aber die Zukunft werde an den Schulen und in der passgenauen Ausbildung entschieden: "Das Bildungssystem ist eindeutig gefragt, um die Perspektiven im Handwerk realistisch abzubilden. Die Ausbildungsberufe dürfen zudem weder am Markt noch an der technischen Entwicklung vorbei konzeptioniert werden: Gerade der Elektrobereich wird durch die Gebäudeenergietechnik wesentlich komplexer. In der Hotelbranche geht ohne digitale Schnittstellen wie Booking oder HRS heute nichts mehr - wer weiß, was auf den Handwerker zukommt, welche Fertigkeiten er in Zukunft braucht, um sich bestmöglich mit potenziellen Kunden zu vernetzen? Die Handwerkskammern haben unlängst einen Digitalisierungsbeauftragten eingesetzt, ich warne davor, das Thema als Trend abzutun", so Büttner.

Auf www.handwerk.de schauen kreative Köpfe zufrieden in die Kamera - Selbstverwirklichung statt Maloche, modern statt altbacken ist die Botschaft. Tatsächlich hat die Kreishandwerkerschaft Fulda in 2017 zehn Prozent mehr Ausbildungsplätze vergeben können - acht Prozent davon an Flüchtlinge: "Natürlich hat das Handwerk, gerade im Bau, mehr Anknüpfungspunkte für Flüchtlinge. Aber trotz aller Hoffnung der Betriebe dürfen die Anforderungen nicht unterschätzt werden: Deutschsprechen können heißt noch nicht im Fachunterricht mitkommen", erklärt Büttner. (Marius Auth) +++


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