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Auszubildende weisen die Schülerinnen und Schüler in verschiedene Bauberufe ein - Fotos: Gudrun Schmidl

BEBRA Bauberufe zum Ausprobieren

Mehr Meister, weniger Master! Info-Wochen auf Lehrbaustelle der Bauwirtschaft

03.03.18 - Der großformatige, an der Fassade der Lehrbaustelle angebrachte Slogan „Die Zukunft ist unsere Baustelle“ ist Verheißung und Angebot gleichermaßen. Die Lehrbaustelle der Bauwirtschaft ist Sitz des Bildungszentrums Osthessen Bebra, das wiederum Mitglied des Bildungszentrums Bau Osthessen e.V. ist, einem Zusammenschluss von fünf überbetrieblichen Ausbildungsstäten des Bauhandwerks im osthessischen Raum. Seit dem 01.09.1979 wird hier die überbetriebliche Ausbildung in der Bauwirtschaft im hiesigen Raum durchgeführt.

Vom 26. bis 28. Februar und vom 01. bis 07. März 2018 öffnen sich bereits zum 14. Mal die Türen der Einrichtung der Bauhandwerks-Innung, um Schulklassen ab dem 7. Schuljahr die Möglichkeit zu geben, das Bildungszentrum zu besuchen und dabei die verschiedenen Bauberufe kennen zu lernen. Bauberufe sind vielfältig, beschränken sich keineswegs nur auf Maurer oder Betonbauer, sondern bieten auch als Zimmerer oder Trockenbaumonteur interessante Berufsfelder.

Diese Tage der offenen Türen haben sich bewährt“, versichert Klaus Stöcker, der langjährige, inzwischen aus dem Amt ausgeschiedene Kreishandwerksmeister, grenzt aber ein: „Der Erfolg ist nicht messbar. Wird bei einem späteren Einstellungsgespräch danach gefragt, erinnern sich die jungen Menschen vor allem an die angebotene Bratwurst und Cola“. Diese mit einem Augenzwinkern vorgetragene Aussage begründet sich damit, dass den Schülerinnen und Schüler das kulinarische Angebot zur Stärkung dient und bei den ausgetragenen Wissens- und Geschicklichkeitsspielen Preise zu gewinnen sind. Das alles ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, von denen die Agentur für Arbeit Bad Hersfeld-Fulda einen erheblichen Teil übernimmt.

Insgesamt 611 Schülerinnen und Schüler der Brüder-Grimm-Gesamtschule, der Gesamtschulen Niederaula, Geistal, Obersberg und Schenklengsfeld, der Beruflichen Schulen aus Bad Hersfeld und Bebra, der Jakob-Grimm-Schule und der Blumensteinschule nutzen das Angebot. Von der Bauwirtschaft in Hessen werden Schüler/-innen mit Hauptschulabschluss gesucht, die Interesse an technischen Abläufen haben und sowohl für ein Grundverständnis von mathematischen wie auch von arbeitstechnischen Abläufen zu gewinnen sind. 70 bis 100 junge Menschen kommen pro Tag und in dieser Zeit wird der laufende Betrieb auf ein Minimum zurückgefahren.

Ottokar Schwerd als Teamleiter der U25 Berufsberatung war Ansprechpartner bei dem Pressetermin und berichtete, dass die Arbeitslosenquote in seinem Bezirk derzeit unter 5 % liegt und ein deutliches Überangebot von 128 Ausbildungsstellen im Bauhandwerk gegenüber lediglich 100 Bewerbern Sorgen bereitet. Wie viele andere Gewerke auch kämpft das Bauhandwerk mit großen Nachwuchsproblemen. Dabei sichert eine ordentliche Facharbeiter- oder Gesellenprüfung den Grundstein für den Fachmann/Fachfrau von morgen, mit der Option, dass die Besten auch weitere Qualifikationen erwerben können. „Wer einen Hauptschulabschluss und eine abgeschlossener Ausbildung vorweisen kann, hat damit die Mittlere Reife erlangt. Eine Meisterqualifikation berechtigt zum Studium an einer Fachhochschule oder Universität“, betont Hans Wilhelm Saal, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft.

Hans Wilhelm Saal, Geschäftsführer der Kreishandwerkershcaft, Erste Kreisbeigeordnete ...

Der Nachwuchsmangel begründet sich zu einen damit, dass eine duale Ausbildung in der Öffentlichkeit nicht als wertig empfunden wird. Landrat Dr. Michael Koch weist auf den demografischen Wandel im Landkreis hin, durch den jährlich 2.500 Schülerinnen und Schüler verloren gehen. Digitalisierung und Akademisieren sind weitere Erklärungen für das Desinteresse an einem Beruf auf dem Bau, der tatsächlich „nicht immer ein Zuckerschlecken ist“. Am Geld sollte eine Ausbildung jedoch nicht scheitern, denn im Baugewerbe werden schon während der Lehrzeit sehr gute Löhne gezahlt. Das Bildungszentrum Bau Osthessen Bebra bietet die Ausbildung im 1. Jahr für fast alle Bauberufe an. Im 2. Jahr werden Hochbachfacharbeiter und Tiefbaufacharbeiter ausgebildet. Außerdem wird die Ausbildung für die Vertiefungsrichtungen Maurer, Beton- und Stahlbetonbauer sowie Straßenbauer im 2. und 3. Ausbildungsjahr angeboten. 

"Die Lehrbaustelle ist bundesweit ein Leuchtturm im Bereich Migration, um den wir beneidet werden", betont die Erste Kreisbeigeordnete Elke Künholz und ergänzt: „Hier werden Menschen in die Gesellschaft eingegliedert und bekommen eine Chance, ins Arbeitsleben einzusteigen“. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Derzeit werden im 1. Lehrjahr 35 junge Männer ausgebildet, die Hälfte davon mit Migrationshintergrund. Zu den Auszubildenden gehört ein Mädchen, die den Beruf der Fliesenlegerin erlernt. "Sie macht sich klimatisch sehr gut in der Männerdomäne, steigert insgesamt das Leistungsniveau", betont Klaus Stöcker. 

Orientierungsprogramme, Betriebspraktika, Vernetzung der Schulsozialbeiter mit dem Jobcenter und der Kreishandwerkerschaft auf Kreisebene sollen helfen, schon frühzeitig künftige Auszubildende zu erreichen. Auch die Anstrengungen seitens der Arbeitgeber, den dringend nötigen Nachwuchs für das Handwerk zu begeistern, sind beachtlich. Der Wettbewerb um die Köpfe hat begonnen, das lassen sich Firmen zum Beispiel auf Ausbildungsmessen was kosten. Landrat Dr. Michael Koch wünscht sich mehr Meister und weniger Master, ist doch gerade der Landkreis Hersfeld-Rotenburg eine bedeutende Region des Bauhandwerks mit namhaften Firmen, die bedeutende Arbeitgeber sind. Es wäre wünschenswert, wenn die Informationstage Früchte tragen und sich einzelne Schülerinnen und Schüler vorstellen können „mit den Händen zu arbeiten“. Ein Schüler war auf Nachfrage von Osthessen-News jedenfalls nicht zu begeistern, denn er will irgendwann „Klamotten verkaufen“. (Gudrun Schmidl) +++


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