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Bahn stellt Bewertung vor: Trasse V durchs Kinzigtal fällt wohl raus
06.03.18 - Die Deutsche Bahn ist mit der Vorbereitung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Frankfurt - Fulda einen großen Schritt weiter. Die sieben bekannten und viel diskutierten Trassenverläufe - drei davon durch den Spessart, vier durch das Kinzigtal - wurden von den Planern detailliert bewertet.
Daraus lässt sich ablesen: Die Trassen II (durch den Spessart) und VII (am westlichen Rand des Kinzigtals) schneiden am besten ab. Der Streckenverlauf V, der zahlreiche osthessische Gemeinden in Siedlungsnähe passiert, wird wohl rausfallen - zumindest wenn man die Bewertungsergebnisse zugrunde legt. Eine Entscheidung soll innerhalb der nächsten zwei Monate gefällt werden.
Noch keine Trasse festgelegt
„Ganz wichtig: Es gibt noch keine Vorzugsvariante“, sagte Klaus Vornhusen, Bevollmächtigter der DB in Hessen, und wies darauf hin, dass noch viele Fragen und Details geklärt werden müssten, bevor man sich endgültig festlegen könne. Vor rund 100 Interessierten wurden die Bewertungen und die Vorgehensweise beim 10. Dialogforum in der Rodenbach-Halle im gleichnamigen Ort (Main-Kinzig-Kreis) vorgestellt.
Lärmbelastung für Anwohner, negative Einflüsse für Umwelt, Landschaft oder das Grundwasser, bedrohte Arten, aber auch wirtschaftliche Aspekte wie Bauzeit, Baulogistik und Streckenlänge wurden für alle sieben Trassenvorschläge in den Blick genommen und in Relation zueinander bewertet. Heißt: All diese Aspekte wurden nicht anhand absoluter Größen bewertet, sondern immer ins Verhältnis zu den anderen sechs Vorschlägen gesetzt.
Schaut man sich die Ergebnisse an, könnte man, ohne der Bahn die komplexe Entscheidung abnehmen zu wollen, die erwähnten Streckenverläufe II und VII als Favoriten ansehen. Vor allem die Belastungen für Mensch und Tier sind bei diesen beiden Vorschlägen gering. Dafür erwartet die Bahn für diese beiden Strecken eine verlängerte Bauzeit, weil die weite Entfernung zur A66 die Baulogistik erschweren würde.
Trasse V fällt wohl raus
Dass die Trasse V, die dicht an Wächtersbach, Bad Soden, Schlüchtern, Flieden und Neuhof entlang laufen würde, gerade beim Schutzgut Mensch schlecht abschneidet, dürfte viele Osthessen aufatmen lassen. Besonders viele Anwohner wären von Lärm belastet, was den Bau dieser Trasse wohl sehr unrealistisch macht.
Gerd Bolte, Leiter Großprojekte bei der DB Netz, wies aber darauf hin, dass, egal welche der sieben Trassen gebaut wird, die Lärmbelastung für die Menschen im Kinzigtal deutlich reduziert wird. "Eine neue Strecke ermöglicht es uns, den Güterverkehr in der Nacht möglichst weit weg von Siedlungsgebieten fahren zu lassen", so Bolte. Außerdem prüfe man derzeit mögliche Schallschutzmaßnahmen auf der Bestandsstrecke. "Je schneller die neue Trasse also kommt, desto schneller gibt es Entlastung für eine Vielzahl an Menschen."
In den kommenden zwei Monaten sind zwei weitere Dialogforen und zwei Planungs-Workshops angesetzt. In dieser Zeit und im Rahmen dieser Veranstaltungen sollen alle offenen Fragen und Details geklärt werden, um schließlich eine Vorzugstrasse präsentieren zu können. Bolte wollte aber nichts versprechen: "Das ist auch für uns Neuland. Mir ist kein Infrastruktur-Projekt bekannt, das so detailliert mit der Öffentlichkeit besprochen wurde. Aber wir streben diesen Zeitrahmen an."
Ziel: Deutschlandtakt
Die Schnellfahrstrecke München - Berlin wurde erst kürzlich eröffnet. Das Mammutprojekt durch Hessen soll den Korridor zwischen Frankfurt und Erfurt (mit Zwischenstopp Fulda) verbessern. Die Fahrzeit von der Rhein-Main-Metropole nach Fulda soll um sieben Minuten auf unter 45 Minuten gesenkt werden. Ziel der Bundesregierung ist nämlich der Deutschlandtakt - eine einheitliche Taktung der ICE in Deutschland. Aus Bahnsicht hat der Ausbau Frankfurt - Fulda nur Vorteile: die verkürzte Fahrzeit, eine höhere Pünktlichkeit, weniger Lärm und mehr Kapazität für den Nahverkehr. Denn die Bestandsstrecke sei aktuell hoffnungslos überlastet. (Julius Böhm) +++