Archiv
Animal-Hoarding: 79 Chihuahuas auf 100 Quadratmeter Wohnfläche gehalten
21.03.18 - Die Hunde sind verängstigt, traumatisiert: Vor ein paar Tagen wurden beim Tierschutzverein Gießen und Umgebung 65 Chihuahuas abgegeben. „Es war so unglaublich erschütternd, dass es uns immer noch in den Knochen steckt“, berichtet der Tierschutzverein auf seiner Facebook-Seite über den Vorfall. In einem, mit alten Möbeln voll bepackten Sprinter, brachten die Besitzer die Tiere auf den Hof der Tierschützer. Völlig überfordert, man hatte die Vierbeiner am frühen Morgen aus ihrem einzigen vertrauten Umfeld gerissen und stundenlang im Auto transportiert, seien die Hunde über das Tierheimgelände gerannt. „Welpen konnten ihre Mutter nicht finden, hoch tragende Hündinnen und völlig verängstigte Zwerge wuselten wild durcheinander.“
Noch mehr Hunde „gesammelt“
Der Tierschutzverein berichtet, dass in dem Haus in Mittelhessen, in dem die Chihuahuas gehalten wurden, weitere Hunde warteten. „Wir wissen mittlerweile, dass insgesamt 79 kleine Hunde dort ihr Dasein fristen mussten, das Haus nie verlassen durften.“ Frische Luft, sauberen Boden, Umweltgeräusche: das alles ist den Vierbeinern fremd.
Nicht alle Tiere konnten in Gießen untergebracht werden, einige wurden in umliegende Tierheime, wie auch nach Alsfeld, vermittelt. Sechs Zwerge warten hier darauf, bald in ein neues Heim ziehen zu dürfen.
Zitternd kauern sie in einer Ecke, erst ganz langsam fassen sie ein wenig Vertrauen: zwei der drei anwesenden Hunde strecken vorsichtig ihre Hälse, ein zaghaftes Schwanzwedeln folgt. Der dritte, ein schwarzer Rüde, macht sich noch kleiner, als er sowieso bereits ist. Mit seinen großen Kulleraugen blickt er zur Wand, will niemanden sehen. „Er macht uns ganz besonders Sorgen“, sagt die Tierheimleiterin Natascha Hirschmann im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. „Er frisst nur, wenn niemand im Raum ist und mag sich eigentlich gar nicht bewegen.“ Wie alt der Rüde ist, was er durchgemacht hat, all das weiß man im Tierheim in Alsfeld im Moment noch nicht. Seine beiden Mitbewohner sind dagegen bereits ein bisschen aufgeschlossener. Vorsichtig nähern sie sich, beschnuppern die Besucher, genießen die ersten Streicheleinheiten.
Drei Hündinnen gehören ebenfalls zu den neuen Tierheimbewohnern in Alsfeld, allerdings sind diese am Dienstagvormittag zu einer Untersuchung in der Tierklinik in Gießen. „Wir gehen davon aus, dass mindestens eine der Chihuahua-Damen trächtig ist, das muss nun erstmal dringend abgeklärt werden“, so Hirschmann weiter. „Animal-Hoarding“, meint sie, sei leider verbreiteter, als man oftmals denkt. „Oder wissen Sie so genau, was ihr Nachbar in seinen vier Wänden alles hält?“ Überforderung, aber auch Naivität seien die häufigsten Gründe, Tiere „zu sammeln“. Erst im Dezember hätte das Tierheim 17 Huskys aus schlechter Haltung übernommen. „So etwas kommt leider gar nicht so selten vor.“
Im Fall der 79 Chihuahuas vermutet die Tierheimleiterin keine Böswilligkeit der ehemaligen Besitzer. „Die Hunde kennen zwar nichts, sind nicht erzogen und völlig verunsichert, aber in keinem schlechten gesundheitlichen Zustand.“ Wie es in dem Haushalt, aus dem die Tiere stammen, allerdings ausgesehen hat, mag sich auch Hirschmann nicht vorstellen. „79 Chihuahuas wurden auf rund 100 Quadratmeter Wohnfläche gehalten. Was meinen Sie, wie es da zugegangen ist?“ Auch tote Tiere, die einfach in der Wohnung übersehen wurden, vermutet die Tierheimleiterin im ehemaligen Zuhause der Vierbeiner. „So etwas macht ziemlich fassungslos.“
Die Neuankömmlinge im Alsfelder Tierheim warten nun, genau wie rund 30 weitere Hunde darauf, endlich in ein liebevolles und schönes neues Heim ziehen zu dürfen.